Am "Walbeze Backes" wurde Richtfest gefeiert.
Noch zum Jahreswechsel sah es an den verbliebenen Resten des Backes trostlos aus.
WALPORZHEIM. Auch in Walporzheim werden immer noch Flutschäden beseitigt. Es droht in dem kleinen Weinort noch immer der Abriss einzelner Häuser. Es wird noch eine provisorische und damit temporäre Brücke ins Heckenbachtal die dortige Ahrquerung ersetzen. Es sind immer noch Relikte der riesigen Deponie am Ortsausgang in Richtung Marienthal vorhanden, wo noch jede Menge Schutt bis hin zu einem Autowrack entfernt werden muss. Da ist es jedes Mal ein Lichtblick, wenn eine neue, auch noch so kleine Stufe im Neu- oder Wiederaufbau erklommen werden kann. So ist es nicht verwunderlich, wenn Ortsvorsteher Gregor Sebastian am gestrigen Mittwoch von einem wichtigen Zeichen für die Bevölkerung Walporzheims sprach. Da nämlich wurde Richtfest am Backes gefeiert.
Das kleine Backhaus in Schlagdistanz zur Ahr war in der Flutnacht schwer beschädigt worden, Seitenwände waren herausgerissen, der Anbau mit Toiletten völlig verwüstet wurden. Aber der Ofen, das Kernstück des keines Hauses, hatte die Flut relativ unbeschadet überstanden. Hier wurden vor dem 14. Juli 2021 regelmäßig Brote gebacken. Drei Walporzheimer Gruppen kamen in schöner Regelmäßigkeit ins Backes, befeuerten den Ofen und dann wurde gebacken. Zumeist für den Eigenbedarf und für Freunde und Bekannte. Eine Bäckerei im Ort gab es nicht und zumindest in diesen Gruppen freute man sich regelmäßig über das frisch duftende und lecker schmeckende Backesbrot. Damit war es nach der Flut vorbei.
Einen ersten Lichtblick hinsichtlich des Erhalts des für den Ort so wertvollen Backes gab es für Ortsvorsteher Gregor Sebastian anlässlich einer Ortsbegehung mit dem damaligen Vor-Ort-Beauftragten der Landesregierung, Günter Kern. Am Backes angekommen machte Kern dem Ortsvorsteher klar, dass das Backes schon aufgrund des stehengebliebenen Ofens durchaus seine Berechtigung habe, am gleichen wieder aufgebaut zu werden. Kern sprach vom Bestandsschutz, auch wenn das Bauwerk innerhalb des von der SGD Nord definierten vorläufigen besonderen Gefährdungsbereichs liege. Um das Gebäude kümmern konnte sich aber keiner der Walporzheimer so richtig, schließlich waren alle, die sich vor allem ehrenamtlich für die Bevölkerung einbringen, mehr oder weniger stark von der Flut betroffen und hatten in ihren privaten Bereichen genug zu tun.
Wie vielerorts an der Ahr, kam die Hilfe von außerhalb, im Fall des Backhauses aus Köln. Im Zuge der Ahrtalhilfe lernte Gregor Sebastian den Kölner Wolfgang Schmitz von der Karnevalsgesellschaft der Prinzengarde kennen. Die hatte hunderte große Haushaltsgeräte, sogenannte „weiße Ware“ gekauft, um diese im Ahrtal an Bedürftige zu verschenken. Vieles davon wurde Schmitz in Walporzheim los, Sebastian half ihm dabei. Man wolle noch mehr für den Ort tun, sagte Schmitz. Gemeinsam sah man sich das Backes an, Schmitz stellte den Kontakt zu Bauunternehmer André Klein her. Beide machten dem Ortsvorsteher und Backeswart Theo Monreal gegenüber klar: „Wir bauen Euch das Backes wieder auf.“
Genau das passiert derzeit. Analog des einstigen Backes wurde das Haus neu aufgebaut, Wände gemauert, Boden gegossen, Zimmerarbeiten wie der Bau einer Zwischendecke erledigt. Derzeit wird das Dach gedeckt, höchste Zeit fürs Richtfest, dass am Mittwoch vergangener Woche gefeiert wurde. André Klein kündigte da schon die nächsten Schritte an: Türen und Fenster sind im Zulauf, der Innenputz wird folgen, Wasseranschlüsse werden gelegt. Bald können die Außenarbeiten angegangen werden, in deren Zuge auch die bei vielen Feiern stark frequentierte Freifläche hinter dem Backes wieder hergerichtet wird. Mittlerweile hat sich auch ein Ofenbauer aus der Region gefunden, der den Backesofen im Ehrenamt auf Herz und Nieren prüfen wird und mögliche Beschädigungen reparieren will. Er kommt nicht alleine, sondern gleich mit einem Kaminbauer, um auch den fachmännischen Wiederaufbau des Rauchabzugs zu gewährleisten. Schon bald kann in Walporzheim also wieder gebacken werden.
Das Backes erfüllt aber noch viele andere Funktionen. Direkt am Ahrtal-Radweg gelegen, veranstalteten hier viele örtliche Vereine ihre Sommerfeste. Auch nach der Gestaltung der Dorfmitte als Festplatz änderte sich das nicht, denn am Backes hielten viele der am Wegesrand zufällig vorbeikommenden Radler oder Wanderer an und nutzten die Gelegenheit zu einer Einkehr. Das wiederum spülten den Gastgebern die für das Vereinsleben so notwendigen Gelder in die Kasse. Auch das Martinsfest wurde am Backes gefeiert. Hier wurden die Walporzheimer Ditzen, also die Weckmänner, an die Kinder und die Preise der Martinsverlosung ausgegeben. Schon in diesem Jahr könnte das wieder so sein.