Dernau, kurz nach dem 15. Juli 2021.
AHRTAL (ang.) Die Staatsanwaltschaft Koblenz wird den ehemaligen Landrat Dr. Jürgen Pföhler nicht anklagen. Diese Entscheidung wird im Tal vielfach kritisiert. Der Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen, ist von der Entscheidung mehr als enttäuscht: „Viele Menschen müssen nach wie vor die Folgen der Flut, den Verlust von lieben Menschen und Verletzungen an Leib und Seele tragen und ertragen. Sie haben sich nicht zuletzt durch ein gerichtliches Verfahren eine sorgfältige Aufklärung der Geschehnisse des folgenschweren 14. Juli erhofft.“ Nach Orthens Worten hat die Staatsanwaltschaft ihre rechtliche Bewertung vorgenommen. Eine andere Entscheidung der Staatsanwaltschaft wäre aus seiner Sicht ein wichtiges Signal für die Menschen der Region gewesen. Guido Orthen: „Hier wartet man noch auf die Beantwortung vieler Fragen.“
Auch Helmut Lussi, der Ortsbürgermeister von Schuld, ist tief enttäuscht: „Wenn dieser Mann richtig gehandelt hätte, hätten mit Sicherheit mehr Menschen gerettet werden können.“ Für den Ortsbürgermeister war die Katastrophe vorauszusehen und er stellt dem Ex-Landrat ein miserables Zeugnis aus: „Aufgrund der Tatsache, dass Herr Pföhler in seiner Funktion als Landrat nicht frühzeitig den Katastrophenalarm auslöste, hat er meiner Ansicht nach seine Aufgabe als Landrat verfehlt.“
Der Bürgermeister der VG Altenahr, Dominik Gieler, hätte den Ex-Landrat viel lieber vor Gericht gesehen: „Ich hätte mir gewünscht, dass ein entsprechendes Gericht nach ausführlicher Beweisaufnahme die Schuld oder Unschuld festgestellt hätte.“
Für die Landrätin Cornelia Weigand war es wichtig, dass sich die Staatsanwaltschaft dezidiert mit der Flutkatastrophe auseinandergesetzt und versucht hat, die Geschehnisse inhaltlich in ihrer Komplexität zu erfassen. „Die Ermittlungen gegen den damals politisch-Verantwortlichen wurden nun eingestellt – für viele von uns Betroffenen wohl eine schmerzhafte Botschaft. Auch wenn diese Entscheidung sicherlich nicht für jeden befriedigend ist, so wird damit zumindest der unbefriedigende Zustand der Schwebe nach fast drei Jahren beendet. Zugleich ist es sehr verständlich, wenn Angehörige und Hinterbliebene der Flutopfer ihre weiteren rechtlichen Möglichkeiten prüfen.“
Die Landrätin sieht in einer Situation wie am 14./15. Juli 2021 allerdings auch eine moralische Verantwortung: „Bei einer Katastrophe dieser Dimension hätte wohl niemand fehlerfrei agiert. Aber gar nicht zu handeln, halte ich für keine Option. Von einem Landrat oder einer Landrätin erwarte ich, in einer solchen Lage vor Ort zu sein und das in der eigenen Macht Stehende für die Menschen zu tun.“
Unabhängig einer strafrechtlichen Bewertung betont die CDU im Kreis Ahrweiler die persönlichen Fehler und die politische Verantwortung des früheren Landrats.
Die CDU hatte gehofft, dass der Ex-Landrat „seine eigene Fehleinschätzung in den Stunden der Flut und sein eigenes Verhalten bzw. Unterlassen in diesen Stunden und den Tagen danach selbstkritisch beleuchtet.“ Die CDU im Kreis Ahrweiler fordert vom Ex-Landrat eine Entschuldigung bei allen Betroffenen der Flut.
Ebenso wünscht sich die CDU von anderen verantwortlichen Funktionsträgern Selbstkritik und das Eingestehen von Fehlern – sowohl aus der Politik wie auch nachgeordneter Landesbehörden.
Bei der Flutkatastrophe haben nach den Worten der CDU Einzelpersonen schwerwiegende Fehler gemacht. „Letztlich habe aber ein ganzes System versagt“, so die Christdemokraten abschließend.