Bürgermeister Manfred Ockel (rechts) begrüßte die Vertreter der Polizei auf dem Podium und die Besucher im Saal.
Seit gut zwei Jahren nimmt die Stadt Kelsterbach am „Kommunalprogramm Sicherheitssiegel“ (Kompass), einer Präventionsinitiative des Landes Hessen, teil. Jetzt hatte die Stadt zusammen mit der Polizei zu einer „Sicherheitskonferenz“ betitelten Zusammenkunft ins Fritz-Treutel-Haus geladen, um die Ergebnisse einer Bürgerbefragung zum Thema Sicherheit in der Stadt vorzustellen und um nochmals allgemein über das Kompassprogramm zu informieren.
Die Polizei war auf dem Podium präsent mit dem stellvertretenden Leiter der Polizeidirektion Groß-Gerau, Patrick Sebischka, einem Kompass-Berater am Polizeipräsidium Südhessen, Frank Heisel, dem stellvertretenden Leiter der Kelsterbacher Polizeistation, Timo Braunbeck, und dem Kelsterbacher Schutzmann vor Ort, Marc Heinrich.
Zunächst gab Timo Braunbeck einen Überblick über die Kriminalitätsbelastung Kelsterbachs und deren Entwicklung. Der Anteil der in Kelsterbach verübten und bekanntgewordenen Straftaten an allen im Landkreis Groß-Gerau begangenen Gesetzesverstößen entspricht ziemlich genau dem Bevölkerungsanteil der Untermainstadt. Die Statistik belegt eine breite Palette verschiedenster Delikte, die in Kelsterbach begangen wurden, „aber keinen Schwerpunkt an Kriminalität“, wie Braunbeck feststellte.
Vielleicht ist die ziemlich durchschnittliche Belastung mit Kriminalität einer der Gründe, weshalb sich nicht übermäßig viele Kelsterbacherinnen und Kelsterbacher bislang im Rahmen des Kompass-Programms zur Mitarbeit entschließen konnten. Zur Sicherheitskonferenz waren lediglich rund 20 interessierte Bürgerinnen und Bürger gekommen. Auch an der Bürgerbefragung, die bereits Ende 2023 stattgefunden hatte, hatten sich nur 97 Personen – das entspricht in etwa einem halben Prozent der Einwohnerschaft Kelsterbachs – beteiligt.
In der Bürgerbefragung war gefragt worden, welches die drei drängendsten Probleme in Kelsterbach seien. Probleme, die die Sicherheit betreffen, sahen 39 Personen, sie wünschten sich vornehmlich eine stärkere Überwachung des öffentlichen Raums durch Kameras, aber auch durch Streifen von Polizei und Ordnungsamt. 32 Personen nannten die Unterführung am Bahnhof als einen Ort, an dem sie sich unsicher fühlen. Dies dürfte sich wahrscheinlich inzwischen verändert haben, hat doch die Stadt nach der Befragung, Anfang des Jahres 2024, die Unterführung sanieren, im Erscheinungsbild attraktivieren und mit neuer, heller Beleuchtung ausstatten lassen. Wiederum 39 Teilnehmer nannten Probleme im Straßenverkehr als dringlich. Rücksichtslosigkeit, Falschparken und mangelnde Durchsetzung von Geschwindigkeitsbegrenzungen wurden als kritikwürdig benannt.
Braunbeck hatte auch zum Thema Verkehr einige Zahlen und Erkenntnisse parat. Demnach ist in den vergangenen drei Jahren die Zahl der Unfälle im Stadtgebiet ziemlich konstant um die 430 Fälle geblieben. Im Zeitraum 2022 bis 2024 hat es in Kelsterbach 94 Leichtverletzte, 14 Schwerverletzte und einen Toten gegeben. Der Ort, an dem sich die meisten Unfälle ereignet haben, ist die Kreuzung Südliche Ringstraße / Frankfurter Straße / Sudetenring. Dort hat es im vergangenen Jahr 2024 bei Verkehrsunfällen 15 Mal „gekracht“. Dahinter kommt der Zubringer der Bundesstraße 43 zur Autobahn 3 in Fahrtrichtung Raunheim, wo 12 Unfälle registriert wurden. Mit elf Unfällen folgt schließlich der Kreisel Frankfurter Straße / Bergstraße / An der Friedrichshöhe. Auch wenn dies die Orte mit dem meisten Unfallgeschehen in Kelsterbach seien, könne man aufgrund der niedrigen Fallzahlen aber nicht von Unfallschwerpunkten reden, sagte Braunbeck. Was den Verkehr angeht, sieht er die Stadt Kelsterbach gut aufgestellt. Eine gute Verkehrsplanung – beispielsweise Kreisverkehre, Tempo-30- beziehungsweise Tempo-20-Zonen – trage zur Sicherheit im Verkehr bei.
Bürgermeister Manfred Ockel machte in Bezug auf den in der Umfrage geäußerten Wunsch nach mehr Videoüberwachung darauf aufmerksam, dass dies aufgrund der Rechtslage nicht möglich sei. Nur dort, wo die Sicherheit stark gefährdet sei und sich das auch in Zahlen niederschlage, könne eine Videoüberwachung installiert werden. Im Falle des Bahnhof seien die Voraussetzungen erfüllt und eine Kamera im Einsatz, beim Sandhügelplatz aber erlaube die gegebene Situation nicht den Einsatz von Videoüberwachung. Die Stadt habe stattdessen in die Aufstockung des Personals der Stadtpolizei investiert, eine Maßnahme, die fruchte, so Ockel.
Die Leiterin des städtischen Ordnungsamts, Sibylle Kreitz, ergänzte, dass aus der Bürgerschaft recht viele Hinweise auf Verkehrsordnungswidrigkeiten der Verwaltung gemeldet würden. Rund 250 Anzeigen seien es bis jetzt im laufenden Jahr gewesen, berichtete sie, 250 Fahrzeuge habe man abschleppen lassen und 3.000 Verwarngelder verhängt. Regelverstöße beim Fahren mit Elektrorollern sanktioniere die Stadtpolizei permanent. Vor allem die Aufklärung der meist jugendlichen Fahrer über ihr Fehlverhalten sei dabei wichtig, erläuterte Kreitz. Auch bei der Bekämpfung des illegalen Glücksspiels engagiere sich die Stadt im Verwaltungsbehördenbezirk, dem weitere acht Kommunen angehörten. Dort seien Spezialisten aktiv, die mit dem nötigen Fachwissen ungesetzlichem Treiben in Spielhallen und Gaststätten nachgingen.
Am Ende der Kompass-Sicherheitskonferenz skizzierte Kompass-Berater Frank Heisel die weiteren Schritte im Prozess zur Erlangung des Sicherheitssiegels durch die Stadt Kelsterbach. Demnach werden nun zunächst die bereits im Zuge des Kompassprogramms erfolgten sowie die mittel- und langfristig geplanten Maßnahmen analysiert und evaluiert. Dem schließt sich eine weitere Sicherheitskonferenz an, auf der die Maßnahmen vorgestellt werden. Ein deren sicherheitsrelevante Wirksamkeit betreffendes polizeiliches Gutachten bringt den Prozess zum Schluss, an dessen Ende die öffentlichkeitswirksame Verleihung des Sicherheitssiegels durch das Land Hessen steht. (wö)