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Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ausgabe 16/2023
Aktuelles
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Von Maibäumen und der Kommunion im Krieg

Werner Schüller (stehend) berichtete bei der gut besuchten Plattakademie über wilde Mainächte.

Heimatverein Alt-Ahrweiler hat seine „Plattakademie“ reaktiviert

AHRWEILER. TW. „Et wied widde Platt jeschwätz on jesonge ein Ahrweile.“ Im Hotel Zum Stern gab es nach jahrelanger Abstinenz, bedingt durch Corona-Pandemie und Flutkatastrophe nun wieder einen Mundartabend. Der Heimatverein Alt-Ahrweiler hatte eingeladen, zahlreiche Bürger waren gekommen. Auf dem Programm der „Plattakademie“, durch die Karl Heinen gekonnt leitete, standen gleich ein Dutzend Vorträge, mal lustig, mal besinnlich, mal gereimt, dann wieder Prosa. Dazu griff Tommy Geller in die Tasten und sang mit der ganzen Zuhörerschar Ahrweiler oder kölsche Lieder, wie „Wenn esch von fern de Porze sehn“, oder „Oos Ahrweile Platt.“ Auch das Mundart-Buch von Margret Nischalke heißt „Oos Ahrweile Platt“, sie hat das Werk überarbeitet und erweitert. Die Mundart-Kennerin las daraus die Geschichte ihrer Kommunionsfeiern wenige Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die nach den schweren Bombenangriffen des Januars 1945 auf Ahrweiler in Linz untergekommen war. Im geliehenen Kommunionkleid ging es zum Sakrament. Die, die in Ahrweiler geblieben waren, konnten nicht mitfeiern, da es keine Möglichkeit gab, über den Rhein zu kommen und am zweiten Festtag trug sie ein rotes Kleidchen, genäht aus einer NS-Fahne. Im Auditorium wurde es mucksmäuschenstill, zumal die Autorin wußte, mit den Stimmungen umzugehen. Als sie dann berichtete, wie die Kinder Tage später die Kommunion nachspielten, wurde es gleich wieder heiter im Raum.

Auch Werner Schüller berichtete über Tatsachen aus seinen jungen Jahren. Damals half er seinem Freund Rudi, an der Oberahr einen Maibaum zu stellen und erlebte eine Mainacht mit Überraschungen, stand am Haus der Holden doch schon eine Birke. Aber Ende gut, alles gut, längst war die Goldhochzeit derer, die - auch dank Schüllers Hilfe - einst das Maibrauchtum zusammen feierten.

Froh ist man beim Heimatverein darüber, dass sich immer wieder neue Redner finden. Wie Ferdi Heuwagen, der von den Schwierigkeiten berichtete, einen alten Koffer dem Abfallkreislauf zuzuführen. Anne Horst trug im besten Ahrweiler Platt den Unfallbericht eines Dachdeckers vor, dem der Lastenaufzug zum Verhängnis wurde. Auch Karl Heinen griff zum Mikrofon und berichtete in einem Reimvortrag von seinen Problemen mit den neuen Kommunikationsmitteln. Die Palette der Vorträge war bunt, sie reichte von der Waldkapelle bis zur „Wengprob für de Katz“, vom „Mädchen auf Männersuche“ bis zur „jebohnerte Trapp.“ Für alle Vortragenden gab es Applaus und Ahrweiler Wein, die Besucher freuten sich über die Rückkehr eines weiteren Stücks Normalität.