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Rund um Hermeskeil
Ausgabe 20/2025
3 - Aus den Hochwaldgemeinden
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Die letzten Zeugen - Warum wir ihre Geschichten bewahren müssen

Edmund Eiden, Agnes Jakobs und Margarete Hartung schilderten ihre Eindrücke aus den letzten Kriegsmonaten. Es fehlt Hedwig Bornemann.

Ein Beitrag zum 80. Jahrestag des Kriegsendes in Deutschland

von Lena Weber

Vor 80 Jahren, am 8. Mai 1945, endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Für viele Menschen war dieser Tag eine Befreiung – doch die Erinnerungen daran sind so unterschiedlich wie die Schicksale derer, die den Krieg erlebten. Ich habe mich mit vier Zeitzeugen unterhalten, die den Krieg als Kinder erlebten. Ihre Erzählungen berühren, machen betroffen – und zeigen, warum es so wichtig ist, diese Erinnerungen nicht zu vergessen.

„Die Amis haben uns Kindern Kaugummi und Schokolade gegeben – das kannten wir gar nicht“, erinnert sich Agnes Jakobs (Bj. 1937) aus Gusenburg. Für sie und andere Kinder war die Ankunft der Amerikaner im März 1945 ein Moment der Erleichterung: Endlich keine Bombenangriffe mehr, keine Angst vor Fliegeralarm. Doch nicht alle Erlebnisse waren freudig. Hedwig Bornemann (Bj. 1936) aus Wadrill erzählt von einem Pastor, der deutsche Soldaten im Keller versteckte – beide wurden dennoch erschossen.

Die Zeitzeugen berichten von einer Welt, die für heutige Generationen kaum vorstellbar ist: Edmund Eiden (Bj. 1931) aus Hermeskeil sah als Junge Gefangene aus dem KZ Hinzert, die auf einem Kartoffelacker wie Zugtiere vor Pflüge gespannt wurden. Margarete Hartung (Bj. 1934), die mit ihrer Familie als Zehnjährige aus Ostpreußen floh, trägt bis heute das Bild aufgeschichteter Kinderleichen mit sich. „Das hat mir sehr zugesetzt“, sagt sie.

Hamstern, Tauschen, Überleben

Die ersten Nachkriegsjahre waren geprägt von viel Arbeit, „Hamschtern“ und Schweiß. Die Menschen tauschten, was sie hatten: Eier und Mehl gegen ein Stück schönen Stoff für ein Kommunionskleid, Kartoffeln gegen Gabeln. „Man half sich, wie man konnte“, sagt Agnes Jakobs. Die Währungsreform 1948 brachte schließlich Stabilität – doch bis dahin war es ein langer Weg.

Das Schweigen der Nachkriegszeit – und warum wir es brechen müssen

In vielen Familien wurde nach 1945 kaum über den Krieg gesprochen. Aus Scham, Trauma oder weil alte NS-Verstrickungen tabu waren. Doch dieses Schweigen hat Folgen: Ohne persönliche Geschichten wird das Grauen des Krieges zur bloßen Geschichtsstunde – abstrakt und fern.

Warum wir heute zuhören sollten

Die vier Zeitzeugen erlebten den 8. Mai 1945 als Befreiung. Doch nicht alle teilten dieses Gefühl: Für manche war es eine Niederlage, verbunden mit Verlust und Wut. Diese Spaltung prägte Deutschland lange. Heute, da rechtsextreme Stimmen lauter werden und immer weniger Zeitzeugen leben, sind ihre Erinnerungen wertvoller denn je.

Ein Appell: Fragt nach!

Die Gespräche mit Agnes Jakobs, Hedwig Bornemann, Edmund Eiden und Margarete Hartung zeigen: Jede Erzählung ist ein Schatz. Deshalb der Aufruf an alle Leserinnen und Leser: Sprecht mit euren Großeltern, Nachbarn oder älteren Bekannten. Fragt nach ihren Erlebnissen – und zeichnet sie auf. Auf dass das „Nie wieder“ auch ein „Nie wieder“ bleibt.