Vorstandsmitglied Guido Mombauer
Im Gespräch mit dem Verbindungsbüro für den Wiederaufbau an der Ahr sprach Guido Mombauer, Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Ahrweiler, über die Fortschritte des Wiederaufbaus und anstehende Herausforderungen.
Herr Mombauer, wie läuft der Wiederaufbau bei der KSK, wie stark waren Sie als Bank betroffen, konnten Sie sämtliche Baustellen schon abarbeiten?
Ein Drittel unserer Geschäftsstellen war betroffen: die Hauptstelle stand unter Wasser und eine Filiale wurde komplett von der Flut weggerissen. Die Gebäudeschäden belaufen sich auf mehr als zehn Millionen Euro. Die Funktionsfähigkeit der Bank stand zu keinem Zeitpunkt in Frage, wir konnten in den nicht betroffenen Geschäftsstellen alle Bankdienstleistungen für unsere Kunden, auch aus den Flutbereichen, anbieten.
Sehr schnell haben wir mittels provisorischer Lösungen die Bargeldversorgung und die Erledigung anderer finanzieller Angelegenheiten für unsere Kunden und die Menschen in den betroffenen Städten und Gemeinden sichergestellt. Inzwischen können wir die Hauptstelle wieder für den Kundenverkehr nutzen auch wenn die Wiederherstellungsarbeiten insbesondere im Kellergeschoß noch nicht abgeschlossen sind. Bei den meisten anderen unserer betroffenen Geschäftsstellen werden die Wiederherstellungsarbeiten aber noch Monate dauern - wenn nicht sogar noch länger. Auch hier gilt wie bei vielen anderen Betroffenen: Wiederaufbau ja, aber dann auch bedarfsgerecht und energetisch optimiert.
Wie schätzen Sie die allgemeine Situation ein Jahr nach der Flutkatastrophe ein?
Die Hochwasserkatastrophe ist immer noch Thema Nummer Eins und das wird wohl auch noch einige Zeit so bleiben. Es ist nicht alles wieder gut aber es ist auch nicht alles schlecht. Gemeinsam haben wir im Ahrtal in den vergangenen Monaten schon vieles erreicht. Es bleibt aber noch viel zu tun. Dies gilt für den Wiederaufbau der Infrastruktur und öffentlichen Einrichtungen ebenso wie den Aufbau von Betrieben und Privatleuten. Auf diesem Weg bleibt es wichtig, den Glauben und den Willen nicht zu verlieren. Hierbei wollen und werden wir unsere Kunden, die Menschen und die Region auch weiterhin unbürokratisch und bestmöglich unterstützen. Unterstützen heißt für uns nicht nur Bankdienstleistungen erbringen, sondern auch Zuhören und Helfen.
Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Situation?
Die Spendenbereitschaft und die Soforthilfen haben gerade in den ersten Tagen und Wochen nach der Flut den Betroffenen enorm geholfen und den Menschen ein Gefühl der Sicherheit gegeben. Nun, im Wiederaufbau ist es wichtig, die dafür benötigten Mittel schnell bereitzustellen, sei es aus Versicherungsleistungen oder aus dem Wiederaufbaufonds. Wir stellen fest, dass sowohl Private aber auch Gewerbetreibende sich gerade mit dem Antragsprozess bei den ISB-Hilfen schwertun und die Antragsstrecken aus Sicht vieler Betroffener nicht zufriedenstellend sind. Hier versuchen wir nicht nur durch Gespräche mit den Verantwortlichen zu vermitteln, sondern stellen - ähnlich wie mit unserem Sonderkreditprogramm oder der Möglichkeit zur Tilgungsaussetzung unmittelbar nach der Flut - schnell und unbürokratisch individuelle Überbrückungsmittel zur Vorfinanzierung der staatlichen Hilfen zur Verfügung, sodass der Wiederaufbau nicht ins Stocken gerät. Generell können wir keine grundlegenden Liquiditätsnöte feststellen.
Im Gespräch mit dem
Was ist Ihr Kenntnisstand: Wie läuft der Aufbau bei Privaten und Betrieben?
