Der Heimatverein Alt Ahrweiler e.V. möchte sich in einer losen Folge dem Ahrweiler Markt widmen. Erzählt werden soll die Geschichte der einzelnen Gebäude und ihrer architektonischen Besonderheiten, aber auch die Geschichtchen zu Häusern und Menschen, die dort lebten, soll nicht vergessen werden.
Sollten Ahrweiler Bürger alte Bilder besitzen und über Wissen zu den Häusern verfügen, wäre der Heimatverein sehr dankbar, wenn diese sich an Karl Heinen (Tel. 36076, Mobil 0160/1714841) wenden würden.
Einleitung: „Zur Topographie des Ahrweiler Marktplatzes“ von Hans-Georg Klein
Der Marktplatz in Ahrweiler lag auf Prümer Herrenland unmittelbar am Zusammenstoß der vier Hauptstraßen, die von den vier Stadttoren ausgehen (siehe Plan). Es ist schwierig, sich ein genaues Bild über das Aussehen und die Bebauung des mittelalterlichen Marktes zu machen. Eine wissenschaftliche Auswertung des aus dem 14. Jahrhundert stammenden Grundbuches der Stadt Ahrweiler ist noch nicht erfolgt und würde bestimmt neue Erkenntnisse bringen.
Der mittelalterliche Marktplatz war im Osten durch die Judengasse (heute Niederhutstraße) begrenzt. Er begann am heutigen Marktplatz Nr. 24 (Niederhutklause 2.0). Die südliche Begrenzung war und ist die Häuserzeile, beginnend mit dem Haus Marktplatz Nr. 1 (frühere Laurentiusapotheke) bis Nr. 7 (I-Tüpfelchen). Westlich standen das Haus Schopp Marktplatz Nr. 8 (heute Antiquariat Huste/Morassi) und das Gasthaus Zum Stern Nr. 9. Die nördliche Begrenzung ist heute nur noch durch das Mäuerchen der Blumenanlage vor der Kirche zu erkennen. Dort standen im Nordwesten die Jufferschule und weiter östlich das Rathaus, die „Nue Helle“. Hinter diesen Gebäuden stand eine Mauer, die den Kirchhof einfriedete.
Der Kirchhof wurde zu Napoleons Zeiten auf seinen heutigen Platz vor dem Ahrtor verlegt. Vom Rathaus führte ein auf Pfeilern ruhender Gang vom ersten Stock zur Empore der Pfarrkirche (Stümpfe der Säulen wurden bei Grabungen an dieser Stelle gefunden. Dieser Gang mündete über dem Südportal in die Kirche (die Balkenlöcher sind auf einem Foto der Kirche kurz vor der Vollendung der Renovierung von 1898 bis 1903 noch gut zu sehen). Im Erdgeschoss des Rathauses lag das Gewandhaus. Gewandhäuser wurden vielfach als Kaufhäuser genutzt und gelten als Indiz für die Wirtschaftskraft einer Stadt. Eine Bemerkung aus einer Stadtrechnung des Jahres 1492 bestätigt die Existenz eines Gewandhauses in Ahrweiler „Meister Claes hat das holz zum gange van der hellen op dat gewandhuis beslain und daran gearbeit 3 ½ dag“.
Ein weiterer Nachweis für die Existenz des Gewandhauses ist in der Abschrift einer Urkunde des Abtes Robert von Virneburg aus dem Jahre 1508 zu finden, der als „einen obersten grundt lehenheren“ der Stadt Ahrweiler erlaubt, ein burgerrathuys zu bauen und einen overganck van deme selven gehuß und gebaues uber die Straße up dat gewanthuys zu machen. Für diese Erlaubnis zahlte die Stadt zu Martini zwei Schillinge an den Abt. Ob damals ein völlig neues Rathaus errichtet wurde oder die schon bestehende „Nue Helle“ mit „overganck“ und „ubersprunge“ umgebaut wurde, ist aus der Urkunde nicht ersichtlich. Der Abt bekennt, „dat wir angesehen han noitturfft des baues und auch zierath dere stat“.
