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Kelsterbach aktuell
Ausgabe 46/2024
Seite 4
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Die junge Generation setzt eigene Prioritäten

Das Publikum folgte gespannt dem Vortrag von Zukunftsforscher Albert.

Vergangene Woche hatte die Wirtschaftsförderung Kelsterbach wieder zu einem „Unternehmermittag“ geladen, der in den Räumen der Krankenkasse „mkk - meine krankenkasse“ stattfand. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Vortrag des Zukunftsforschers Bernhard Albert, der zusammen mit anderen Wissenschaftlern eine Studie für das Bundesarbeitsministerium durchgeführt hat, die untersucht, welche Erwartungen Jugendliche und junge Erwachsene in Zeiten multipler Krisen an die Arbeitswelt im Allgemeinen und an ihre persönliche Partizipation am Arbeitsmarkt in Form von Erwerbsarbeit haben. Albert stellte den Kelsterbacher Unternehmern und Unternehmerinnen die Ergebnisse der Studie in Kurzform vor.

Demnach haben aktuelle Generationen Jugendlicher und junger Erwachsener andere Erwartungen an ihre Arbeitswelt als die Generationen vor ihnen. So haben sie den Anspruch, sich im Beruf selbstzuverwirklichen, etwas Sinnhaftes tun zu können, eine gute finanzielle Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben zu erwirtschaften und eine ausgewogene Work-Life-Balance zu genießen. Erwerbsarbeit akzeptieren die Jungen als zentralen Teil des Lebens. Nicht aber als Wert an sich, sondern um die materielle Grundlage für eine lebenswerte Existenz zu schaffen. Dabei überschätzen sie allerdings häufig die realen Möglichkeiten, ein hohes Einkommen zu erzielen.

Außerdem ist es den jungen Leuten wichtig, bei der Gestaltung der Arbeitszeit sehr flexibel sein, sie an den eigenen Bedürfnissen ausrichten zu können. Auch finden reduzierte Arbeitszeitmodelle wie Teilzeit oder die Viertagewoche, die es ermöglichen, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinen, Anklang. Selbstausbeutung wird weithin abgelehnt. Eine lückenlose Erwerbsbiografie von der Jugend bis ins Rentenalter ist nicht länger das Ideal der Angehörigen der „Generation Z“. Auszeiten, später Berufseinstieg oder früher Ausstieg sind Optionen, die durchaus Anhänger finden.

In der Übergangsphase zwischen Schule und Beruf wünschen sich die jungen Menschen eine bessere Orientierung, um überhaupt die richtige Entscheidung bezüglich der Berufswahl treffen zu können. Der persönliche Austausch mit Berufstätigen und das Sammeln eigener Erfahrungen in einem Praktikum werden als wesentlich hilfreicher empfunden als Tipps der Eltern oder staatliche Angebote zur Berufsorientierung.

Klassische Berufswünsche dominieren bei den jungen Leuten, darunter sind auch Berufe, die von der Digitalisierung und den mit ihr einhergehenden, teils gravierenden Veränderungen betroffen sind. Dieser Folgen sind sich die Berufseinsteiger oftmals wenig bewusst und unterschätzen sie entsprechend, so die Studie.

Was die digitalen Kompetenzen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen angeht, so stellt die Studie fest, dass sie sich selbst als gut vorbereitet auf die digitale Arbeitswelt wähnen, dass das tatsächlich aber nicht auf alle von ihnen zutrifft. Obwohl die Jungen in einer hoch digitalisierten Welt leben, sind sie nicht ohne Weiteres auf die Anforderungen der digitalen Arbeitswelt vorbereitet. In Schule und Ausbildung müssten die entsprechenden Kompetenzen noch vermittelt werden, folgern die Autoren der Studie.

Als Handlungsempfehlung legen die Autoren der Studie den Unternehmen nahe, die Erwartungen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen an die Arbeitswelt ernst zu nehmen und bei deren Weiterentwicklung als wichtigen Faktor zu berücksichtigen, zum Beispiel bei den arbeitszeitrechtlichen Rahmenbedingungen oder bei Rahmentarifverträgen. Unternehmen, die die Bedürfnisse der jungen Leute ernst nähmen, würden attraktiv für künftige Fachkräfte. Und nicht zuletzt profitierten auch Beschäftigte älterer Generationen von verbesserten Arbeitsbedingungen. (wö)