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Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ausgabe 31/2023
Aktuelles
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Der Einsatz beginnt nach dem eigentlichen Einsatz

Günter Raschke (r.) und Ralf Hoffmann am Atemschutzprüfgerät.

Die neuen hauptamtlichen Gerätewarte der Kreisstadt-Wehren haben alle Hände voll zu tun

BAD NEUENAHR. TW. Im Jahr 2020 hatten die sieben kreisstädtischen Wehren rund 200 Einsätze, 2020 waren es bereits 440 und nach dem ersten Halbjahr 2023 hat Stadtwehrleiter Marcus Mandt bereits 300 Einsätze mit rund 1.800 Einsatzstunden notiert. Kein Wunder, dass die Wehren im reinen Ehrenamt nicht mehr hinkommen. Seit 1. Januar stehen daher zwei hauptamtliche Wehrleute auf der Gehaltsliste der Stadtverwaltung. Über mangelnde Arbeit können sich die beiden nicht beklagen.

Eigentlich sind es sogar drei Hauptamtler, denn auch der Wehrleiter beschäftigt sich im Rathaus ausschließlich mit dem Thema Feuerwehr. Aktuell gilt es, neue Gebäude in Ahrweiler und Heppingen zu planen, vor allem aber muss der Bestand aufgefüllt werden. Hier kommt Mandt die Hilfe und Zuarbeit seiner beiden Hauptamtlichen zugute. Günter Raschke, der seit 37 Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Heimersheim ist und Ralf Hoffmann, der im Jahr 1989 dem Löschzug Bad Neuenahr beitrat, sind so etwas wie ständige Gerätewarte. Eigentlich fahren diese nicht zu den Einsätzen raus, betrifft es aber ihre eigenen Löschzüge, dann geht das Ehrenamt vor. Für Raschke und Hoffmann beginnt der Einsatz aber normalerweise nach dem Einsatz ihrer Kameraden. Dann sammeln sie alles genutzte Material ein und bereiten es für den nächsten Einsatz vor. Eine vielschichtige Aufgabe, wie beide berichten.

„Es geht zum Beispiel darum, die 27 Fahrzeuge der sieben Löschzüge und -gruppen instand zu halten, TÜV-Abnahmen und Hauptuntersuchungen müssen vorbereitet werden, ebenso sind Sicherheitsprüfungen, Reparaturen oder Wartungen durchzuführen oder vorzubereiten“, erzählt Günter Raschke. Viel Zeit verbringen die beiden in der Atemschutzwerkstatt am Bad Neuenahrer Spritzenhaus. Nach jedem Einsatz eines Atemschutzgerätes muss das Gerät komplett gereinigt, desinfiziert und die Funktion geprüft werden. Das dauert pro Gerät zwischen 15 und 20 Minuten lang. „In drei Jahren hat das Prüfgerät 5.500 Prüfungen dokumentiert“, macht Marcus Mandt die hohe Belastung an einem Beispiel deutlich.

Überhaupt wird nach einem Einsatz alles Benutzte eingesammelt. Jeder Schlauch, der zum Einsatz kam, wird geprüft, gereinigt und getrocknet, ehe er wieder aufs Fahrzeug darf. Die sieben kreisstädtischen Wehren wissen rund 1.000 Schläuche ihr Eigentum. Aber auch die Einsatzkleidung will wieder sauber sein. Dafür hat die Stadt eine Industriewaschmaschine samt Trockner angeschafft. „60 komplette Garnituren schaffen wir so an einem Tag zu reinigen“, sagt Ralf Hoffmann. Am nächsten Tag ist die Ausrüstung wieder im Spritzenhaus. So schnell schaffen es die örtlichen Reinigungen in der Regel nicht, zudem spart die eigene Reinigung der Wäsche Geld. Unterstützung erhalten die beiden Hauptamtlichen durch die Gerätewarte der einzelnen Wehren, die beispielsweise nach einem Einsatz im Wald oder Feldflur Grobreinigungen an den Fahrzeugen vornehmen. Eigentlich sollen die Freiwilligen aber durch die Übernahme der Reinigungsarbeiten entlastet werden, alles schaffen Hoffmann und Raschke aber auch nicht.

Denn es gibt aktuell ein immer breiter werdendes Spektrum an Aufgaben für die Wehren. Wehrleiter Marcus Mandt erinnert nur an die Einsätze während der Pandemie und natürlich im Nachgang zur Flutkatastrophe vom Juli 2021. Er nennt aber auch Schlagworte wie Wärmeinseln, Gasmangellage oder vermehrte Stromausfälle, die die Wehren beschäftigen. „Das Material wird immer mehr und es wird viel öfter gebraucht als früher, ist also weitaus höher belastet“, so Mandt.

Neben dem Tagesgeschäft haben Raschke und Hoffmann aber noch eine ganz andere Aufgabe, die sie der Flut zu verdanken haben: Es geht um die Aufarbeitung des Bestandes, vor allem durch den Verlust des Ahrweiler Spritzenhauses. Die beiden sind damit beschäftigt, sämtliches Material aller sieben Wehren aufzunehmen. Noch ist zum Beispiel viel Material aus Ahrweiler eingelagert, es wurde nach der Bergung noch kaum inspiziert. Alles muss dokumentiert werden, was ist noch da, was ist weg? Es gab zwar Inventarlisten, die aber hat die Flut auf dem Ahrweiler Spritzenhaus mitgerissen. Und auch in Bad Neuenahr waren viele Listen im Keller des Rathauses gelagert und wurden ebenfalls vom Wasser zerstört. Zudem sind in den Spritzenhäusern in Ahrweiler und Bad Neuenahr Materialien des Kreises Ahrweiler eingelagert. Nach der Flut wurde alles benutzt und vermischt. Jetzt gilt es, das Material wieder nach Bestand des Kreises und der Stadt zu trennen. Es gehe insgesamt um eine fünfstellige Anzahl von Einzelteilen bei allen Wehren, so die Schätzung und Mandt. Wenn irgendwann einmal alles aufgenommen sein wird – der Wehrleiter schätzt eine Dauer von zwei bis drei Jahren – dann geht es in einem nächsten Schritt daran, das Inventar digitalisiert aufzunehmen. „Dann wird jedes Teil mit einem Barcode beschriftet. Viel Arbeit, aber danach geht vieles leichter“, sagt Günter Raschke.