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Kelsterbach aktuell
Ausgabe 23/2025
Seite 3
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Der Kelsterbacher Wochenmarkt - mehr als nur eine Einkaufsmöglichkeit

Herbert Jung kommt mit seinem Gemüsestand seit vielen Jahren jede Woche nach Kelsterbach.

Roland Leuschen steht hinter seinen Produkten, alles regional und eigenhändig hergestellt.

Die Ware ist immer frisch.

Seit Jahrzehnten gibt es ihn, den Kelsterbacher Wochenmarkt. Für manche ist er seit Generationen eine liebgewonnene Einkaufsmöglichkeit, für andere ist er eine neue Erfahrung. Sein Angebot: überschaubar und gleichzeitig reichhaltig. Das ist möglich, weil die Händler seit vielen Jahren kommen und bei ihren Produkten alle auf das Gleiche setzen: Qualität. Doch eines ist er nicht, eine Selbstverständlichkeit. Warum das so ist, erzählen Marktbetreiber und Kunden.

Herbert Jung vom Gemüsehof Jung:

Wir kommen schon seit vielen Jahren zum Kelsterbacher Wochenmarkt und haben viel Stammkundschaft. Wir kommen aus Bauschheim und haben dort einen Hofladen. Wir bauen 70 bis 80 verschiedene Sorten Salat und Gemüse selber an und vermarkten auch alles direkt. Im Moment haben Spargel und Salate viel Nachfrage, wenn es kühler ist, geht das Gemüse besser. Wir bieten unser gesamtes Sortiment aus dem Freiland an und nicht aus dem Gewächshaus, also zum Beispiel alle unsere Salate, Gurken und so weiter.

Die meiste Kundschaft haben wir gleich morgens, mittags zwischen 13 und 14 Uhr gibt es einen Einbruch und dann haben wir die Spätkunden. Dabei ist die Kundschaft im Alter quer Beet je nach Tageszeit. Aber es könnte auch gerne mehr Kundschaft sein.

Wir stehen 51 Wochen im Jahr jeden Freitag hier, doch wenn wir weg sind, dann ist 51 Wochen niemand mehr da. Es liegt nicht am Geld, dass die Leute nicht auf dem Wochenmarkt kaufen, wenn sie gleichzeitig zwei bis dreimal im Jahr in Urlaub fahren. Aber eine regionale Ernährung ist oft nicht wichtig genug. Die Frage, die sich jeder stellen sollte, ist: Was ist für mich wichtig? Und die Ernährung und das Regionale wird bei der Antwort sehr weit nach hinten geschoben. Deshalb ist mein Appell an die Kundschaft: Kauft regional. Und wer sehen will, wie wir arbeiten, der kann gerne zu einem unserer Tage der offenen Tür kommen, die wir schon mehrmals veranstaltet haben.

Roland Leuschen von der Mühlenbäckerei in Prümtal:

Wir kommen aus der Eifel und sind jetzt im zweiten Jahr hier auf dem Kelsterbacher Markt. Zum Kelsterbacher Markt sind wir gekommen, weil wir vor ein paar Jahren in Mainz angefangen haben und dann immer mehr Städte und Kommunen angefragt haben, ob wir auch auf deren Märkte kommen können.

Was uns ausmacht ist, dass wir die letzte Mühlenbäckerei im westdeutschen Raum sind. Das bedeutet, dass wir zwei Gewerke unter einem Dach verbinden, da ist die Bäckerei und die Müllerei. Das gibt es so eigentlich nicht mehr. Wir backen mit Natursauerteig, wir malen das Getreide selber, das Getreide kommt auch ausschließlich aus der Eifel und alles ist sehr regional. Das Mehl verkaufen wir übrigens auch hier am Stand. Dadurch sind wir auch nicht von einem Warenbezug aus dem Ausland abhängig. Wir arbeiten stattdessen mit lokalen Bauern zusammen.

Wir klären unsere Kundschaft auch darüber auf, dass wir alles selbst herstellen. Da liegt mir etwas dran, denn wir müssen uns gegen die Supermärkte abgrenzen, die so ein bisschen nach dem Motto Geiz ist geil agieren.

Am besten verkaufen wir das Doppelback, ein kräftiges Roggenmischbrot, außerdem das Kümmelbrot, das Bauernbrot und unser Ureifel, ein Brot mit 80 Prozent Roggen und 20 Prozent Weizen. Bei Kaffeestückchen sind wir etwas nostalgisch unterwegs. Die Schnecken oder Apfeltaschen sind Sachen, die sieht man zum Teil kaum noch oder auch Nussecken in klassischer Art.

Monika Wettstein und Petra Fellauer von der Käse-Kathi:

Wir kommen aus der Näher von Heidelberg und seit 1985 zum Kelsterbacher Wochenmarkt. Es ist ein toller Job, den wir hier machen können. Wir haben Top-Ware, man kann den Kontakt zu den Kunden pflegen und muss nicht schnell machen, wie an der Supermarktkasse. Deshalb kommen die Leute ja auch auf den Markt. Die wollen immer ein bisschen schwätzen. Das ist ein Einkaufsgefühl, das man im Supermarkt nicht hat. Auf dem Markt ist es einfach schön. Das ist eine andere Art einzukaufen. Und wir freuen uns richtig auf den Freitag, auch wenn es ein langer Tag ist. Die Leute kommen auch immer wieder, weil sie unsere Qualität kennen.

