In der vorigen Woche wurde bundesweit in den Medien über den im November 2022 im saarländischen Friedrichsthal verstorbenen Bistumspriester Edmund Dillinger berichtet (ein ausführlicher Artikel fand sich am vergangenen Freitag im „Trierischen Volksfreund“).
Dillinger, ein angesehener und hoch dekorierter Kirchenmann, führte offenbar ein Doppelleben. Denn er hat nicht nur Jahrzehnte lang junge Menschen sexuell missbraucht, sondern seine Handlungen seit den 1960er Jahren auch noch auf Fotos und über 700 Dia-Filmen festgehalten, die sein Neffe nach seinem Tod in mehreren Kisten im Obergeschoss des Wohnhauses gefunden hat. Bereits zu Beginn der 1970er Jahre war Dillinger aufgefallen und wurde vom damaligen Bischof Stein in ein anderes Bundesland versetzt.
Bis zum Sommer 1966 war Dillinger in der Bitburger Pfarrei St. Peter als Kaplan eingesetzt gewesen. Im August 1966 kam er nach Hermeskeil, wo er eine Tätigkeit als „Subsidiär“ der Pfarrei und Religionslehrer am Gymnasium aufnahm. Als solcher war er hier übrigens Nachfolger von Elmar Hornschuch, der später von 1997 bis 2000 als Pastor in Beuren/Hochwald wirkte.1 Den Posten des Subsidiärs der Pfarrei gab Dillinger Ende Januar 1969 auf, er blieb aber weiter Religionslehrer am Gymnasium Hermeskeil.2 Im Frühjahr 1970 wurde er zum Seelsorger des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen an Universitäten und Hochschulen und zum Leiter des CV-Seelsorgeamtes in München ernannt. Bis etwa November 1970 blieb er noch in Hermeskeil; danach verliert sich seine Spur im Hochwald.
Kriminelle Karrierre begann in Hermeskeil
Die Gründe dafür nennt Dr. Hans Reichert, ehemaliger Lehrerkollege am Hermeskeiler Gymnasium, in einer E-Mail an RuH: „Im Artikel3 bleibt merkwürdigerweise unerwähnt, dass die kriminelle Karriere Dillingers in Hermeskeil begann, wo er von 1966 bis 1970 als Religionslehrer am Gymnasium tätig war. Ich war damals Kollege, und er fiel mir nur als religiöser Eiferer auf.“ Dillinger habe öffentlich den Deutschunterricht eines Kollegen angeprangert; dort würden Texte von Berthold Brecht behandelt, welche die Religion verunglimpften. So werde die Jugend verdorben. Dr. Reichert: „Bald danach tauchte die Kripo in unserer Schule auf und es wurde hinter vorgehaltener Hand vom Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Schülern und Messdienern gesprochen. Dillinger verließ kurz danach Hermeskeil und man hörte nichts mehr von ihm.“ Seine Fassungslosigkeit kann Dr. Reichert nicht verbergen: „Unfassbar, dass danach seine kriminelle Karriere erst so richtig losging und er sogar zu hohen Ehren kam.“
Ein ehemaliger Schüler, der das Gymnasium in Hermeskeil zu dieser Zeit besuchte, berichtet, man habe damals bei Dillinger zwar durchaus eine homosexuelle Neigung vermutet. Von einer kriminellen Pädophilie habe man allerdings nichts geahnt. In Schülerkreisen sei er „Fuppes“ genannt worden, weil er - als gebürtiger Saarländer - öfter die Redewendung „Das ist doch alles Fuppes“ (= Unsinn) benutzt habe.
Dillinger war in seiner Hermeskeiler Zeit in der Jugendarbeit, insbesondere bei den Pfadfindern aktiv. Darüber hinaus finden sich in den RuH-Jahrgängen von 1966 bis 1970 Texte, die er zu kirchlichen Festtagen wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten verfasste und Berichte über Fahrten, Vorträge und Veranstaltungen, die er organisierte. Zum letzten Mal taucht sein Name in RuH im November 1970 auf, wo er als Leiter eines Vortragsabends im Johanneshaus am 16. des Monats angekündigt ist4. (WIL-)
1 RuH Nr. 34/1966
2 RuH Nr. 5/1969
3 Anm.: Gemeint ist der Artikel im Trierischen Volksfreund
4 RuH Nr. 46/1970