Helmut Schmid machte klar: es gibt viele Facette, aber keinen hundertprozentischen Schutz.
AHRWEILER. TW. Im Rahmen der Vortragsreihe der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler referierte am Dienstabend Wasserbauingenieur Helmut Schmid über Facetten des Hochwasserschutzes. Dabei gab es am Ende wertvolle Tipps für die privaten Hausbesitzer im Ahrtal, die mit dem Wiederaufbau beschäftigt sind. Schmid machte aber auch die große Herausforderung deutlich, eine Wassermenge gemäß der aktuellen Berechnung eines sogenannten hundertjährigen Hochwasserereignisses (HQ100) schadlos durchs Ahrtal zu geleiten. Hierbei geht es um 491 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Zum Vergleich: in der Spitze der Flutkatastrophe (HQextrem) wurde von 1.200 Kubikmetern pro Sekunde ausgegangen.
Schmid steht in leitender Position im Ingenieurbüro Gebler in der Nähe von Karlsruhe. Das Büro hat die Wiederherstellung der Ahr im Bereich Bad Neuenahr-Ahrweiler geplant. Das Ahrtal kennt der Ingenieur von früheren Projekten. Gegenüber den rund 50 anwesenden Zuhörern referierte Schmid nicht nur über die Möglichkeiten des Hochwasserschutzes im Ahrtal, sondern über alle Facetten des Schutzes vor Wassermassen, unterteilt in integrierte, technischen und letztendlich den individuellen Hochwasserschutz. Was am Ende im Ahrtal umgesetzt wird, konnte Schmid nicht sagen.
Im Rahmen der genannten drei Säulen des Hochwasserschutzes befasst sich der integrierte Schutz mit dem Gewässerausbau und der Retention. Die Problematik in Bad Neuenahr-Ahrweiler: um ein HQ100-Hochwasser schadlos durchzuleiten, müsste die Ahr an vielen Stellen breiter oder die Uferbereiche höher sein. Die Bebauung verhindert aber oftmals die Verbreiterung, eine Erhöhung der Schutzsysteme wirkt sich vermindern auf die Lebensqualität der Menschen aus. Die große Aufgabe wird sein, überall die Kombination aus beidem zu finden. Zudem bedarf es weiterer Schutzmaßnahmen bei den Oberliegern, hier gibt es zum Beispiel Retentionsmöglichkeiten. Der Blick auf alte Landkarten zeigt: die Bebauung rückte mit der Zeit immer näher an die Ahr, die immer mehr eingeengt wurde. Die Folge: bei Hochwasser steigt das Wasser höher als früher, der Bedarf an angepasstem Gewässerausbau wird sehr deutlich.
Unter technischem Hochwasserschutz versteht der Fachmann Rückhaltebecken, wie sie an den Nebenflüssen der Ahr helfen könnten. Gleiches gilt für Talsperren, die im Tal aber kaum zu verwirklichen sein werden. Nach der Katastrophe von 1910 wurden solche noch geplant. Auch Deiche und Dämme sind technischer Hochwasserschutz, ebenso mobile Schutzwände. Es gilt: Hochwasserabgrenzungen müssen lückenlos sein, es bedarf durchgängigem Personalaufwand.
Individueller Hochwasserschutz, besonders für Private, steht auf drei Säulen: dem Ausweichen vor Wasser, also Bau auf Pfählen oder Stützen, dem Widerstehen durch Abdichten und anderer Bauvorsorge oder dem Anpassen, bei dem die Überschwemmung im Haus zugelassen wird. Einen hundertprozentigen Hochwasserschutz werde es jedoch nicht geben, so ein weiteres Fazit von Helmut Schmid. Wer jedoch aktiv für sich etwas tun möchte, kann in Ämtern, Ministerien oder Kompetenzzentren wertvolle Tipps erhalten. Schmid empfiehlt, im Internet nach „Bauvorsorge Hochwasser“ oder „Hochwasserangepasstes Bauen“ zu suchen.