Zunächst sicher etwas skuril anmutend: Eine lange Leine mit aufgehängten BHs.
An den Diskussionsrunden zu bestimmten Themen konnte jeder teilnehmen
Solche und ähnliche Tafeln befassten sich mit den vielen Facetten von Demokratie und Freiheit
REMAGEN. DG. Die Anfänge dieser inzwischen zu einem festen Bestandteil gewordenen Aktion gehen mit der Verlegung von sogenannten Stolpersteinen auf das Jahr 1999 zurück. Eine ganz besondere Bedeutung erlangte der Tag der Demokratie dann, als ab 2009 regelmäßig Neo-Nazis zur „Schwarzen Madonna“ durch die Stadt zogen, um dort der Toten der sogenannten Rheinwiesen-Lager zu gedenken. An sich ja nicht schlecht, allerdings war die Intention hierfür eher eine Glorifizierung der damaligen Gewaltherrschaft durch das Nazi-Regime. Auch wenn inzwischen kein Neo-Nazi-Aufmarsch mehr stattfindet, aufgrund der heutigen weltpolitischen Lage und des allerorten festzustellenden Rechtsrucks, nicht nur in Deutschland, gewinnt dieser Tag eine immer größere Bedeutung.
Näherte man sich der Rheinhalle, traf der Blick automatisch auf eine lange Leine mit daran hängenden BHs. „Nur ja heißt ja“ oder „Nicht mit uns“ war auf den dabei hängenden Infos zu lesen. Diese Aktion richtete sich ganz allgemein gegen Gewalt gegen Frauen. Im Foyer gab es mehrere Möglichkeiten, sich mit Speisen und Getränken zu versorgen. In der Halle selbst waren viele Gruppierungen und Institutionen mit Info-Ständen vertreten. Demokratische Parteien und andere gesellschaftliche Gruppierungen wie der BUND, Bildungseinrichtungen sowie Kirche und Kolping waren mit im Boot. Für die jüngere Bevölkerung waren das Sinziger HoT, der Jugendbahnhof Remagen, der Kinderhof und der Jugendbeirat der Stadt präsent, alles zusammen ein Querschnitt unserer Bevölkerung. Überall gab es die Möglichkeit zur Information und Gesprächen. In zwei „Gesprächsinseln“ wurden unter fachlicher Moderation Diskussionsrunden zu ganz unterschiedlichen Themen angeboten: „Quer und frei? Rechte und Vorurteile“ (Querkreis Ahrweiler). „Junge Muslime in Deutschland“ vermittelte die Muslimische Hochschulgruppe Remagen. Die Ideenwerkstatt Oedingen hatte sich „Demokratie im Dorf“ ausgesucht. Das Thema „Wehrpflicht zur Friedenssicherung“ schien dabei zunächst etwas widersprüchlich, ist aber bei näherer Betrachtung gar nicht so abwegig. Einige Stände befassten sich mit der Nazi-Vergangenheit in Deutschland, und hier speziell mit dem Schicksal der Familie Cahn aus Remagen. Irgendwo prangte der Satz: „Frieden ist das Meisterstück der Vernunft.“ Damit hat Immanuel Kant sicher Recht, aber meisterliches Denken und Handeln fällt nicht immer leicht. Amnesty International forderte: „Menschen sind nicht gleich, aber ihre Rechte.“ Aus Bonn war die Initiative „jetztinbonn“ angereist, deren Ziel es ist, gemeinsam für Demokratie und Menschlichkeit einzustehen. „Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber…“ provozierte eine große Tafel mit vielerlei gängigen Vorurteilen und den entsprechenden Gegenargumenten. Solche Aktionen wie dieser Tage der Demokratie sind wichtig, sie führen uns allzu deutlich vor Augen, dass in unserer Welt heute immer mehr zunehmend einiges nicht mehr stimmt. Wir alle sind aufgerufen, gegenzusteuern. Das ist nicht immer bequem, aber im Interesse unserer Nachkommen eine zwingende gesellschaftspolitische Aufgabe. Nicht leicht, aber wenn alle wollen, kann das geschafft werden.