Das Konzept zur Tourismusstrategie präsentierten (v.l.) Jan F. Kobernuß (ift), Peter Kriechel (Ahrwein e.V.), Meike Carll (Ahrtal-Tourismus), Sebastian Kniel (Vorstand Ahrtal-Tourismus), Ute Körten (Vorstand Ahrtal-Tourismus), Ministerin Daniela Schmitt, Christian Lindner (Vorsitzender Ahrtal-Tourismus), Christian Senk (Geschäftsführer Ahrtal-Tourismus) und David Bongart (Projektleiter Tourismuskonzept). Foto: Martin Gausmann
Die aktuelle Situation ist Grund für viel Frust, das war bei einer Talkrunde immer wieder zu hören.
AHRWEILER. TW. Mit kommunaler Infrastruktur, privaten Bauten, Bahn, Radweg und Straßen muss auch einer der führenden Wirtschaftsfaktoren des Ahrtals wiederaufgebaut werden: der Tourismus. Und das sollte doch möglichst modern und nachhaltig geschehen. Das größte Problem dabei: wer bezahlt die Umsetzung der Ideen? Der Wiederaufbaufonds wohl nicht, denn der finanziert ja nur den Status vor der Flut. Auf alle Fälle haben sich viele kluge Köpfe mit großer, nicht nur finanzieller Unterstützung des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums schon viele Gedanken gemacht, auch wenn das „Tourismuskonzept Ahrtal 2025“ noch ganz am Anfang steht. Im Ahrweiler Bürgerzentrum wurde der aktuelle Stand der Dinge, nämlich das Konzept präsentiert. Dazu konnte Christian Lindner, Vorsitzender des federführenden Ahrtal-Tourismus, eine Vielzahl der touristischen Player des Tals begrüßen, aber auch Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Lindner machte klar, es gehe darum, Geist und Spirit neu zu denken, Kreisstadt, Ahrtal und die Höhengemeinde als eins zu sehen.
Was da geplant wird, sind keine unerreichbaren Dinge, es wurden bereits Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben. Jan Friedrich Kobernuß, der mit seiner ift Freizeit und Tourismusberatung als Externer den Entwicklungsprozess begleitet, präsentierte einiges. Erarbeitet wurden viele Dingen in den vergangenen Monaten in Themenwerkstätten, die gutachterlich hinsichtlich ihrer Eignung zu den gesteckten Zielen zu passen, bewertet wurden. Übergeordnetes Ziel, nach Befragung von Gästen und Einwohnern sowie durch Workshops in allen Ahrtal-Kommunen festgelegt, ist der Leitgedanke „Das Ahrtal soll DIE nachhaltige und innovative Natur- und Weinregion in Deutschland werden.“ Das auf zehn Jahre ausgelegte Tourismuskonzept enthalte rund 50 Maßnahmen, darunter 20 größere Leitobjekte, so Kobernuß.
Vieles betrifft den Bereich Infrastruktur, wie die Aufwertung der Wanderwege, Etablierung des Ahr-Radweges und die Ausweisung von Cross-Country-Strecken. Ein Grundgedanke ist, Bergerlebniswelten mit neuen Natur-Erlebnissen von überregionaler Strahlkraft zu schaffen. So wäre eine Hängebrückenverbindung zwischen dem Rotweinwanderweg und dem AhrSteig wünschenswert, beispielsweise im Bereich der Bunten Kuh in Walporzheim oder der Saffenburg in Mayschoß. Auch der einst von Berufsschülern geplante Skywalk am Rotweinwanderweg in Ahrweiler sollte wieder aufgegriffen werden. Für den Bereich Gesundheit stehen die Ahr-Thermen als Leitprojekt sowie die Attraktivierung des zentralen Kurbereichs in Bad Neuenahr ganz oben auf der Liste. Die Themen Wasser und Gesundheit sollen zudem dezentral in anderen Orten im gesamten Ahrtal gespielt werden. Der Ahrwein als eines der Markenzeichen des Ahrtals könnte sich beispielsweise in Ahrwein-Museumsstationen in den einzelnen Weinorten und Betrieben sowie in einer Gebiets-Vinothek wiederfinden.
Unter dem Stichwort „Kultur, Museen“ ist eine zentrale Idee das „ICCA – International Crisis Center Ahr“ als Wissenschafts- und Besucherzentrum, Laboren, Vortrags- und Tagungsräumen für die Forschung. Denkbar dazu: ein „Flutmuseum“, vielleicht in der Piuskirche in Ahrweiler. „Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und seinen Auswirkungen hat das Thema Nachhaltigkeit im Ahrtal noch mehr als in anderen Destinationen an Bedeutung gewonnen“, erklärt David Bongart, der Projektleiter Tourismuskonzept beim Ahrtal-Tourismus. Nach der Konzepterstellung gehe es nun an die Finanzierung, erklärte Christan Senk, Geschäftsführer des Ahrtal-Tourismus. Vorhaben-Träger müssen gefunden werden, um auch große Dinge zu bezahlen. Hier sei man auf die Politik angewiesen, machte Christian Lindner deutlich.
Aber gerade die Versprechungen der Politik nach der Katastrophe und das, was daraus wurde, stößt den Menschen im Ahrtal bitter auf. Das machte auch eine Talkrunde im Bürgerzentrum klar. Lindner schien da sichtlich angefressen: „Es waren Politiker, die nach der Flut von Modellregion geredet haben, wir werden aber nur eine Modellregion für Brandschutz.“ Peter Kriechel mahnte die Dringlichkeit an, der Vorsitzende des Ahrwein e.V. bemerkte, dass es unter der Woche kaum Besucher bei den Winzern gebe. Noch dazu werde in der EU gerade das Thema „Green Deal“ besprochen. „Wenn sich der Entwurf in Brüssel durchsetzt, wird es an der Ahr keinen Weinbau mehr geben“, malte Kriechel ein düsteres Bild. Derweil vermisste Kreissparkassen-Vorstand Guido Mombauer im Konzept einen höheren Stellenwert des Einzelhandels. Jetzt gilt es jedoch erst einmal, die nächsten Schritte anzugehen. Am Geld werde auf jeden Fall keines der Projekte scheitern, versprach Wirtschaftsministerin Schmitt.