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Amtsblatt der VG Hagenbach
Ausgabe 47/2022
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Thema: Staustufe Neuburg

Der Deutsche Bundestag zu Gast in Neuburg? Ja, und zwar am 18. Oktober 1973. Der Grund: Es ging um die Finanzierung eines damals gigantischen grenzüberschreitenden Projekts, um den Bau einer Staustufe.

Rückblick: Mit dem Versailler Vertrag von 1919 wurde Frankreich der Ausbau des Rheins zwischen Basel und Straßburg zugesprochen. Der französische Staat setzte, um der Erosion entgegenzuwirken, auf den Bau von Staustufen. Dabei wurde beobachtet, dass oberhalb einer Staustufe auf Grund des großen Abflussquerschnittes und der dadurch bedingten geringen Flussgeschwindigkeit die Erosion sehr gering ist. Beim Übergang unterhalb einer Staustufe in ein fließendes Gewässer setzt der Geschiebevorgang wieder ein. Befestigte Ufer führen zu einer hohen Fließgeschwindigkeit mit der Folge, dass die Sohle erodiert.

Nach dem Bau der Staustufe bei Straßburg schlossen Deutschland und Frankreich am 4. Juli 1969 einen Vertrag zum Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterbourg. Mit diesem Vertrag verpflichteten sich beide Staaten zum Bau der Staustufen Gambsheim und Iffezheim. Mit einer Vertragserweiterung vom 16. Juli 1975 vereinbarten beide Länder, auch in Neuburgweier/Lauterbourg eine Staustufe zu bauen. Entstehen sollte sie bei Rheinkilometer 354,80. Der besagte Rheinkilometer liegt linksrheinisch auf Neuburger Gemarkung. Die Planung des Bundes blieb nicht ohne Echo. Auf rechtsrheinischer Seite in Neuburgweiher bildete sich eine Bürgerinitiative gegen den Staustufenbau, der auch viele Neuburger Bürger angehörten.

Im Januar 1977 war die Staustufe in Iffezheim fertig und Paris drängte auf den Bau in Neuburg. Zur Umsetzung der Planung wurde ein Jahr später ein raumplanerisches Verfahren eingeleitet. Zeitgleich lief ein Naturversuch, durch Verfüllung von Kies die Sohlen-Erosion auszugleichen. Auf die Dauer von zwei Jahren wurden dafür 170.000 Kubikmeter Kies gebraucht. Nachdem das Verfahren funktionierte, mehrten sich die Stimmen, auf den Bau der Staustufe zu verzichten. Obwohl das raumplanerische Verfahren abgeschlossen werden konnte und ein raumplanerischer Entscheid vorlag, verzichtete der Bund auf den Bau weiterer Staustufen. Damit konnten die mit dem Bau verbundenen Umweltbeeinträchtigungen vermieden und Kosten in Höhe von rund 500 Millionen Mark eingespart werden.

Diese Lösung überzeugte auch auf französischer Seite. Anstatt wie anfangs den vertraglich vereinbarten Bau zu fordern, stimmte Paris zu. Damit war die Staustufe vom Tisch und ebenfalls die parallel dazu geplante Autobahnquerspanne.

An dieser Stelle war Ende der 1970er Jahre geplant, eine Staustufe mit einer Autobahnüberquerung zu schaffen. Der Rheinkilometer 354,8 liegt exakt 600 Meter unterhalb der Anlegestelle der Rheinfähre.