Nach meiner Wahrnehmung stark unterschiedlich. Es gibt jene, die den Wiederaufbau in großen Teilen abgeschlossen haben und bereits wieder in ihren Häusern wohnen bzw. ihre Geschäftsräume nutzen. Es gibt aber auch jene, die sich erst in den ersten Zügen des Wiederaufbaus befinden. Und es gibt diejenigen, die noch gar nicht wieder angefangen haben, auch nicht, weil sie z. B. noch auf Aussagen warten, ob, wann und wie sie ihr Haus wiederaufbauen dürfen. Darüber hinaus bremsen Genehmigungsverfahren den Wiederaufbau zusätzlich. Wir müssen darauf achten, die bürokratischen Hürden auf ein Minimum zu reduzieren. Die Genehmigungsverfahren sind der besonderen Situation anzupassen. Hier ist nicht mehr die Kreisebene gefragt, hier ist Landes- und Bundesrecht anzupassen.
Wo ist noch am meisten Unterstützung aus Ihrer Sicht erforderlich?
Das Ahrtal ist bekannt für guten Wein, eine ausgezeichnete Gastronomie und Hotellerie sowie als touristisches Nah- und Fernerholungsgebiet. Wir müssen möglichst schnell die Voraussetzungen schaffen, dass das Ahrtal wieder genau zu diesem Ort wird. Dazu zählt insbesondere die Wiederherstellung der entsprechenden Infrastruktur. Hierzu braucht es nicht nur klare, sondern auch verbindliche Zeitvorgaben. Gleichzeitig bedarf es eines touristischen Gesamtkonzeptes, welches sich nicht nur auf das Ahrtal konzentriert, sondern auch die touristischen Angebote im übrigen Kreisgebiet am Rhein, im Brohltal und der Grafschaft mit einbezieht. Ganz konkret brauchen wir funktionsfähige Radfahrwege, einen ÖPNV, der den Namen verdient und Angebote für Touristen, die Flutfolgen und die Beseitigung der Schäden bzw. den Wiederaufbau konkret kennen zu lernen. Wir müssen den Gästen die Angst nehmen, dass Tal zu besuchen. Gerade für die Kreisstadt wird es darüber hinaus wichtig sein, ihre Kompetenz in der medizinischen Versorgung wiederherzustellen. Wir müssen den Menschen im Ahrtal einen positiven Ausblick geben, sodass nicht nur das Angebot, sondern auch die Nachfrage nach entsprechenden Leistungen schnell wieder vorhanden sind.
Wie kann die Sparkasse helfen?
Seit über 155 Jahren gehört es zu unserem Selbstverständnis, dass wir uns für die Region und die Menschen verantwortlich fühlen. Dies impliziert, dann sofort und schnell zu helfen, wenn Hilfe vonnöten ist. Dies haben wir getan, sei es durch die Bereitstellung von Spenden, Finanzmitteln oder einfach durch ein offenes Ohr. Auch weiterhin werden wir die Menschen und die Region mit pragmatischen Lösungen unterstützen. Gleichzeitig werden wir, wann immer möglich, unsere Hilfe und Expertise einbringen, sei es als Finanzierer, Investor, Sponsor oder Projektentwickler. Wir haben bereits verschiedene Rollen beim Wideraufbau übernommen und werden uns auch weiterhin aktiv in den Wieder- und Neuaufbau einbringen. Wir setzen uns für das ein, was im Leben wirklich zählt: für die Menschen, für die Region, für uns alle - weil’s um mehr als Geld geht.
Ihre Prognose: wie entwickelt sich das Tal in den kommenden drei Jahren?
Das Leben kehrt so langsam ins Ahrtal zurück. Dies zeigt sich zum Beispiel an wieder stattfindenden Events und Weinfesten ebenso wie an der Wiedereröffnung erster Gasthöfe, Restaurants oder Nahversorgungsangebote. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass wir in drei Jahren ein gutes Stück weiter sein werden, als wir das heute sind - das muss aber auch so sein. Sicherlich werden auch dann noch nicht alle Baustellen abgearbeitet sein - dafür ist die Zerstörung einfach zu erheblich - es wäre aber schön, wenn sich bis dahin das Ahrtal wieder in großen Teilen dahin entwickelt hat, wofür es bekannt war: Tourismus, Gastronomie, Hotellerie und zahlreiche Gäste aus Nah und Fern anlockt. Dies würde der gesamten Region guttun. Wir haben jetzt eine großartige Chance, die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen. Wir werden vieles anders und neugestalten, aber es gilt auch Bewährtes und Traditionelles zu pflegen. Wir richten den Blick hoffnungsvoll nach vorne. Durch gemeinsames Handeln werden wir diese Situation bewältigen können. Unsere wunderschöne Heimat ist alle Anstrengung wert!