Titel Logo
Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ausgabe 29/2022
Hauptthemen
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Die Bilder der Katastrophe sind noch präsent

Retterinnen und Retter, Helferinnen und Helfer und Betroffene - sie alle fanden am Donnerstag im Kurpark zusammen



Ein Jahr nach der Flutkatastrophe fand eine Gedenkfeier im Kurpark statt

BAD NEUENAHR. (ang) Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 hat sich den Menschen im Ahrtal ins Gedächtnis eingebrannt. Die Ahr hatte sich in einen reißenden Strom verwandelt und Tod und Verderben über die Bewohner des Tals gebracht. 134 Menschen kamen bei der Katastrophe zu Tode, zwei werden immer noch vermisst. Jetzt fand die Gedenkveranstaltung zum ersten Jahrestag des schrecklichen Ereignisses im Kurpark in Bad Neuenahr statt.

Viele Betroffene und Helfer nutzten die Feier zum gemeinsamen Gedenken. An den versteinerten Mienen einiger Teilnehmer konnte man es sehen: Die Bilder der Katastrophe sind noch überaus präsent oder kamen im Verlauf der Gedenkfeier wieder zurück.

Die Gedenkveranstaltung hatte die Kreisverwaltung gemeinsam mit den betroffenen Kommunen auf die Beine gestellt, die Städte Bad Neuenahr-Ahrweiler und Sinzig sowie die Verbandsgemeinden Altenahr und Adenau.

Zu der Feier hatte sich auch Politprominenz aus Berlin angemeldet: Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesumweltministerin Steffi Lemke wohnten der Feier bei. Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer war bei der Gedenkstunde im Kurpark präsent.

„Die Dimensionen der Flut sind unfassbar“, so Landrätin Cornelia Weigand in ihrer Eröffnungsrede. Die beschauliche Ahr habe sich vor einem Jahr in ein Monster verwandelt, führte die Landrätin aus, die auch persönlich von der Flut betroffen war. Zwar sei der Aufbau in vollem Gange, doch vieles laufe zu langsam und zu bürokratisch.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer dankte den unzähligen Hilfskräften, die aus ganz Deutschland im Ahrtal geholfen haben. Sie standen und stehen ganz nah bei den Menschen entlang der Ahr.

Einen ganz besonderen Redebeitrag lieferte das Stadtoberhaupt von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen. Er ergriff das Wort stellvertretend für die Bürgermeister der flutbetroffenen Kommunen. „Zwiegespräch mit einer Seele“, nannte Orthen seinen Beitrag: „Ich hatte einen Namen, hatte Familie, Freunde, aber die Flut hat mich mitgenommen und 133 weitere. Sie hat mich mitgenommen, herausgerissen, mitten aus dem Leben.“

Orthen machte auch deutlich, wie die momentane Situation für die Menschen im Tal sei. „Die Solidarität war und ist immer noch unbeschreiblich.“ Es mache sich aber auch Müdigkeit breit. Zudem seien die Menschen mürbe oder auch wütend. Orthen: „Der Wiederaufbau geht langsam voran und nicht alles sei „schnell und unbürokratisch.“

Dennoch sei der Blick auf das, was gut läuft, oft verstellt von dem, was schlecht läuft. Es gebe viele Lichtblicke, dank der vielen Menschen im Tal, die ihre Heimat wieder aufbauen.

Redner und Teilnehmer der Gedenkfeier stellten sich zu einer Kette auf und verharrten in einer Schweigeminute.

Der besondere Moment: Es kamen auch Betroffene zu Wort. Alle schilderten ihre Erlebnisse der schlimmen Nacht und fassten ihre Gedanken in sehr emotionale, aufwühlende Worte. Diese Betroffenen haben ihre Erlebnisse vorgetragen: Dagmar Hoffmann aus Schuld, Monika Weber-Lambert aus Sinzig, Gisela und Ulrich Brand aus Bad Neuenahr und Michaela Sebastian aus Altenburg.

Den musikalischen und künstlerischen Rahmen der Gedenkfeier lieferten Stephan Maria Glöckner, Nadja Fingerhuth, die Rhein-Ahr-Spatzen, das Theater Feuervogel und Ingo Bracke.