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Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ausgabe 24/2023
Aktuelles
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Schützenkönige werden in Silber verewigt

Die Bilder zweigen es: Werner Münch hat 2009 und 2022er Königsschilder für Christoph Eudenbach hergestellt.

Jedes Jahr stellt Goldschmied Werner Münch neues Königssilber her

HEMMESSEN. TW. Jüngst errang in Ahrweiler mit Benedikt Appel ein neues Mitglied der traditionsreichen St. Laurentius Junggesellen-Schützen-Gesellschaft die Würde des neuen Schützenkönigs. Mit dem Fall des hölzernen Vogels von der Stange und der folgenden Proklamation endete die Regentschaft der vorherigen Majestät. In diesem Fall war das Christoph Eudenbach. Damit noch lange an die Könige gedacht wird, stiften diese ihrer jeweiligen Gesellschaft ein sogenanntes Königsschild aus Silber, dass zu den Schützenfesten an großen Königsketten hängend zu sehen ist, ansonsten aber in den Schließfächern oder Tresoren der Gesellschaften ruht. Wie entsteht ein solches Schild?

Dieser Weg führt unweigerlich zu Goldschmied Werner Münch. Er ist es, der Jahr für Jahr Königsschilder anfertigt. Seit 1978 macht Münch das für die Schützen, erster Auftraggeber war Karl-Josef Scholl, damals Schützenkönig in Lantershofen. In der Regel fertigt Münch drei Schilder im Jahr, nämlich für die Majestäten der Junggesellen-Schützengesellschaften aus Ahrweiler und Lantershofen und für den Schützenkönig der Aloisiusjugend, also der Gesellschaft der jüngsten Ahrweiler Schützen. Meist in Abständen von drei Jahren kommt ein viertes Königsschild dazu, nämlich dann, wenn die Regentschaft eines Ahrweiler Bürgerschützenkönigs endet. Im Jahr 2025 ist es wieder so weit, dann läuft die Amtszeit von König Jürgen Schmitz aus.

Werner Münch hätte eigentlich allen Grund, das Fertigen der Königsschilder jemand anderem zu überlassen. Der Goldschmied ist mittlerweile 82 Jahre alt. Noch dazu wohnt er in der Uhlandstraße in ziemlicher Nähe zur Ahr. Das bedeutete: die Flutkatastrophe vom Juli 2021 hat sein Haus schwer getroffen, natürlich auch Ladenlokal und Werkstatt im Untergeschoss. Wer das Haus heute betritt, sieht, wie mühsam sich der Wiederaufbau gestaltet. Noch immer sind bei den Münchs nicht alle Handwerker fertig, noch immer stehen keine Möbel in den Zimmern. Nur rund vier Quadratmeter in der Ecke eines Raums sind wieder voll ausgestattet – die Werkstatt des Goldschmieds. „Ohne die geht es nicht“, bemerkt seine Frau. Er müsse ja die Arbeit für die Schützen erledigen. Die Geräte sind wieder sauber und ordentlich an ihrem Platz, denn zur Tätigkeit von Münch gehört eine große Portion Handarbeit. Nur seine Kameras, das große Hobby, sind zerstört. Sie wieder zu reinigen und vom Schlamm zu befreien, wird kaum mehr möglich sein.

Dafür kann er sich in diesen Tagen umso mehr dem Schützensilber widmen. Es ist die Zeit des Schützenfestes in Ahrweiler und damit stehen die Abschiede des Junggesellen-Königs Christoph Eudenbach und den Aloisius-Königs Philipp Metzger an. Einen festen Termin, bis wann eine scheidende Majestät ein Schild bestellen sollte, gibt es nicht. Die Pflicht, dieses bei Werner Münch zu ordern, auch nicht. Allzu viele Kollegen, die diese Tätigkeit ausüben, kennt er allerdings auch nicht. Münch spricht von einer Werkstatt in Vallendar und auch einem Goldschmied in Düsseldorf. Auch in Kevelaer habe es eine solch spezialisierte Werkstatt gegeben. In der näheren Umgebung ist das eher nicht der Fall. Und so wartet der Goldschmied Jahr für Jahr, ob sich die Könige melden. „Mal kommen sie früh, dann haben wir mehr Ruhe, mal spät, dann wird es hektisch“, so seine Frau. Manchmal haben die Auftraggeber klare Vorstellung von dem, was sie möchten. Hin und wieder bringt ein König sogar eine Entwurfszeichnung mit. Klar ist den meisten auf jeden Fall, was das Schild zeigen soll. Meist wird der Lebenslauf dargestellt, das Elternhaus, der gelernte Beruf oder dessen Handwerkswappen. In Ahrweiler werden die Stadttore als Hinweis auf die Heimathuten gerne gezeigt, aber auch die Schutzpatrone von Hut oder Stadt. Der heilige Aloisius ist auf vielen Schildern der jüngsten Schützen verewigt. Wichtig auch die Tätigkeit im Junggesellenverein. Wer da mal Schriftführer war, zeigte ein Buch mit Federkeil. Fähnriche präsentieren Fahnen, Spielleute Trommel oder Piccoloflöte, Offiziere Säbel oder Schärpe. Schriften fehlen ebenfalls nicht. Bei der Form des Schildes gibt es mal klare Vorstellungen, mal macht der Goldschmied einen Vorschlag.

Werner Münch beginnt seine Tätigkeit einer Platte 925er Sterling Silber, einen halben Millimeter dick, auf die mittels Bleistift die Darstellungen gezeichnet werden. Die Platte wird auf eine Kittkugel geklebt, die Form dort getrieben. Mit allerhand kleinen Meißeln und Ziselierpunzen schlägt der Schmied das Silber rückseitig zurecht und bringt es in Form, erschafft Figuren, Ornamente und Schriften. Werkzeuge, die schon im Mittelalter verwendet wurden, besorgen dieses sogenannte „Ziselieren.“ Buchstaben werden mal von Hand graviert, mal aus Silber gefertigt und angelötet. Auch Ornamente werden oftmals in einem zweiten Arbeitsschritt extra hergestellt. Bis das Schild vorläufig fertig ist, vergehen in der Regel 30 Stunden, dann aber findet der Goldschmied immer noch hier und da eine Stelle, die er nachzuarbeiten gilt. Zusammen mit den Besprechungen kommen für ein Königsschild schnell 50 Stunden zusammen.