Pfarrer Dr. Arno-Lutz Henkel mit einem Teil der Kunstinstallation
Zwei Projektoren kreuzten Lichtbilder in den Altarraum
HEIMERSHEIM.GW. Es ist ungewöhnlich, beim Betreten einer Kirche eine im Achtoval fahrende, ratternde Modelleisenbahn zu erblicken, doch genau das erwartete Gäste kürzlich in der Sankt-Mauritius-Kirche, wo eine orangene Rangierlokomotive unermüdlich ihre Runden drehte. Zusammen mit einer Doppelprojektion von Videoaufnahmen aus verschiedenen Perspektiven der Lok in den Altarraum präsentierte Ingo Bracke einen Teil seines Projektes und partizipativen Licht- und Performancefestivals entlang der Ahr, "LichtBlicke: Ahrtal".
Der Künstler konnte krankheitsbedingt nicht teilnehmen, stattdessen erläuterte Pfarrer Dr. Arno-Lutz Henkel dem Publikum Künstler und Objekt. Der 1972 in Bad Neuenahr geborene Bracke absolvierte eine Lehre als Maler und Lackierer an der Meisterschule für Handwerker in Kaiserslautern, ein Studium der (Innen-) Architektur in Kaiserslautern, Hannover und Barcelona, sowie Bildhauerei in Bratislava, war Meisterschüler für Szenografie und Bühnenbild an der HfbK Dresden und Meisterschüler für Audiovisuelle Kunst an der HBK Saar. Bracke arbeitet spartenübergreifend als (Innen-) Architekt, Ausstellungsgestalter, Bühnenbildner, Kurator, Installations- und Konzeptkünstler. Sein wichtigstes Medium sind Orte, historische Bausubstanz und Naturräume, die er vor allem durch Licht und Klang in temporäre Kunstwerke überführt und so die ihnen innewohnenden Themen und Fragestellungen zum Klingen und Leuchten bringt.
Über "LichtBlicke: Ahrtal" sagt Bracke: „Das Lichtfestival soll Mut machen und den Menschen Freude schenken. Mit Kindern und Jugendlichen werden in traumasensiblen Workshops farbig leuchtende Bilder erarbeitet, deren lebensfrohe Botschaft sich auf die zerstörten Uferlandschaften legt. Licht und Farbe haben das Potential, unsere Sichtweisen zu verändern, um Momente des Aufatmens zu ermöglichen: "Lichtblicke für das Ahrtal" reist mit performativen LichtKunstStationen das Flusstal entlang und transformiert es künstlerisch. Ausgehend vom Arp-Museum Bahnhof Rolandseck, wandert der Lichtstrom entgegen der Fließrichtung des Wassers erst zur Mündung der Ahr und weiter talaufwärts Richtung Kreuzberg.
Henkel betonte über das in der Mauritiuskirche, die zusätzlich im Hauptschiff illuminiert war, installierte Objekt: „Videoprojekte dieser Art sind ohne Entwicklung der Fotographie und des Films nicht denkbar... Gerade Videoinstallationen führen zur Gleichberechtigung von Künstlern auf der einen Seite und Betrachtern auf der anderen... Denn Fotos und Videos sind beiden frei zugänglich".
Henkel wies auf die Verarbeitung alltäglicher Dinge mit künstlerischen Mitteln hin. „Etwas, was einem nicht fremd ist, nicht spektakulär ist, mit neuen Betrachtungsweisen sehen. Das ist eine Plug-Play-Installation. Sie wird aufgebaut und eingeschaltet. Die Eisenbahn fährt in einer umgedrehten Acht, in einem Unendlichkeitssymbol. Sie hat aber auch die Möglichkeit, permanent im Kreis zu fahren."
Henkel wies auf die Symbolik zweier ineinander verbissener Schlangen hin. „Bracke führt mit seinen Videos eine Perspektivverschiebung durch. Mithilfe zweier Projektoren knüpft der Künstler an die Kreuzung an, die sie bereits von der Eisenbahn kennen. Eine Bewegung wird umgekehrt. Die Kreuzungspunkte sind in vielerlei Hinsicht empfindlich."
Henkel betonte, dass jeweils für acht Minuten das Kirchenglockengeläut zu hören sein wird, in Anlehnung an das 800-Jahre-Jubiläum von Sankt Mauritius. „Jede Minute steht für 100 Jahre Kirchengeschichte.“