Titel Logo
Kelsterbach aktuell
Ausgabe 40/2024
Seite 3
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Selbstproduzierten Strom zu verbrauchen, rechnet sich

Rund 50 Bürgerinnen und Bürger informierten sich über Photovoltaik.

Zum Photovoltaik-Infoabend hatte die Stadtverwaltung in der vergangenen Woche ins Fritz-Treutel-Haus geladen, und rund 50 Kelsterbacher Bürgerinnen und Bürger machten von der Möglichkeit Gebrauch, sich über Stromerzeugung aus Sonnenlicht zu informieren. Der Klimaschutzbeauftragte der Stadt Kelsterbach, Maximilian Barth, hatte zwei Experten hinzugezogen, die die Fachvorträge hielten und die Fragen des Publikums beantworteten. Dies waren zum einen Lukas Nikolai von der Beratungsstelle dezentrale Energieerzeugung der Landesenergieagentur Hessen, zum andern Reinhard Ebert, Vorstandsmitglied der Bürgerenergie Untermain eG.

Nikolai stellte zunächst einmal die technischen Grundlagen der Stromerzeugung aus Sonnenenergie vor. Demzufolge sind die Solarpanelen, die die Sonnenenergie einfangen und in Gleichstrom umwandeln, jeweils rund zwei Quadratmeter groß und zwanzig Kilogramm schwer. Aktuell kommt vorwiegend Monokristallin zum Einsatz, das eine komplett schwarze Fläche bildet. Die Leistung beträgt je 0,4 Kilowatt peak (kWp) pro Modul. Mit einem optimal nach Süden ausgerichteten Panel lassen sich zirka tausend Kilowattstunden Strom jährlich erzeugen. Für den Betrieb ist ein Wechselrichter vonnöten, ein technisches Gerät, das den von der Solaranlage produzierten Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt. Strom, der nicht direkt an Ort und Stelle im Hausnetz verbraucht wird, zum Beispiel von elektrischen Haushaltsgeräten oder einer Wärmepumpe, kann ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden, wofür man eine Einspeisevergütung erhält. Die elektrische Energie kann aber auch in einen Batteriespeicher überführt werden. Die Kosten für einen Speicher sind derzeit aber noch vergleichsweise hoch; außerdem sind die Batterien in der Regel technisch nicht in der Lage, einen Ausfall des öffentlichen Stromnetzes zu überbrücken.

Bei der Anschaffung einer Solaranlage müsse man mit einmaligen Kosten von 1.200 bis 2.000 Euro pro Kilowatt peak rechnen, erläuterte Nikolai. Dazu kämen laufende Kosten für Stromzählermiete, Wartung und Versicherung in Höhe von jährlich ein bis zwei Prozent der Gesamtkosten. Die Lebensdauer der Photovoltaikmodule beziffert der Experte auf rund 25 Jahre, Wechselrichter und Speicher sind mit zehn bis 15 Jahren deutlich kurzlebiger. Nach sieben bis elf Jahren habe eine Photovoltaikanlage ihre Kosten wieder eingespielt, berichtete der LEA-Mitarbeiter. Wie wirtschaftlich eine PV-Anlage arbeite, werde maßgeblich von der Höhe des Eigenverbrauchs bestimmt, erläuterte Nikolai. Denn eigenproduzierten Strom selbst zu verbrauchen sei wesentlich lukrativer als ihn zu verkaufen.

Wie gut sich das eigene Haus dafür eignet, eine Photovoltaikanlage zu betreiben, das kann man ganz einfach im Solarkataster Hessen in Erfahrung bringen. Das Online-Tool macht eine schnelle Wirtschaftlichkeitsberechnung möglich. Welche Förderungen in Frage kommen, kann man bei der Landesenergieagentur in Erfahrung bringen.

Reinhard Ebert stellte sodann zunächst einmal die von den Städten Kelsterbach, Raunheim und Rüsselsheim gegründete eingetragene Genossenschaft Bürgerenergie Untermain vor, deren Ziel es ist, Projekte im Bereich erneuerbarer Energien, die Beiträge zum Klimaschutz und zur Energiewende leisten, zu verwirklichen. Dabei haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich an diesen Projekten finanziell zu beteiligen und eine Rendite zu erwirtschaften. Die Genossenschaft steht Interessierten, die eine Photovoltaikanlage anschaffen wollen, bezüglich Planung und Bau mit Rat und Tat zur Seite.

Die richtige Größe einer PV-Anlage lässt sich laut Ebert mit einer Faustformel grob abschätzen: Man teilt den Jahresverbrauch an Kilowattstunden durch tausend und addiert den Wert eins. Das Ergebnis entspricht der Leistung in Kilowatt peak. So wäre beispielsweise bei einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden eine Solaranlage mit der Leistung von 5 Kilowatt peak genau richtig dimensioniert. Bei seinen Ausführungen zur Wirtschaftlichkeitsberechnung machte Ebert deutlich, dass eigenproduzierten Strom selbst zu verbrauchen die beste Lösung ist. Während zugekaufter Strom derzeit 22 bis 32 Cent pro Kilowattstunde kostet, liegt der Preis für selbsthergestellten Strom bei zehn bis zwölf Cent. Die Einsparung beträgt mithin neun bis 22 Cent. Strom zu verkaufen, ist hingegen nicht wirtschaftlich, die Einspeisevergütung von bis zu acht Cent deckt nicht einmal die Entstehungskosten.

Ebert kam schließlich noch auf die sogenannten Balkonkraftwerke zu sprechen. Damit sind kleine Photovoltaikanlagen gemeint, die oft an Balkons befestigt werden und auf technisch unkomplizierte Weise über eine Haushaltssteckdose oder eine spezielle Einspeisesteckdose den erzeugten Strom dem Hausstromnetz zum Eigenverbrauch zuführen. Gesetzlich erlaubt ist derzeit eine maximale Leistung des Wechselrichters von 800 Watt (Wechselstrom) und eine maximale Leistung der Module von 2.000 Watt (Gleichstrom). Ob beziehungsweise nach welcher Zeit sich die Anschaffung lohnt, lässt sich im Internet mit dem Stecker-Solar-Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin herausfinden. Ebert empfiehlt, nicht unbedingt dem günstigsten Modell aus dem Baumarkt den Vorzug zu geben, sondern sich professionelle Beratung einzuholen und ein qualifiziertes Unternehmen mit der Umsetzung zu beauftragen. (wö)