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Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ausgabe 29/2025
Amtliche Mitteilungen
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Vier Jahre Wiederaufbau nach der Flut: Großprojekte nehmen Gestalt an

2025 ist das Jahr von Großbaustellen

• Optimismus in der Bevölkerung wächst

• Zu viel Bürokratie, zu wenig Tempo beim überörtlichen Hochwasserschutz

• Stadt bekräftigt Forderung nach bundesweitem Katastrophenbewältigungsgesetz

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Vier Jahre nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal zeigt sich die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler mehr und mehr in Aufbruchsstimmung: Der Wiederaufbau ist in vollem Gang, wichtige Meilensteine sind erreicht. Die letzte #wiederbunt-Umfrage zeigt, dass auch die Zufriedenheit in der Bevölkerung wächst. Dennoch bleiben die Herausforderungen erheblich, insbesondere durch bürokratische Hürden und schleppende Fortschritte beim überörtlichen Hochwasserschutz.

2025 steht im Zeichen der Großbaustellen

„Viele zentrale Wiederaufbauprojekte sind mitten in der Umsetzung – das Jahr 2025 steht insofern ganz im Zeichen von Großbaustellen“, fasst Bürgermeister Guido Orthen die aktuelle Situation im Stadtgebiet zusammen.

• Die ersten Brücken sollen im Jahr 2025 fertiggestellt werden.

• Der Bau der neuen Feuerwehrhäuser in Ahrweiler und Heppingen beginnt dieses Jahr; die Sanierung der Fußgängerzonen in Bad Neuenahr und Ahrweiler schreitet voran.

• Die Tennisanlage in Bad Neuenahr wurde im April eröffnet, die Sportanlage Bachem und Teile des Apollinaris-Stadions sind in Betrieb.

• Die Kita Arche Noah ist zurück im Mehrgenerationenhaus, der Neubau des Blandine-Merten-Hauses ist in vollem Gange. Die Arbeiten an der Kita St. Pius haben begonnen – insgesamt entstehen hier 110 zusätzliche Betreuungsplätze.

• Der Neubau der Grundschule Bad Neuenahr beginnt 2026.

Bundesweites Katastrophenbewältigungsgesetz gefordert

Der Wiederaufbau ist ein Mammutprojekt: Das Schadensvolumen an städtischem Eigentum durch die Flutkatastrophe summiert sich auf rund 1,4 Milliarden Euro, etwa 1.000 Einzelprojekte sind von der Stadtverwaltung sowie der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft zu steuern. Ein zentrales Problem bleibt die hohe bürokratische Last: Bauleitplanungen oder Genehmigungsprozesse ziehen sich über Monate oder Jahre. Das liegt unter anderem an langwierigen Abstimmungen, etwa zu Ausgleichsregelungen für Naturschutz, Feuer- und baupolizeilichen Vorschriften, Schallschutz- und Bodenschutzvorgaben oder an unklaren und wechselnden Zuständigkeiten zwischen Behörden. Bürgermeister Guido Orthen bringt es auf den Punkt: „Wir stemmen hier den Wiederaufbau einer ganzen Stadt – aber mit dem Werkzeugkasten des Normalbetriebs. Das ist auf Dauer nicht leistbar.“ Die Stadt bekräftigt daher ihre Forderung nach einem Katastrophenbewältigungsgesetz, das im Umgang mit Naturkatastrophen unbürokratisches, schnelles Handeln ermöglicht. Fristen, Standards und Zuständigkeiten müssten in solchen Fällen flexibel anpassbar sein – auch im Sinne anderer Regionen, die künftig von vergleichbaren Ereignissen betroffen sein könnten.

Überörtlicher Hochwasserschutz stagniert

Mit Blick auf den Schutz vor künftigen Extremwetterlagen ist die Stadt in vielen Bereichen aktiv: Die städtische Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft arbeitet intensiv an der Gewässerwiederherstellung. So wird das Flussbett der Ahr an mehreren Stellen verbreitert, Uferbereiche werden abgesenkt und durch neue Mauern oder sogenannte Uferprallwände gesichert. Auch die sechs historischen Parkanlagen – wie etwa der Lennépark – werden durch Retentionsflächen und klimaangepasste Bepflanzung so gestaltet, dass sie mehr Wasser aufnehmen können. Neue Brücken wie die Heppinger, Bachemer oder Landgrafenbrücke bekommen größere Durchlässe, damit das Wasser besser abfließen kann.

„Dagegen stagniert der überörtliche Hochwasserschutz noch immer“, kritisiert Guido Orthen mit Blick auf den entsprechenden überörtlichen Maßnahmenplan. Für Rückhaltebecken gebe es bislang nur vage Standortplanungen. Die Finanzierung sei unklar, die Umsetzung liege teils Jahre in der Zukunft. „Es kann nicht sein, dass wir vier Jahre nach der Katastrophe über Rückhaltebecken sprechen, die in 20 Jahren fertig sein könnten. Wir müssen uns JETZT an der gesamten Ahr vor Hochwasser schützen“, so Orthen.

Auch auf Landes- und Bundesebene müsse anerkannt werden, dass der Wiederaufbau eine tiefgreifende Transformation sei: Hochwasser-, Katastrophen- und Klimaschutz müssten als integrale Bestandteile jeder Maßnahme mitgedacht werden. Dass viele dieser erforderlichen Verbesserungen außerhalb des Wiederaufbaus bislang nicht vollständig förderfähig sind, führe zu weiteren Planungsverzögerungen, Kostensteigerungen und drohender struktureller Verschuldung.

Zufriedenheit mit dem Wiederaufbau wächst

Neben allen Herausforderungen im Bau und in der Verwaltung zeigt sich: Der Wiederaufbau ist auch eine gesellschaftliche Kraftanstrengung. Deshalb hat die Stadt auch in diesem Jahr wieder eine systematische Befragung durchgeführt, deren Ergebnisse jüngst veröffentlicht wurden. Demnach hat sich die Zufriedenheit der Menschen in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit dem Wiederaufbau deutlich verbessert. 69 % der Befragten sind der Meinung, dass „schon viel geschafft wurde“ – ein deutlicher Anstieg gegenüber 2024, als nur 58 % dieser Aussage zustimmten. Gleichzeitig finden 76 % der Befragten es gut, „dass an vielen Stellen gebaut und gearbeitet wird“. Auch das Lebensgefühl hat sich stabilisiert: 75 % der Einwohnerinnen und Einwohner geben an, dass sie sich in der Stadt wohlfühlen. Bei der Umfrage im Vorjahr sagten dies nur 62 Prozent.

„Unser Ziel ist es, die Stadt mit jeder Maßnahme lebenswerter, widerstandsfähiger und klimafreundlicher zu machen“, betont Orthen. „Die Fortschritte auf diesem Weg sind eine Gemeinschaftsleistung aller am Wiederaufbau Beteiligten: Dazu gehören unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Stadt, bei zuständigen Behörden und den vielen involvierten Bau- und Planungsfirmen, Gewerbetreibende, Vereine – unsere gesamte Bevölkerung mit vielen Engagierten hier vor Ort. Ihnen allen möchte ich für Ihren anhaltenden Einsatz von Herzen danken“, so Guido Orthen.