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Kelsterbach aktuell
Ausgabe 37/2024
Seite 4
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UEE: Mit flexiblem Gesellschaftsmodell fit für die Wärmewende

v.l.n.r.: Bürgermeister Manfred Ockel, SWEG-Geschäftsführer Dirk Gerber, Raunheims Stadtverordnetenvorsteher Luca Kissel, Bürgermeister David Rendel, Stadtverordnetenvorsteher Frank Wiegand und SWEG-Geschäftsführer Axel Menze. Foto: (wö)

In der vergangenen Woche haben die Stadtverordnetenversammlungen der Städte Kelsterbach und Raunheim sich in einer gemeinsamen Sitzung, die im Fritz-Treutel-Haus stattfand, über Möglichkeiten der Umstrukturierung der Untermain Erneuerbare Energien GmbH (UEE) informiert. Rede und Antwort standen den Stadtverordneten neben den beiden Bürgermeistern David Rendel (Raunheim) und Manfred Ockel (Kelsterbach) auch die Geschäftsführer der Süwag Grüne Energien und Wasser GmbH & Co. KG (SGEW), Dirk Gerber und Axel Menze, sowie der Rechtsanwalt Holger Weiß.

Die SGEW ist neben der Netzwerk Untermain GmbH aus Raunheim und der Stadt Kelsterbach Anteilseigner der 2012 gegründeten UEE, die die beiden Städte bei der Verwirklichung der Wärmewende maßgeblich unterstützen soll.

Die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes sehen vor, dass bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen ist. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, sind in beiden Städten verschiedene Wärmeprojekte in Planung, beispielsweise soll Abwärme aus Rechenzentren genutzt werden. In allen Projekten ist die UEE involviert, unterstützt die Vorplanungen über die Bundesförderung Effiziente Wärmenetze (BEW) und arbeitet den jeweiligen Machbarkeitsstudien zu. Gleichzeitig bringt die UEE das erforderliche Fachwissen für die Projektierung, Finanzierung, Abwicklung und das Betreiben von Wärmenetzen und Erzeugungsanlagen mit ein. Dasselbe gilt für die technische und kaufmännische Betriebsführung von Wärmeanlagen und -netzen.

In der vorbezeichneten Struktur ist die UEE allerdings nicht in der Lage, die großen Projekte der kommunalen Wärmewende in jeweils beiden Städten umzusetzen. Die zu tätigenden Investitionen müssen aus Sicht Kelsterbachs und Raunheims kommunalscharf zugeordnet und die erforderlichen Beschlüsse projektbezogen in der jeweiligen Stadt getroffen werden können. Gleichzeitig sollen aber auch weiterhin interkommunale Projekte in einer gemeinsamen Gesellschaft realisiert werden können. Zur Umsetzung dieser Zielsetzungen gibt es zwei Möglichkeiten.

Bei der Variante 1 bleibt die Untermain Erneuerbare Energien GmbH grundsätzlich unverändert bestehen. Daneben werden zwei Kommanditgesellschaften als GmbH & Co. KGs gegründet, in denen die UEE GmbH jeweils die Rolle der Komplementärin übernimmt und die jeweiligen Städte sowie die SGEW die von Kommanditisten. Damit wäre die Außenhaftung und die operative Geschäftsführung bei der UEE GmbH konzentriert. Individuelle Projekte der beiden Städte würden über die jeweilige KG finanziert und abgewickelt, mögliche gemeinsame Projekte nach wie vor über die UEE GmbH.

Bei der Variante 2 würden innerhalb der UEE GmbH mehrere Sparten eingerichtet: Eine Sparte für gemeinsam Projekte (interkommunale Sparte), eine Sparte für Projekte der Stadt Kelsterbach (Sparte Kelsterbach) und eine Sparte für Projekte der Stadt Raunheim (Sparte Raunheim). Durch gesellschaftsvertragliche Regelungen würde dafür gesorgt, dass in der interkommunalen Sparte alle Gesellschafter (Kelsterbach, Raunheim, SGEW), in der Sparte Kelsterbach nur die Stadt Kelsterbach und die SGEW sowie in der Sparte Raunheim nur die Stadt Raunheim (beziehungsweise die Netzwerk Untermain GmbH) und die SGEW wirtschaftlich beteiligt und in den Organen der Gesellschaft stimmberechtigt sind.

Für beide Varianten gilt, dass sämtliche Investitionsmaßnahmen der Gesellschaft vorrangig über Bankdarlehen finanziert werden sollen. Auch soll sichergestellt werden, dass projektbezogen Investoren mit Kapital den Eigenkapitalaufwand der Städte reduzieren können. Der Einfluss der Städte auf die grundsätzlichen Entscheidungen würde dabei gewahrt bleiben.

Für eine erforderliche Einlage in die Gesellschaft, die die Wärmeprojekte umsetzen soll, sind pro Gesellschafter 300.000 Euro als Kapitaleinlage für die Vorplanung und Akquise von Wärmekunden erforderlich. Diese Summe wird nach derzeitigem Stand zur Hälfte durch das BEW gefördert.

Erst nach durchgeführter Vorplanung und entsprechender Kundenakquise könnte über eine Wirtschaftlichkeit einzelner Bauabschnitte in Wärmeprojekten entschieden werden. Hierzu würden dann separate Gremienbefassungen stattfinden.

Beide vorgestellten Varianten sind voraussichtlich rechtlich und steuerlich umsetzbar, wobei in jedem Fall eine Vorabstimmung mit der Kommunalaufsicht erfolgen soll. Die Variante 2 hat steuerliche Vorteile, außerdem sind der Transaktionsaufwand als auch der laufende Aufwand geringer.

Die Chancen der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung liegen in einem flexiblen Gesellschaftsmodell, das sowohl die Umsetzung gemeinsamer als auch die Realisierung individueller Projekte der Städte Kelsterbach und Raunheim ermöglicht – und zwar bei Variante 2 innerhalb einer gemeinsamen Gesellschaft. Die Risiken liegen darin, dass trotz der Aufteilung der Projekte auf unterschiedliche Gesellschaften (Variante 1) beziehungsweise Sparten innerhalb einer Gesellschaft (Variante 2) eine gesellschaftsrechtliche Verbundenheit verbleibt, so dass nicht auszuschließen ist, dass erhebliche Fehlentwicklungen bei Projekten einer kommunalen Gesellschaft oder Sparte sich auf die UEE insgesamt negativ auswirken könnten.

Die Stadtverordnetenversammlungen beider Städte werden nun jeweils für sich nochmals ausführlich über die Umstrukturierungspläne beraten und schließlich einen Beschluss fassen. Sofern alles planmäßig läuft, könnte die Umstrukturierung Anfang des kommenden Jahres 2025 in Kraft treten. (wö)