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Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ausgabe 37/2025
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Tage der Piuskirche in Bad Neuenahr-Ahrweiler sind gezählt

Werden abgerissen: Kirchenraum, Glockenturm und Pfarrhaus (verdeckt) von St. Pius.

Nun also doch: Niederlegung des ehemaligen Gotteshauses ist beschlossen

BAD NEUENAHR-AHRWEILER. TW. Gotteshäuser werden nicht selten hunderte von Jahren alt. Auch in Bad Neuenahr-Ahrweiler, wo mitten auf dem Ahrweiler Marktplatz die Laurentiuskirche steht, die auch 755 Jahre nach ihrer Grundsteinlegung noch strahlender Mittelpunkt der Ahrweiler Altstadt ist. Noch ein paar Jahre älter ist die katholische Pfarrkirche St. Mauritius in Heimersheim, die ab dem Jahr 1214 auf den Grundmauern einer Vorgängerkirche errichtet wurde. Da wirkt die vor 125 Jahren im Bau befindliche Rosenkranzkirche in Bad Neuenahr wie ein junges Gewächs, dass aber voraussichtlich noch viele Jahre vor sich hat. Nur die katholische Kirche St. Pius im kreisstädtischen Stadtteil Bachem wird kein hohes Alter erreichen. Im Gegenteil, die im Jahr 1969 geweihte und in 2024 profanierte St. Pius Kirche wird keine 60 Jahre alt werden. Ihr Abriss, von der Kirchengemeinde als „Niederlegung“ bezeichnet, ist jetzt beschlossen. Samt Glockenturm und dem angrenzenden Pfarrhaus. Damit folgt St. Pius der Kirche St. Andreas aus Ahrbrück, die nach der Flutkatastrophe ebenfalls als recht junges Gotteshaus profaniert und abgebrochen wurde.

Die Kirchengemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler als Eigentümerin von St. Pius kann den Eigenanteil einer Sanierung nicht stemmen, eine Nachnutzung der bereits entweihten Kirche ist ebenfalls nicht in Aussicht, wobei die Eigentümer hier klare Vorstellungen haben, wie der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates der katholischen Kirchengemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler, Paul Radermacher erläuterte. Wann Kirchenraum, Glockenturm und Pfarrhaus fallen, steht noch nicht fest.

Die letzten Jahre von St. Pius

Seit dem 1. Januar 2022 gibt es die kreisstädtische Kirchengemeinde als Zusammenschluss aller sieben katholischen Pfarreien der Stadt. Gerüchten, die Vorgängergremien der Pfarrei St. Pius, die bereits mit der Rosenkranz-Pfarrei verzahnt war, habe schon kurz nach der Flutkatastrophe eine Verfügung zum Abriss der Piuskirche erteilt, dementierte Radermacher. Er machte aber schon deutlich, dass bereits vor der Flutkatastrophe vom Juli 2021 klar war, dass der Kirchenbau einer Sanierung bedürfe. Vor allen Dingen das Dach machte Sorgen, aber die Gremien wollten mit einer Entscheidung warten, bis aus der 2012 ins Leben gerufenen Pfarreiengemeinschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler eine eigenständige Kirchengemeinde mit nur noch einem Verwaltungsrat und einem Pfarrgemeinderat geworden war. Und irgendwie hielt sich das Gerücht von einem drohenden Abriss der Kirche nach der Katastrophe aus dem Sommer 2021 in der Kreisstadt hartnäckig. Da nutzen auch Dementi von Seiten der Verantwortlichen nicht viel. So machte Pastor Jörg Meyrer noch im November 2022 anlässlich des Bachemer Leonardus-Frühschoppens klar, dass die Kirche keineswegs dem Abriss geweiht sei. Vielmehr habe man eine „Arbeitsgemeinschaft Zukunft St. Pius“ gegründet, die sich auf zwei Szenarien fokussieren, Zukunftsaussichten und Kosten eruieren solle, sagte Meyrer seinerzeit. An anderer Stelle macht der Pastor aber auch klar, dass die katholischen Kirchen der Kreisstadt in Zeiten sinkender Gottesbesucherzahlen und eklatantem Mangel im Priesternachwuchs zu viele Liegenschaften in Bad Neuenahr-Ahrweiler unterhalten. Viele Bauten waren auch noch in der Flutnacht beschädigt oder zerstört worden, in der Pfarrverwaltung wussten die damals kaum, wo sie anfangen sollten. Gutachten für St. Pius hatten 2022 bereits ergeben, dass außerhalb der Flutschäden vor allen Dingen die notwendige Sanierung des Daches wegen des Austritts von Schadstoffen in den Innenraum mit 1,4 Millionen Euro zu Buche schlagen werde. Geld, über das die Kirchengemeinde nicht verfüge. „Zumal das Gutachten aus dem Jahr 2022 stammt. Bei der Preisentwicklung dürfte das nun locker an die zwei Millionen Euro gehen“, so Radermacher.

Wie ging und geht es weiter?

Es kamen nun viele neue Ideen auf, entwickelt von den unterschiedlichsten Akteuren, wie den Kirchengremien, der damaligen Ahrtal und Bad Neuenahr-Ahrweiler Marketing GmbH oder anderen Touristikern. Begriffe wie Flutmuseum, Veranstaltungshalle, Sportstätte, Wohnprojekte, Tageshospiz oder die Nutzung als Gebetsraum für andere Religionsgemeinschaften wurden in den Raum geworfen. Bislang konnte nichts in Angriff genommen werden. Jetzt also der Abriss, dessen Kosten Radermacher bereits ohne entsprechende Planungen im sechsstelligen Bereich vermutet. Es müsse nun ein Planungsbüro beauftragt werden, dass Kosten und Zeitplan erstelle, sagt der Verwaltungsrats-Vize und geht davon aus, dass die innere Dachhaut als Sondermüll aufwändig entsorgt werden muss. „Wir müssen auch eruieren, welchen wichtigen Dinge aus der Kirche vor ihrer Niederlegung noch gerettet werden müssen, so Radermacher. Immerhin zahlt der Wiederaufbaufonds die Kosten der Niederlegung. Was nach dem Abriss geschieht, ist offen. Kirche werde jedenfalls nicht selbst tätig, könne sich aber bei einem entsprechenden Investor die Zurverfügungstellung des Grundstücks in einem Erbpachtvertrag vorstellen. „Allerdings nicht für hochpreisige Eigentumswohnungen“, so Radermacher. Wohnprojekte für weniger betuchte Menschen, auch als Mehrgenerationenwohnen könne man sich eher vorstellen. Die Idee eines Seniorenheimes sei aber vom Tisch. Immerhin: der neue St. Pius Kindergarten ist bereits wieder im Aufbau. Hier hat die Stadt die Bauträgerschaft übernommen.