Zur Diskussion kam auch der provisorische Hochwasserschutz in einem Teilbereich der Ahrallee.
AHRWEILER. TW. Am Sitz der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft (AuEG) in Ahrweiler versuchte rund ein halbes Dutzend der Wiederaufbau-Experten Fragen von Bürgern zu den aktuellen Planungen am Fluss und seinem Ufer im Bereich der Rotweinmetropole zu beantworten. Vorweggenommen: Nicht auf jede Frage gab es eine finale Antwort, denn es ist auch knapp vier Jahre nach der Katastrophe vom 14./15. Juli 2021 noch längst nicht alles final geplant. Vor allen Dingen wird immer noch gerechnet und modelliert. Das Hochwasserereignis vom Januar dieses Jahres hat noch einmal für neue Erkenntnisse gesorgt.
Viel aktuell und oftmals neu zu planen gibt es aber auch, weil sich die Wassermassen, die nach einem Starkregen sicher durch die Stadt geführt werden sollen, schon mehrfach geändert haben. Laut Grundsatzbeschluss des Stadtrats soll ein sogenannten 100-jährliches Hochwasserereignis, genannt HQ100, im Bereich der Kreisstadt keinen Schaden mehr anrichten. Die damit verbundenen Wassermassen, gemessen in durchfließenden Kubikmetern Wasser pro Sekunde, wurden jüngst bereits zum dritten Mal angepasst. Was die Bürger im Dialog mit AuEG-Geschäftsführer Hermann-Josef Pelgrim und seinen Mitarbeitern am Dienstag auf jeden Fall zur Kenntnis nehmen mussten: Der Grundsatzbeschluss des Stadtrats wird nicht durchgängig umzusetzen sein, will man die Ahr nicht beidseitig mit hohen Mauern versehen, was städtebaulicher Wahnsinn wäre.
Die anwesenden Bürger wurde zunächst einmal eine Stunde lang auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht, sie hörten in erster Linie von Projekten, die die AuEG zu verantworten hat.
Dabei erfuhren die Menschen vor allem, dass der Ahr künftig viel mehr Platz eingeräumt werden soll. Wo möglich, wird Freiraum geschaffen. Uferwege laufen tief und können überschwemmt werden. Brücken werden länger, Retentionsräume entstehen. Wo Böschungen waren, entstehen Mauern. Zudem muss der Blick zu den Vorhaben der Oberlieger gehen, um einen Schutz von der Quelle bis zur Mündung zu bekommen. Ein Zweckverband aller Ahr-Anlieger ist in seiner Planung noch nicht wirklich weit fortgeschritten, aber dennoch notwendig. Das alles unter dem Gesichtspunkt einer ökologischen Aufwertung und attraktiver Freiräume. Ein Masterplan sieht ein blau- grünes Band vor, dass sich durch die Stadt schlängelt. Die Ahr soll mehr Erlebnisraum werden.
Dazu gilt es, den Fluss zu verstehen, der noch vor knapp 200 Jahren stellenweise wein Bett von mehr als 100 Metern Breite hatte, wie alte Tranchot-Karten zeigen. Dann kam der Mensch und engte den Fluss ein, rückte ihm immer näher.
Mit dem Wissen über die aktuellen Planungen ergaben sich Fragen der Anlieger, vor allen Dingen aus der Ahrallee, der wohl sensibelste Punkt in Sachen Hochwasserschutz. Wie soll der Schutz dort konkret aussehen? Wie sehen die aktuellen zeitlichen Planungen bis zur Umsetzung aus? Was hat es mit dem aktuellen Provisorium auf sich? So ganz konkret waren die Antworten nicht. Fest zu stehen scheint, dass es in der Ahrallee keinen Schutz vor einem HQ100 geben kann, eher nur für ein HQ20, umgesetzt durch eine Erhöhung, beispielsweise eine Mauer von rund einem halben Meter. Hier stehen noch Untersuchungen zweier Varianten und dann eine Entscheidung im Stadtrat aus. „Ich möchte keinen Zeitraum der Fertigstellung nennen“, so Hermann-Josef Pelgrim. Der aktuelle Schutzwall sei ein Provisorium ohne berechnete Grundlagen, erstellt vom Bauhof auf der Basis von Erfahrungen, sagte er.
Welche Auswirkungen die neue Prallwand an der Carl-von-Ehrenwall-Allee für die Brückenstraße am gegenüberliegenden Ufer habe, wollte ein anderer Bürger wissen. Auch hier stehen noch Berechnungen aus, final könnte es auf Gehweghöhe zu einer Mauer von geringer Höhe kommen, so die Antwort. Den Sinn von Geländeabtragungen am Südufer auf Höhe der Ramersbacherstraße und dem Beibehalt der Höhen am Campingplatz ließ sich ein anderer Gast erklären. Interessante Informationen gab es obendrauf. Im Rahmen der Kampfmittelsondierung zeige sich, dass die Ahr in vielen Bereichen in den vergangenen Jahrzehnten als Müllkippe genutzt wurde. Jeder Quadratmeter wird ausgehoben, kampfmitteltechnisch untersucht und dann vom Müll befreit. Abgetragenes Vorland und unbelastetes Geschiebe werden auf Deponien in der Nähe gefahren.