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Grafschafter Zeitung
Ausgabe 7/2025
Wirtschafts-Info
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Grafschaft muss weitere Baulandplanungen zurückstellen

Für eine Fläche am Karweiler Heideweg gibt es einen Investor. Dennoch ist die schnelle Ausweisung zum Bauland unsicher.

Statt mehr als 15 Hektar dürften wegen der Landesplanung aktuell nur 7,11 umgesetzt werden

GRAFSCHAFT. TW. Nächster Rückschlag für die Umsetzung von Baugebieten in der Gemeinde Grafschaft: es müssen vereinzelt Planungen zurückgestellt und Aufstellungsbeschlüsse aufgehoben werden. Hintergrund ist die Landesplanung und damit verbunden die sogenannte Wohnlandbedarfs- und Schwellenwertberechnung. Ein kompliziertes Verfahren, dem zunächst einmal der Bedarfswert zugrunde gelegt wird. Wie viele Menschen benötigen in den kommenden Jahren tatsächlich Wohnraum, den es aktuell noch nicht gibt? Der aktuellen „kleinräumigen Bevölkerungsvorausberechnung des Landes Rheinland-Pfalz für verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden“ liegt ein Bedarfswert von 2,5 Wohneinheiten pro 1000 Einwohner und Jahr zugrunde. Für die Gemeinde Grafschaft mit ihren rund 11.000 Einwohnern ergibt das einen Bedarfswert von 17,98 Hektar benötigtes Bauland.

In die Berechnung fließt dann der Potenzialwert ein. Denn es gibt ja jede Menge unbebautes Bauland in den Ortsbezirken, die sogenannten Baulücken. Über die führt die Verwaltung im Ringener Rathaus ein eigenes Kataster und fragt die Grundstückbesitzer regelmäßig über deren Interesse eines Verkaufs oder der Bebauung im Eigenbedarf ab. Baulücken, die tatsächlich eine Chance haben, an den Markt zu kommen, werden in einem öffentlichen Baulückenkataster auf der Homepage der Gemeinde Grafschaft dargestellt. Wer das aktuell anklickt, findet lediglich ein Grundstück in Birresdorf. Mehr steht nicht zum Verkauf. Darum sieht die Gemeinde Grafschaft als mobilisierbares Potential auch nur ein Prozent der aktuellen Baugrundstücke an, das Land legt jedoch immer drei Prozent in seinen Berechnungen des Schwellenwerts zugrunde. Im Kreishaus wurde sich nun aktuell für die Gemeinde Grafschaft auf zwei Prozent geeinigt. Konkret bedeutet dies, vom Potentialwert 17,98 Hektar mehr als zehn Hektar durch die Belegung von Baulücken mit neuem Wohnraum realisiert werden könnten. Diese werden vom Potentialwert abgezogen und ergeben den sogenannten Schwellenwert, der aktuell bei 7,11 Hektar liegt. Mehr neue Brutto-Baulandfläche ist nicht drin.

Nun gibt es in der Grafschaft aber mehrere Bauleitplanverfahren mit ganz unterschiedlichen Sachständen und Voraussetzungen. So werden in Ringen im Plangebiet „Kreuzerfeld III“ 2,89 Hektar geplant. Dieses Gebiet war nach Einlassungen der Baubehörden erst im vergangenen Dezember auf die genannte Fläche verkleinert worden. Ebenfalls zu den größeren Vorhaben zählt die Planung „Im Wildacker“ in Gelsdorf. Hier ist ein Baugebiet verknüpft mit Flächen für eine neue Grundschule und eine Sporthalle, vor allem aber mit einer Umgehungsstraße und einem Deich, der die Ortslage bei Starkregen vor Wassermassen aus Richtung des nahen Industriegebietes schützen und diese in die nahe Feldflur abweisen soll. Diese Planung war ursprünglich mit 2,84 Hektar Bauland angesetzt gewesen, aktuell wird eine zweite Planung erarbeitet, bei der Umgehung und Wall länger werden, so dass das Plangebiet auf die Bruttofläche von 4,93 Hektar wächst. Dazu gibt es Baugebiete, die als Folge einer früheren Novelle im Baugesetzbuch ausgeguckt wurden, aber aus verschiedensten Gründen nun klassisch umzusetzen sind. Diese liegen in Birresdorf (1,4 Hektar), Nierendorf (0,93 Hektar), Eckendorf (0,4 Hektar), Karweiler (1,6 Hektar) und Holzweiler (3,0 Hektar). In Summe stehen also 13,06 Hektar ohne die Erweiterung in Gelsdorf und sogar 15,15 Hektar mit Erweiterung im Raum. Der Schwellenwert wird also um 5,95 oder gar um 8,04 Hektar überschritten.

Nun sollte es eigentlich Aufgabe des Bauausschusses und später auch des Gemeinderats sein, zu priorisieren und somit einzelne Bauvorhaben zurückzustellen. Damit taten sich die Fraktionen unisono schwer. Zur Weiterbearbeitung wurden vielfach die weit fortgeschrittene Planung in Birresdorf genannt. Auch das Baugebiet Heideweg in Karweiler erhielt viel Zuspruch, weil dort ein Investor bereits die Flächen erworben hat. Bei der SPD fiel die Auswahl um 1,6 Hektar zu üppig aus und auch die übrigen Fraktionen taten sich schwer, vorläufigen Abschied von den Verfahren in Ringen und Gelsdorf zu nehmen. Schließlich kam es zu gar keiner Empfehlung, weil der Bauausschuss auf Antrag der CDU mehrheitlich die Vertagung des Punktes in die nächste Beratungsrunde beschloss.

Wirtschaftsförderer Klaus Becker wird nun eine Punkteliste erstellen und dabei jedes einzelne der Plangebiete nach verschiedensten Kriterien bewerten. Dabei dürfte das Verhalten der betroffenen Grundstücksbesitzer in den einzelnen Plangebieten noch keine Rolle spielen, denn das wurde bislang bei kaum einem der Gebiete abgefragt. Lediglich in Holzweiler hatte es Anfrage gegeben, die überwiegend positiv und mit Verkaufsbereitschaft beantwortet wurden. Allerdings wurde das aktuell 3,0 Hektar große Plangebiet für eine aktuelle Fortführung der Arbeiten hin zu neuem Bauland von keiner einzigen der fünf Fraktionen im Ausschuss vorgeschlagen.