Das Rathaus ist vermutlich dem großen Brand von 1689 zum Opfer gefallen. Ob es neu gebaut oder nur restauriert wurde, ist nicht nachzuweisen. Allerdings zeigt der Stadtplan von 1775 auf der Ecke des Kirchplatzes, gegenüber der Stadtwache, dieses Bürgerhaus. Aber es wurde zu dieser Zeit nicht mehr benutzt, wie aus einem Gesuch des Stadtrates von Ahrweiler an die Regierung aus dem Jahre 1797 hervorgeht. Es folgt eine genaue Beschreibung des baufälligen Zustandes: „ein ohne Fenstern rundum mit 45 offenen Löchern versehenes, wenigstens 80 Fuß langes auf Pfeilern stehendes höltzernes Gebäude“.
Mehler folgert daraus, dass das jetzt baufällige Haus wahrscheinlich nach dem Stadtbrand von 1689 an der Stelle des alten Rathauses provisorisch neu errichtet worden ist, nachdem es laut den Ratsprotokollen abgebrannt war. Es sei anzunehmen, dass damals auch der Verbindungsgang zur Kirche vernichtet und nicht wieder aufgebaut wurde. Nach einem Bericht des prümischen Kellners Lagrange stand das Rathaus in der Tat auf Pfeilern und war im Jahre 1756 noch in Funktion. Erst nach der Aufhebung des ersten Prümer Hofes in der Südwestecke des heutigen Marktplatzes, dort wo das Narrenhäuschen im Plan des Landmessers Gallibert zu finden ist und die Lage dieses ersten Prümer Hofes bezeugt, konnte der alte Marktplatz nach Westen zur Altenbaustraße hin erweitert werden. Dieser Teil wird 1756 als auf dem so genannten hoff erwähnt. Nach der Aufhebung des Friedhofes erhielt der gesamte Marktplatz seine heutige Form. Die neue prümische Kellnerei lag dort, wo sich heute das Restaurant „Kleinertz“ befindet. Das war der eigentliche Herrenhof, in der der prümische Kellner, d.h. Verwalter der prümischen Besitzungen, den nassen Zehnt einzog. Von diesem Herrenhof spricht der Prümer Gang von 1694 als dem neu ahngekaufften prummischen hoff. Der hatte zu dieser Zeit schon seine Funktion als Fronhof verloren und diente nur noch als Aufbewahrungs- und Sammelstelle für den Zehnten. Das prümische Hofgericht tagte damals bereits im Gymnischer Hof. Pfarrhaus und prümische Zehntscheuer lagen an der Nordseite des heutigen Marktes an der gleichen Stelle. An das Pfarrhaus schloss sich die Jungenschule an. Auf dem Marktplatz war auch ein „pfütz“, also ein Marktbrunnen.
Am alten Tei des Marktplatzes lagen eine Reihe bemerkenswerter Häuser, von denen nur wenige erhalten sind. Das Haus Zum Stern, erstmals erwähnt 1421, ist wohl das bedeutendste. Nachweislich am Markt lagen an der Südseite die Häuser ‘Zum Christoffel’, ‘Zum roten Löwen’ und ‘Zum grünen Wald’ (erwähnt 1481). Es muss sich nicht um Gasthöfe gehandelt haben, denn damals war es üblich, größere Bürgerhäuser mit Namen zu bezeichnen.
Nördlich und östlich der Kirche liegt der Kistenmarkt. Er wird erstmals 1559 erwähnt. Kuno Blankart und Katharina von Mirbach übergeben tauschweise ein Haus am Kistenmarkt an die Stadt gegen vier Viertel Weinrente. Vom Gymnischer Hof wird berichtet, dass er neben dem Kistenmarkt lag. Funktion und Namensgebung des Kistenmarktes sind unbekannt. An der Ecke Kistenmarkt/Marktplatz lag die alte Stadtwache. Über das Alter gibt ein über dem Seiteneingang eingelassener Schlussstein mit der Jahreszahl 1566 Auskunft. Die heutige Rokokofassade aus der Zeit um 1780 weist mit dem Trophäenaufbau über dem Eingang darauf hin, dass das Gebäude für einige Zeit als Rathaus gedient hat.