Aktuell ist die Kundenresonanz leider sehr verhalten. Inzwischen ist jeder Supermarkt gut sortiert und das merken wir dann schon. Hinzu kommen die Öffnungszeiten der Supermärkte, die mittlerweile bis 22 Uhr gehen. Berufstätige nutzen das und kaufen gleich alles dort ein - auch wenn die Qualität auf dem Markt noch so gut ist.

Die Qualität bei unserem Käse schmeckt man jedoch im Vergleich zur Qualität eines Käses aus dem Supermarkt. Wir kaufen einmal pro Woche unseren Käse. Im Supermarkt wird LKW-weise das Kühlhaus vollgemacht. Das heißt im Umkehrschluss, dass der Käse nicht mehr frisch sein muss, bis er in den Verkauf kommt und angeschnitten wird. Unser Sortiment ist dagegen immer frisch. Dann bieten wir außergewöhnliche Produkte an wie lose Butter mit Biosiegel, oder auch losen Joghurt - wo bekommt man das schon? Im Supermarkt ist alles abgepackt und lange haltbar, mit anderen Worten kaputt sterilisiert. Auf dem Markt wissen unsere Kunden über Qualitätsunterschiede Bescheid und über Konsequenzen, wenn etwas sehr lange haltbar ist. Aber bei den Kunden im Supermarkt bin ich nicht sicher, ob die darüber auch Bescheid wissen.

Was ich zum Beispiel auch registriere, ist, dass manche Leute Magermilchprodukte verlangen und gar nicht wissen, was da alles an Chemie und Geschmacksverstärken rein muss, damit so ein Joghurt standfest wird und nicht flüssig ist. Das gleiche gilt für Magerkäse: Käse besteht normalerweise aus Wasser, Eiweiß und Fett. Wenn man dann das Fett entzieht, nach was soll das noch schmecken? Die restliche Bestandteile sind neutral. Und obwohl das alles angegeben werden muss auf der Verpackung, glaube ich nicht, dass sich die Leute die Mühe machen, alles durchzulesen und nachzuvollziehen. Liest man sich aber solch eine Zutatenliste durch, kann man schon erschrecken bei den Zusatzstoffen.

Bei uns gibt es zum Beispiel Käse, der einen natürlichen Schimmelbelag außen bekommt. Kauft man dagegen abgepackten Käse, wird der so präpariert, dass er keinen Schimmel ansetzt. Das ist allerdings total widernatürlich. Käse ist ein bakterielles Produkt, das sich entwickelt und weiterwächst.

Ich kläre meine Kunden immer auf und erzähle nichts, um besser zu verkaufen. Das sind Erfahrungswerte, die ich weitergebe. Hinzu kommt die Beratung, damit die Kunden nicht hilflos vor unserem Sortiment stehen und nicht wissen, was sie nehmen sollen. Dazu gehört auch die Beratung, welcher Käse in welche Saison passt. Manches gibt es bei uns nicht das ganze Jahr über zu kaufen. Fondue- oder manche Hartkäse, die im Sommer zu trocken werden, weil sie bei Hitze zu viel Wasser ausschwitzen, sind da gute Beispiele.

Eva Michalski (35 Jahre):

Seit sechs Jahren kommen wir regelmäßig zum Markt. Ich bin gebürtige Kelsterbacherin und kenne den Markt von klein auf. Zwischenzeitlich habe ich nicht in Kelsterbach gewohnt und bin dann wieder zurückgezogen, seitdem kommen wir mit den Kindern nachmittags nach der Kita her.

Die Kontakte und der Austausch mit den verschiedenen Standbesitzern sind für mich ganz klar die Gründe, zum Markt zu gehen. Unser geliebter Eiermann ist der Vater eines ehemaligen Schulkollegen. Man trifft immer jemanden, manchmal von der Karl-Treutel-Schule, oder von der Caritas, oder von der SPD, ganz egal, man kann sich immer austauschen. Außerdem ist das Gemüse frisch und man bekommt auch mal ein Rezept dazu, wenn man möchte. Meistens kriegt man hier alles, was man braucht. Und die Kinder kriegen immer an jedem Stand was Süßes, Karotten, Gurken oder Gummibärchen (lacht). Das ist für die Kinder immer ein Highlight.

Hinzu kommt: Immer mehr Geschäfte machen zu. Im Endeffekt müssen wir hier einkaufen, wenn wir Wert auf frische Ware legen, das gilt auch für Bäckerwaren. Klar kann man zu den Bäckerei-Ketten gehen, aber wenn man etwas Frisches und Handwerkliches haben möchte, dann muss man zu dem Bäckerstand auf dem Markt gehen. Über das Einkaufen hinaus, ist es das Wissen, dass man sich freitags hier treffen kann. Und das gilt für Jung und Alt. (ana)

(Text und Bilder: ana)