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Remagener Nachrichten
Ausgabe 27/2025
Seite 2
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Deutschlands ärmste Feuerwehr wird 100 Jahre alt

Gut aufgestellt zeigt sich die Feuerwehr Rolandswerth.

In Rolandswerth werden sie ein Attribut der Boulevard-Presse nicht mehr los

ROLANDSWERTH. TW. Eine falsche Aktion und schon haftet ein Attribut an einem, manchmal ein Leben lang. Das gilt aber nicht nur für Menschen. Beispiel: die Löschgruppe Rolandswerth der Remagener Feuerwehr trägt die zweifelhafte Bezeichnung „ärmste Feuerwehr Deutschlands“ mit sich rum, und das schon knapp 70 Jahre. In diesem Jahr wird die Wehr 100 Jahre alt. Arm ist sie keinesfalls, eher das Gegenteil ist der Fall. In dem 600-Seelen-Ort gehören 23 aktive Rolandswerther der Wehr an, fünf davon sind Frauen. Dazu haben sie eine Jugendwehr, was für die Sicherstellung einer Wehr mit künftigem Personal immer ein großer Vorteil ist. „Andere Dörfer in dieser Größe haben keine Wehr mehr oder fusionieren“, machte ein Mitglied der Rolandsecker Kameraden klar, der es wissen muss: Michael Zimmermann war jahrelang als Brand- und Katastropheninspekteur des Kreises Ahrweiler für sämtliche Wehren im Kreisgebiet zuständig. Er hat auch endgültige Schließungen von Spritzenhäusern erleben müssen.

Aber zurück zur „ärmsten Feuerwehr Deutschlands.“ Die wurde im Jahr 1925 gegründet. In dieser Zeit sorgten vor allem Unglücke, in erster Linie Brände für die Gründungen von Feuerwehren landauf, landab. In Rolandswerth brannte damals eine Scheune nieder. Ohne entsprechendes Material und geschultes Personal war dem Brand nicht beizukommen. In der Konsequenz gab es am 17. Oktober 1925 eine Bürgerversammlung, bei der 36 Männer der ersten Feuerwehr beitraten. Die Gemeinde war arm, dennoch gab sie der Wehr 800 Reichsmark als Startkapital, weitere 300 Mark spendete die Bevölkerung. Bis zum ersten Einsatz sollte es nicht lange dauern, im Jahr 1926 rief das Rheinhochwasser die Wehr auf den Plan. Zum Einsatzort musste gelaufen werden.

Das war auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht anders. Im Krieg verlor die Wehr Mitglieder und Material, danach waren die Menschen mit sich selbst beschäftigt, der Wiederaufbau war schwer. Immerhin: 1954 gab es eine erste Motorspritze, ein Jahr später einen Schlauch- und Gerätekarren, der per Motorrad, Traktor oder dem LKW eines örtlichen Kohlenhändlers gezogen wurde. Ein Fahrzeug hatte die Wehr auch nach 30 Jahren noch nicht. Da sollte die Nähe zur Bundeshauptstadt Bonn helfen. Nach einer Übung auf der Insel Nonnenwerth spielte die Wehr einer dortigen Boulevardzeitung mitleiderregende Bilder und Infos zu, das Blatt titelte „Ärmste Feuerwehr Deutschlands.“ Seither schlägt sich die Rolandswerther Wehr mit diesem Attribut herum. Die Wehrleute nehmen es heute mit einem Schmunzeln zur Kenntnis.

Gebracht hat die Aktion seinerzeit nichts, die Gemeinde hatte kein Geld für ein Feuerwehrauto. Auch in den 1960er Jahren ging es per Pedes zum Einsatzort, oftmals wurde der Handkarren mit Muskelkraft gezogen. So richtig aufwärts ging es für die Wehr, als Rolandswerth seine Eigenständigkeit verlor und im Rahmen einer Gebietsreform in die Stadt Remagen eingemeindet wurden. Im Jahr 1971, also 46 Jahre nach der Gründung, konnte sich die jetzige Löschgruppe Rolandswerth über ein erstes, nagelneues Feuerwehrfahrzeug freuen. Acht Jahre später folgte der Bau eines neuen Gerätehauses in Kombination mit einem Dorfgemeinschaftshaus. Seit dem Jahr 2012 verfügt die Wehr über ein Löschfahrzeug mit 1000 Litern Wasser für einen Erstangriff an Bord. Heute löscht die Wehr unter der Leitung von Jörg Schneider nicht nur in Rolandswerth, dass von der linksrheinischen Bahnstrecke und der Bundesstraße 9 durchschnitten wird und das direkt am Rhein liegt. Bei größeren Schadenslangen im Süden von Bonn-Mehlem wird in Rolandseck ebenfalls alarmiert, dann geht es über Stadt- und Landesgrenze. Und bei schweren Verkehrsunfällen im gesamten Stadtgebiet von Remagen kommt die Löschgruppe ebenfalls zum Einsatz, denn sie hat hydraulisches Rettungsgerät geladen.

In diesem Jahr stehen die Feiern zum 100-jährigen Bestehen an, zum Auftakt gab es am vergangenen Samstag einen Blaulichttag, bei dem Teams von sieben Wehren des Kreises kräftig ins Schwitzen kamen, sie hatten sich zur Abnahme des Leistungsabzeichens gemeldet. Eine Fahrzeugschau lockte und am Abend gab es bei bestem Sommerwetter eine große Open-Air-Party.