Werner Sobek wartete in Ahrweiler mit erstaunlichen Thesen auf.
AHRWEILER. TW. Die kreisstädtische Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft hat ihr Portfolio erweitert und bietet nun auch Vortragsveranstaltungen an. „Über das Bauen von morgen“ referierte zum Auftakt im Ahrweiler Helmut-Gies-Bürgerzentrum der Ingenieur, Architekt und Hochschullehrer Professor Werner Sobek aus Stuttgart. Er ist ein langjähriger Verfechter und Fürsprecher des Leichtbaus, der Nutzung regenerativer Energien und der Bekämpfung von Emissionen. Schon vor 30 Jahren hatten seine Bauten keinen Schornstein, sein Haus an einem Hang des Stuttgarter Talkessels ist komplett aus Glas mit Holzdach und ohne Zwischenwände. Seit 20 Jahren pilgern Architekturstudenten aus aller Welt zu diesem weltweit ersten „Triple-Zero-Haus“, aber nur die wenigsten setzen Sobeks Thesen um. Mittlerweile macht er klar, dass die Menschheit die Chancen ihrer Rettung gerade unwiderruflich verpasst. Es sei nun einmal Pech, dass CO2 nicht stinke und farblos sei, und damit leicht zu verdrängen. Sobeks Thesen wollen die Kinder des Kapitalismus nicht hören, dahinter stecken keine großen Renditen für Baulöwen und schon gar nicht für die Lieferanten fossiler Energie. Denn schon die Materialminimierung ist konträr zu Umsatz und Gewinn.
Rund 80 Gäste waren zu Sobeks Vortrag gekommen, viele davon aus Stadtverwaltung, Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft oder der Kommunalpolitik. Der weltweit vernetzte und agierende Professor gliederte seine Ausführung in die Bereiche Energie, Emissionen, Materialverfügbarkeit und Abfall. Er machte deutlich, dass ein Haus 50 Prozent seiner gesamten CO2-Produktion bereits in der Bauphase erzeuge. Dass Häuser vor allem energiesparende Bauweisen benötigten, sei eine von vielen Nebelkerzen der Lobbyisten, produziere doch alleine die Sonne das Zehntausendfache der weltweit benötigten Energie. Nur habe man es verpasst, das bisher zu nutzen. Langen Energiepipelines aus Afrikas Wüsten nach Europa oder von Norden nach Süden erteilte Sobek ebenso eine Abfuhr, wie hässlichen PV-Anlagen auf Dächern oder an Wänden. Es gebe genügend ungenutzte Flächen, beispielsweise an Schienen- und Straßenrändern. Auch neue Formen, wie Agro-PV brachte der Professor zu Wort, forderte er den sofortigen massiven lokalen und regionalen Ausbau der Photovoltaik, deren blühende Industrie in Deutschland die Politik dummerweise vor Jahren zerstört habe. Auch das Baumaterial nahm sich der Professor vor und sprach über Bauen mit Holz: „Um einen Kubikmeter Holz im Haus zu verbauen, müssen sieben Kubikmeter gefällt werden.“ Bei der Alternative Bambus blieben gerade einmal zehn Prozent der Ernte als Ertrag übrig. Sobek verwendet in erster Linie Glas in seinen Bauten, die in erster Linie Aktivhäuser seien und oft genug so viel Energie produzieren, dass sie Nachbarbauten mitversorgen könnten. Schließlich brachte das Thema Abfall ins Spiel und führte aus, dass 55 Prozent des Abfalls in Deutschland aus Bauabfall bestehe.
Fazit seiner jahrzehntelang gesammelten Erkenntnisse und Forschungen sei die These, dass die Natur als Maß aller Dinge das neue Standardmodell im Bauwesen sein müsse. Dieses löst den früheren Standard von ökologischer, ökonomischer und sozio-kultureller Nachhaltigkeit ab.