Bürgermeister Manfred Ockel (links) und Stadtverordnetenvorsteher Frank Wiegand (rechts) legten auf dem Ehrenfriedhof Kränze nieder.
Der Bürgermeister sprach in der Trauerhalle.
Stadtverordnetenvorsteher Wiegand hielt seine Ansprache auf dem Ehrenfriedhof.
Der Evangelische Posaunenchor spielte im Freien.
Der Volkschor sang die Lieder "Näher, mein Gott, zu Dir" und "So nimm denn meine Hände".
Am vergangenen Sonntag hatte die Stadt Kelsterbach zu einer Gedenkfeier anlässlich des Volkstrauertages geladen. Rund 50 Bürgerinnen und Bürger fanden sich in der Trauerhalle des Friedhofs ein und hörten die Ansprachen von Bürgermeister Manfred Ockel und Stadtverordnetenvorsteher Frank Wiegand.
Ockel sagte, das Gedenken am Volkstrauertag gelte den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft weltweit. Leider habe der Volkstrauertag auch nach mehr als einhundertjährigem Bestehen immer noch eine erschütternde Aktualität, wie die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten belegten, in Afrika litten Menschen Hunger infolge von Krieg.
Der Bürgermeister erinnerte an den 80. Jahrestag des sogenannten „D-Day“, den 6. Juni 1944, als die Alliierten in der Normandie landeten, um die Naziherrschaft in Europa auch von Westen her niederzuringen. Bei den äußerst verlustreichen Kämpfen an den Stränden des Ärmelkanals und den weiteren Gefechten bis hin zur Befreiung der französischen Hauptstadt Paris kamen über hunderttausend Soldaten und Zivilisten zu Tode, sagte Ockel. Die zahlreichen Soldatenfriedhöfe in der Normandie erinnerten an den hohen Preis, der für die Freiheit Europas gezahlt wurde. Heute seien die einstigen Erzfeinde Frankreich und Deutschland durch ein festes Band der Freundschaft verbunden – für Ockel ein Zeichen der Hoffnung angesichts vieler Konflikte auf der Welt.
Ockel rief das Ausmaß des Schreckens und Leides, das durch Hitlers Zweiten Weltkrieg mit 60 Millionen Toten verursacht wurde, in Erinnerung. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden wurden von den Nazis ermordet, hunderttausende Sinti und Roma, politische Gegner, Menschen mit Behinderungen oder Krankheiten und weitere Minderheiten wurden verfolgt und getötet. Auch in Kriegsgefangenschaft, sowohl in deutscher als auch sowjetischer, kamen mehrere Millionen Soldaten ums Leben.
Der Bürgermeister erinnerte weiter an die Vertreibung von 14 Millionen Deutschen aus den Ostgebieten des Deutschen Reichs als Folge dieses Krieges.
Der Volkstrauertag, schloss Ockel, sei ein Zeichen der Verständigung, ein Zeichen des Lernens aus der Vergangenheit für eine friedvolle Zukunft. Gewalt dürfe nicht toleriert werden und niemand solle sich von Vorurteilen leiten lassen. Schlussendlich rief er zum Frieden und zur Einhaltung und Durchsetzung der Menschenrechte auf. Die sich aus der deutschen Geschichte ergebende Friedensverantwortung bedeute aber nicht, die Auseinandersetzung mit den Konflikten der Gegenwart und den für sie Verantwortlichen zu scheuen. Um Kriege zu verhindern, brauche es Toleranz, Vertrauen, Kompromissfähigkeit und besonderen Mut. Es gelte, was der Philosoph Immanuel Kant sagte: „Der Frieden ist das Meisterstück der Vernunft.“
Stadtverordnetenvorsteher Frank Wiegand zitierte Eingangs seiner Ansprache Papst Paul VI., der 1965 vor den Vereinten Nationen die Sehnsucht der Menschen nach Frieden artikuliert hatte. Dessen Worte hätten nichts an Aktualität eingebüßt, wie ein Blick in die Ukraine, nach Israel und Gaza, in den Jemen, in den Sudan, nach Myanmar belegten.
Wiegand erinnerte an den Nürnberger Prozess gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher. Die erwünschte abschreckende Wirkung des Prozesses habe sich leider nicht eingestellt, meinte er. Denn es sei doch sehr fraglich, ob sich heute Kriegstreiber wie Putin, Medwedjew und Lawrow in Den Haag würden verantworten müssen. Gewalt und Kriege gälten heute wieder als legitimes Mittel, um den eigenen Willen, Hoheitsansprüche, Machtinteressen und Ideologien durchzusetzen.
Der Stadtverordnetenvorsteher rief dazu auf, sich mit dem Leid der Opfer von Kriegen, Gewalt und Terror empathisch auseinanderzusetzen. Wer wirklich gelernt, verstanden und verinnerlicht habe, was Krieg bedeute, welche Folgen Krieg habe, dem werde es nie zu viel sein, daran zu erinnern, zu mahnen, darüber zu reden.
Veranstaltungen wie der Volkstrauertag seien sehr wichtig, denn die Menschen sollten sich aufraffen gegen den Krieg, sie sollten sich Gedanken machen über die Folgen von Intoleranz und ideologischer Engstirnigkeit, sie sollten der Sehnsucht nach Frieden und Wohlstand Ausdruck verleihen.
Wiegand schloss seine Ansprache mit einem weiteren Zitat aus der Rede Papst Pauls VI.: „Nie mehr Krieg! Es ist der Friede, der das Geschick der Völker und der ganzen Menschheit leiten muss.“
Zum Zeichen des Gedenkens wurden auf dem Kelsterbacher Ehrenfriedhof Kränze niedergelegt. Der Evangelische Posaunenchor begleitete die Gedenkfeier auf dem Friedhof, in der Trauerhalle sorgten der Gesangverein Volkschor und Musikschuldozent Julián David Pérez Illera für den musikalischen Rahmen. (wö)