Die künftige Kurparkbebauung.
BAD NEUENAHR. TW. Wenn im Mai 2026 die Kursaison in Neuenahr eröffnet wird, dann freuen sich die Menschen in der Konzerthalle über anspruchsvolle Musik, Kinder leihen sich gleich nebenan die neueste Jugendliteratur aus, Urlaubsgäste informieren sich im Haus des Gastes über aktuelle touristische Angebote und nehmen gleich noch eine Flasche Neuenahrer Heilwasser mit. Zukunftsgedanken, die aus der Sicht der Ahrtal- und Bad Neuenahr-Ahrweiler Marketing GmbH (ABMG) als Betreiber des Kurparks alles andere, als reines Wunschdenken sind. Am Montag gab der Stadtrat den Startschuss für die letzten Phasen der Realisierung der neuen Kurparkliegenschaften. Der Haupt- und Finanzausschuss hatte zuvor schon einmal seine einstimmige Empfehlung erteilt, nachdem Christian Senk zuvor das Finanzierungskonzept des am Ende wohl rund 26 Millionen Euro teuren Projektes vorgestellt hatte. Ein Projekt, dass neben dem Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe zum Tragen kommen soll. Der durch die Stadt zu finanzierende Anteil beträgt mit Blick auf das Konzept maximal 3,84 Millionen Euro, möglicherweise auch wesentlich weniger. Denn die vielen Förderbeine, auf denen das Projekt steht, sind noch längst nicht alle mit entsprechenden Bescheiden hinterlegt.
Dennoch haben Senk und sein Team ganze Arbeit geleistet, um eine Finanzierungsfähigkeit auf die Beine zu stellen und damit auf die Zielgerade eines Projekts, dass seit mehr als zehn Jahren in der Mache ist, einzuschlagen. Alle nötigen Fakten für einen Neubau sind jetzt geschaffen.
Ein Blick zurück: schon die AG Bad Neuenahr beschäftigte sich mit der Neuerrichtung der Liegenschaften. Als die Stadt dann im Jahr 2012 Park und weitere Gebäude übernahm, zeigte sich schnell: der vorhandene Bestand war nicht mehr sanierungsfähig. Einzige Ausnahme: die drehbare Konzertmuschel. Alles andere wurde abgebrochen, das renommierte Bonner Architekturbüro Pilhatsch und Partner mit der Planung neuer Liegenschaften beauftragt. Die Flutkatastrophe im Juli 2021 unterbrach die Planungen jäh, im Mai 2022 ging es bis zur Fertigstellung der Genehmigungsplanung weiter. Nachdem im März 2023 der Bauantrag gestellt wurde, muss der Stadtrat nun die Vergabe der weiteren Bauphasen beraten.
Der neue Gebäudekomplex ist dreiteilig, er soll das Haus des Gastes mit Tourist-Information, Ticketshop, Lesesaal oder Trinkhalle beherbergen. Ein Konzertsaal soll 480 Besuchern Platz bieten, zudem findet die Stadtbibliothek hier neue Räume. Es soll Kulturraum, Begegnungsraum und Raum für soziales Miteinander geschaffen werden.
Die Finanzierung steht auf vielen Füßen. Die ursprüngliche Baukostenberechnung aus dem Jahr 2019, die von 16,8 Millionen Euro ausging, ist dabei längst nicht mehr Basis. Die ABMG geht mittlerweile nicht mehr nur von mittlerweile errechneten 18,9 Millionen Euro aus, sie hat auch Baupreissteigerungen von fast fünf Millionen Euro sowie Bauherrenrisiken bedacht und kommt auf eine Summe von brutto 26,2 Millionen Euro, ohne besagte Risiken sind es 24 Millionen Euro. Im Einzelnen plant die ABMG mit 2,5 Millionen Euro aus dem Programm „Aktive Stadt“ im Hinblick auf die Konzerthalle. Das „Haus des Gastes“ kann der der Tourismusförderung des Landes mit maximal 4,25 Millionen Euro unterstützt werden. 500.000 Euro werden derzeit aus dem Förderprogramm „Investitionsstock“ veranschlagt. Auch der erfolgte Abbruch der alten Kurparkliegenschaften fließt in die Projektkosten ein, hier gab es eine Förderung von 690.000 Euro. Die bei der Flut zerstörten oder beschädigten Konzertmuschel, der „Große Sprudel“, die Tourist-Information und ein Teil des Kurparks, die in die Liegenschaft einfließen, sollen vom Wiederaufbaufonds mit 2,2 Millionen Euro gefördert werden. In Summe kalkuliert die ABMG mit einer Gesamtförderung von zehn Millionen Euro.
Zur weiteren Finanzierung tragen Erlöse aus Grundstücksverkäufen und Pachteinnahmen bei. Für die dann ehemalige Stadtbibliothek wird mit Pachteinnahmen von 1,24 Millionen Euro in 30 Jahren kalkuliert. Verpachtungserlöse aus Kurparkgastronomie sollen im gleichen Zeitraum 623.000 Euro erbringen. Ein zu veräußerndes, rund 7.000 Quadratmeter großes Grundstück wurde mit 2,24 Millionen Euro taxiert. Sollte hier eine Erbpacht-Lösung greifen, könnten es sogar 2,688 Millionen Euro werden. Die Verpachtung des Alten Rathauses Bad Neuenahr soll in 30 Jahren 2,35 Millionen Euro bringen. Städtische Grundstücke und Gebäude in der Nordstraße könnten für 638.000 Euro verkauft oder in Erbpacht für 765.000 Euro verpachtet werden. Für ein Grundstück unweit des Seta-Hotels werden Erlöse von 840.000 Euro bei Verkauf oder Erbpacht-Erträge von einer Millionen Euro angesetzt. Weitere 4,28 Millionen Euro setzt die ABMG durch zu erwartende Erlöse und Synergien. Hierunter fallen Mieteinnahmen der Gebäude an städtische Töchter und Einsparungen durch gemeinschaftliche Nutzung von Gebäudeteilen. Auch hier wurden 30 Jahre berechnet.
Unterm Strich verbleibt ein Eigenmittelbedarf von 3,84 Millionen, den der Stadtrat nun genehmigte. Findet die Stadt Mieter für die Erbpacht-Modelle, verringert sich der Eigenanteil auf 3,1 Millionen. In der Sitzung berichtete Senk von möglichen weiteren Steigerungen der Förderungen, die sich ergeben hätten. So könnte die Förderung beim Haus des Gastes von 4,25 auf fünf Millionen Euro steigen, bei Investitionsstock von 500.000 auf 2,4 Millionen Euro. Das sowie Erbpacht-Vermietungen vorausgesetzt, beliefe sich der Eigenanteil lediglich auf 500.000 Euro.