Kindheit im Mittelalter endete mit sieben Jahren

Das Mittelalter, das war die Zeit zwischen 500 und 1500 nach Christus. Eine sehr lange Zeit also. Auch während dieser Zeit wurden Kinder geboren, wuchsen auf, wurden schließlich zu Erwachsenen. So weit, so banal? Doch wie sah Kindheit im Mittelalter, also dem Zeitalter zwischen der Antike und der Neuzeit, aus? Diese Frage untersuchte Dr. Alice Selinger anlässlich eines Vortrages zur gleichlautenden Ausstellung „Kindheit im Mittelalter“ im Stadtmuseum Kelsterbach. 25 Interessierte waren gekommen, um sich zum einen letztmals die Wanderausstellung anzusehen, zu anderen, um dem Vortrag der promovierten Kunsthistorikerin aus Dreieich zu lauschen. Der Vortrag stand am Ende der zweimonatigen Ausstellung im Stadtmuseum in der Marktstraße.

Adlige Lebenswelt contra bäuerliches Leben

Wenn wir etwas im Detail wissen, dann sind es meistens Lebensläufe oder Nachrichten aus dem adligen Lebenskreis,“ sagte Selinger. Meist erzogen von einer Amme, endete die Kindheit der adligen Kinder mit sieben Jahren. Dann kam die höfische Erziehung entweder zum Ritter oder zur gesellschaftlich gehobenen „frauwe“, die sich gute Sitten, Sticken und elegantes Benehmen aneignen sollte. Die Jugend schließlich endete mit 14 Jahren. Dann war das Erwachsenenalter erreicht, und die Menschen waren heiratsfähig und bekamen auch schon sehr früh eigene Kinder.

Die Lebenswelt der mehr als 90 Prozent bäuerlich und folglich landwirtschaftlich lebenden Menschen des Mittelalters sah hingegen vollkommen anders aus. Keine Schule wartete auf die Kinder, sondern eine sehr frühe Einbeziehung in die Feldarbeit, die Arbeit auf dem Hof oder auf dem Acker. Hier ging es darum, möglichst früh zum zumeist nicht üppigen Lebensunterhalt beizutragen. Das hieß, Tiere versorgen, den Acker bestellen, Heu machen und weitere bäuerliche Tätigkeiten. Bei einer sehr hohen Säuglingssterblichkeit war die Bindung der Eltern an ihre Kinder vermutlich nicht so stark oder schlicht pragmatischer als im Jahre 2023. Kinder auf dem Bauernhof waren sehr früh Arbeitskräfte.

Angereichert hatte Alice Selinger ihre Ausstellung mit informativen Schrifttafeln und vor allem mit vielen Ausstellungsstücken, Brettspielen, Puppen, Reifen oder ähnlichem, was den Vortrag sehr anschaulich machte. (hb)