In Windeseile entstand in Marienthal das Freundschaftshaus für die Dorfgemeinschaft.
Den Richtspruch mit Rotwein gab es von Günter Enßlin (Mitte).
Donau-Ries-Landrat Stefan Rößle (r.) überreichte Rolf Schmitt noch 4.000 Euro für die Inneneinrichtung.
MARIENTHAL. Viel Applaus gab, als am Marienthaler Freundschaftshaus Richtfest gefeiert wurde: Applaus für die Erbauer und Spender, Applaus für die Festredner, Applaus für die, die noch weitere Geschenke brachten. Langanhaltende Ovationen aber gab es für Rolf Schmitt. Er treibt den Ort seit Tag eins nach der Flutkatastrophe vor Jahresfrist voran und schlägt dabei aus der Sicht vieler Marienthaler mit seinen Ideen immer die richtige Richtung ein. Egal ob klimabewusstes Heizen durch Nahwärme oder Verlegung der B267, Zusammenführung des kleinen Dorfes unter nur noch eine Kommunalverwaltung oder aber ein Dorfgemeinschaftshaus für den 100-Seelen-Ort. Schmitt geht voran und alle gehen mit.
Am Freitag vergangener Woche war wieder einmal ein Schritt gemacht. Das Freundschaftshaus steht, das Richtfest konnte gefeiert werden. Im Oktober vergangenen Jahres gab es erste Ideen, im April den Spatenstich, jetzt das Richtfest. „Einfach ‚Machen’ und nicht lange auf die Gremien warten“, sei die richtige Devise bei der Umsetzung gewesen, zollte Gregor Sebastian als Noch-Teilortsvorsteher von Marienthal Schmitt Lob. Noch bevor die Verwaltungen wieder ans Laufen kamen, stand die Planung des Hauses. Nur auf die Baugenehmigung musste man warten, was den Spatenstich beinahe gefährdet hätte. Großer Finanzierungs- und Haushaltsberatungen bedurfte es nicht, denn das Haus war ein Geschenk. Schon kurz nach der Flut hatte sich der nordschwäbische Landkreis Donau-Ries Marienthal angenommen und gehörte lange zu den Helfern aus dem gesamten Land. Als man abends zusammensaß, kam die Idee einer Dorfgemeinschaftshütte auf, die man für Marienthal errichten könnte. „Wer uns aber kennt, der weiß, dass es nicht bei einer Hütte bleibt“, sagte Landrat Stefan Rößle (CSU) beim Richtfest am Wochenende. Das Holzhaus war im Schwabenland teilgefertigt und vor Ort zusammengesetzt worden. Es ist 14 Meter lang und zehn Meter breit, unter der Leitung des Möttinger Zimmerei-Inhabers Günter Enßlin entstanden in der Berufsschule in Donauwörth die Deckenelemente. Ursprünglich sollte dort das ganze Haus entstehen, baut doch die Berufsschulklasse der Zimmerer jedes Jahr ein kleines Häuschen. Da kam die Idee auf, ein Häuschen in etwas größerer Form für die Leute in Marienthal zu bauen, sagte Ideengeber Ulrich Wenger. Die Dimensionen wuchsen aber über die Kapazitäten der Berufsschule hinaus, Enßlin konnte für das Projekt "Freundschaftshaus" zusätzliche Zimmereien gewinnen. „Aus Konkurrenten wurden Partner“, freute sich Landrat Rößle über eine der vielen neuen Freundschaften, die die Flut brachte.
Vor Ort Marienthal war Enßlin seit Montag mit dem Aufbau beschäftigt, unterstützt durch einen weiteren Zimmermeister, einen Kollegen aus der eigenen Möttinger Zimmerei, sowie acht der Lehrlinge aus Donauwörth. „Für die ist es ein einmaliges Erlebnis“, sagte er und sprach vom Dach einen langen Richtspruch, bei dem er mit gleich drei Gläsern Ahr-Rotwein auf alle Mithelfenden anstieß.
Voll des Lobes über das Vorangehen des kleinen Dorfes Marienthal waren die Festredner am Freitag. Ralf Schmitt bezeichnete die künftige Versorgung Marienthals mit bereits verlegten Leitungen für Glasfaser, Straßenbeleuchtung, Strom und Wasser als Zukunftsgarantie für den Ort. Der Leiter des Verbindungsbüros kommunaler Wiederaufbau, Thomas Weimer, sieht in dem neuen Haus ein Symbol von Solidarität, Menschlichkeit und Hilfe: Marienthal sei dank der vielen weiteren Projekte für mögliche kommende Krisen gut aufgestellt, sagte er. Als ein erstes Zukunftsthema eines zukunftsfähigen Dorfes sieht Ahrkreis-Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) das Freundschaftshaus. Die Feier am Freitag sah sie mehr als ein Richtfest des Neuanfangs im Ahrtal. Ihr besonderer Dank galt des Donau-Ries-Kreis mitsamt der Berufsfachschule Nördlingen für das Geschenk und die Umsetzung. Deren Landrat Stefan Rößle als Schirmherr des Projekts wollte seine Freude über die große Unterstützung in seiner Heimat ebenfalls nicht verbergen. „Das Projekt macht stolz“, so Rößle. Für den Altenahrer Verbandsbürgermeister Dominik Gieler (parteilos) ist das Freundschaftshaus bei allen Problemen, mit denen das Ahrtal zu kämpfen habe, ein Zeichen, dass es weitergehe. „Es wird hier in X-Jahren schöner sein, als vorher“, so Gieler.
Für die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler blickte der Erste Beigeordnete Peter Diewald in die Zukunft, in der sich die Gremien der Kreisstadt mit der Zusammenführung von Marienthal unter eine Kommunalverwaltung befassen wollte. Eine Befragung der kreisstädtischen Einwohner des Ortes solle Grundlage sein. Ohne dem Rat und den Ausschüssen vorzugreifen, ließ Diewald durchblicken, dass es hier wohl zu einer großen Zustimmung kommen könnte. Derweil hofft Ortsbürgermeister Alfred Sebastian aus Dernau zusammen mit Ortsvorsteher Gregor Sebastian aus Walporzheim, dass das neue Freundschaftshaus schnell mit Leben gefüllt werde.