In Bad Neuenahr war der Shopping-Abend kein Publikumsmagnet.
In Ahrweiler wurde die Niederhut-Baustelle kurzerhand zum Beach-Club umgewidmet.
BAD NEUENAHR-AHRWEILER. TW. Das ohnehin schwer angeschlagene „Pflänzchen Einzelhandel“ bedarf im Wiederaufbau nach der Flut vom Juli 2021 ganz besonderer Pflege. Um die ist die Gewerbegemeinschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler in der Kreisstadt sichtlich bemüht. Eine der wiederkehrenden Aktionen: Shopping Genuss Abende an Donnerstagen. Dann sollen die Geschäfte bis um 21 Uhr Kunden mit ganz besonderen Angeboten anlocken. Das Thema ist jedes Mal ein Neues, Summerfeeling hieß es am Donnerstag vergangener Woche. Immerhin: das Wetter spielte mit, auch wenn es ein wenig drückend war. Aber für einen langen Sommerabend schien alles optimal gerüstet. Doch wie vertragen sich Einkaufsspaß und direkter Wiederaufbau? Denn aktuell regieren in zwei der wichtigsten Einkaufsstraßen der Kreisstadt die Bagger, dort trübt Staub die Luft und es gilt, Absperrungen zu umkurven. Zweigeteilt ist die Baustellensituation in Bad Neuenahrs wichtigster Einkaufsstraße, der Poststraße. In Ahrweiler ist durch den Wiederaufbau immerhin ein Teil der Niederhutstraße Großbaustelle. Auch die gehört in historischen Stadtkern der westlichen Kreisstadt zu den herausragenden Einkaufsbereichen. In beiden Straßen liegen die Nerven der Händler blank.
Vorweggenommen: unterschiedlicher als in den Zentren von Ahrweiler und Bad Neuenahr hätte der Shopping Genuss Abend am Donnerstag nicht verlaufen können. Kurz vor 19 Uhr herrschte in Bad Neuenahrs Baustellenumgebung kaum mehr Aktivität. In der südlichen Poststraße hatte so gut wie kein Geschäft geöffnet. Dort stehen ohnehin noch viele Ladenlokale leer. „Closed“ war an den Türen zu lesen, nur die Gastronomie lud ein und hatte zu tun. So richtig voll war es aber auch in Restaurants, Cafés und Kneipen nicht, obwohl doch aktuell die Deutschen Tennismeisterschaften der Senioren stattfinden. Das sah in früheren Zeiten schon wegen der Sportler ganz anders aus. Eine Asiatin, die ein Nagelstudio betreibt, sagte, sie habe gar nichts vom Shoppingabend gewusst. Ein Neuenahrer Bürger, der seinen Namen nicht nennen wollte, hatte lediglich im Stadtteil Ahrweiler erhöhte Menschenmassen festgestellt, bescheinigte Bad Neuenahr aber „Tote Hose.“ In der nördlichen Poststraße waren Sonnenliegen belegt, dort genossen die Menschen coole Drinks. Bei näherem Hinsehen zeigte sich, es waren Inhaber und Personal der wenigen geöffneten Geschäfte. Plattenkiste, Elfleur und Dreams hatten geöffnet, sich viel Mühe gegeben. Alles war geschmückt, Musik erklang, aber nur wenige Menschen kamen. „Wir werden durchhalten“, rief Hugo Heinzen von der Plattenkiste Parolen aus. Gewundert hatte er sich, dass erst kurz vor Beginn des Abendshoppings die Bauzäune vor den Geschäften weggeräumt wurden. Wie in der Poststraße sah es in ganz Bad Neuenahr aus. Das Moses-Parkdeck zeigte 375 freie Parkplätze an, also mehr als 90 Prozent. Vor besagtem Kaufhaus beschallte ein Discjockey überwiegend leere Sonnenliegen und sah das Problem im parallel stattfindenden Ahrweiler Musiksommer.
Mit dieser Einschätzung könnte er richtig gelegen haben, denn zum Konzert von „Stingchronicity“ war der Marktplatz in Ahrweiler richtig voll. Das waren aber auch die Einkaufsstraßen nebst Geschäften und Gastronomie. Selbst die Baustelle in der Niederhut störte nicht. „Die Geschäfte in der Baustelle freuen sich auf ihren Besuch“, machte ein Schild deutlich. Bell‘s Genusshof meldete ausverkauftes Haus, im Jägerhof tanzte das Personal mit den Baggern und vor dem „Brettspielheld“ saßen die Menschen mitten in der Baustelle und genossen Sommerdrinks. „Niddehöde Beach“ taufte Händler Alexander Petkovski die temporäre Strandbar. An der Baustelle schien sich niemand zu stören.