Dr. Christoph Freudenhammer legte letzte Hand vor der Wiedereröffnung in Ahrweiler an, muss aber das Dialysezentrum Adenau schließen.
AHRWEILER. TW. Gute Nachrichten für Patienten mit Nierenerkrankungen in Bad Neuenahr-Ahrweiler: die bei der Flutkatastrophe schwer getroffene nephrologische Praxis und das Dialysezentrum an der Walporzheimer Straße haben seit Montag wieder geöffnet. Alle 28 Dialyseplätze, die vor der Katastrophe vorhanden waren, sind wieder neu aufgebaut, die Praxis wurde komplett neu eingerichtet. Aber es gibt auch schlechte Nachrichten: in den ebenfalls zur DaVita Rhein-Ahr GmbH gehörenden Zentren in Remagen und Adenau wird es gravierende Veränderungen und Einschränkungen geben. Mit der Wiedereröffnung in Bad Neuenahr-Ahrweiler wird das Zentrum in Adenau ganz geschlossen, in Remagen wird das Angebot gekürzt.
Dr.med. Christoph Freudenhammer sieht derzeit keine andere Möglichkeit, denn ein großer Teil des Personals hat das Zentrum verlassen. Wo einst bis zu 40 Angestellte tätig waren, sind es aktuell nur noch 20. Die beiden Jahre nach der Flutkatastrophe haben deutliche Spuren hinterlassen und die Mitarbeiter Tag für Tag bis aufs Äußerste gefordert. Hinzu kamen Kostensteigerungen um bis zu 40 Prozent, aber kaum Einnahmensteigerungen, da die Vergütungen in den vergangenen zehn Jahren annähernd gleichblieben. Wo in anderen Berufsgruppen auf die Inflation und ihre Effekte reagiert wurde, ist dies im Markt der Nierenersatztherapie lauf Freudenhammer kaum möglich. „Es gibt keine Reaktionen bei Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigung, das Thema wird negiert“, so der Mediziner.
Dabei hätten gerade die Mitarbeiter im Ahrkreis in den beiden Jahren nach Corona und Flut übermenschliches geleistet. Freudenhammer erinnert sich an den 14. Juli 2021, als er auf einem Kongress in Neuss war und nachts plötzlich 30 versuchte Anrufe auf dem Smartphone feststellte. Als er ob des noch unbekannten Ausmaßes morgens abreiste, waren die Mitarbeiter nicht erreichbar, das Telefonnetz im Ahrtal war ausgefallen. Allmählich gab es Infos, das Zentrum in Ahrweiler war zerstört, in Remagen war kein Strom. Auf Umwegen fuhr er nach Adenau, da funktionierte alles, aber die Patienten waren nicht zu erreichen. „Aber die mußten versorgt werden, an dem Tag rund 70, von denen 40 akut an die Dialyse mussten. Und noch ein Problem: an die digital gespeicherten Patientenakten war nicht zu kommen, jeder Patient bringt andere Voraussetzungen mit. Der Arzt hatte doppeltes Glück, eine neue Mitarbeiterin wohnte in Koblenz, war erreichbar und hatte, um die Patienten zu studieren, Hardcopys aller Patienten ausgedruckt und immer dabei. „Wir haben versucht, alle zu dialysieren, die wir kriegen konnten, bei der Suche halfen Angehörige, aber auch Taxiunternehmen. Oft haben wir die Patienten selbst geholt, weil Taxiunternehmern die Flotten in der Flut weggeschwommen waren, manchmal brachten und Polizei oder THW die Leute, es war Ausnahmezustand“, so Freudenhammer.
Nach einem Tag lief Remagen mit seinen 14 Betten wieder, nach einer Woche war auch der letzte der knapp 100 Patienten aufgetaucht, die teilweise weit weg in Krankenhäuser verteilt worden waren. Durch die Flut sei kein Hämo-Dialysepatient verloren gegangen, in der Folge durch Infektionen oder ähnliches leider schon. Noch heute kommen traumatisierte Menschen in die Behandlung, die nach Meinung Freudenhammers keine Hilfe erhalten. Noch heute würden die Mitarbeiter täglich „Betten-Tetris“ spielen, um alle Behandlungen zu planen. „Eine irre Belastung“, so der Arzt. Hinzu kam ein Jahr der Trocknung in Ahrweiler, danach gab es Material- und Handwerkerengpässe. Jetzt steht das Zentrum wieder.