Seitenansicht des Markt Nummer 1, 1969
Die Straßenfront 1969
Visualisierung im Fachwerk von Anne Horst
Der Heimatverein Alt Ahrweiler e.V. möchte in einer losen Folge die Gebäude des Ahrweiler Marktes, ihre Geschichte und deren architektonische Besonderheiten würdigen. Natürlich sind vereinzelte Bewertungen subjektiver Natur des Autors.
Markt Nr. 1, Teil 1
Den Einwohnerverzeichnissen ist zu entnehmen:
| 1775 | Ein Besitzer namens Gressenich |
| 1899 | Stupp, Carl Buchbinder Schmitz, Heinrich Ww., Rentnerin |
| 1926/1927 | Stupp, Franz (Buchbinderei) Stupp, Maria Buch- und Schreibwarenhandlung Bussenius, Johann (Bürogehilfe) |
| 1936/1937 | Stupp, Maria Schreibwarenhandlung |
| 1953/1954 | Stupp, Maria Schreibwarenhandlung Süss, Maria (Frau) Romes, Josef (Justiz-Wachtmeister) |
| 1958 | Stupp, Maria Schreibwarenhandlung Süss, Maria (WWw) Manz, Hubert, (Fabrikarbeiter) Manz, Maria, (Verkäuferin) Manz, Walter, (Fabrikarbeiter) Manz, Wilhelm, (Arbeiter) |
| 1962 u. | Stupp, Maria Schreibwarenhandlung |
| 1965/66 | Süss, Maria (Hausfrau) Manz, Wilhelm, (Bauarbeiter) |
„Es war einmal...“ so beginnen Märchen. Dies hier ist kein Märchen: Die Serie über den Marktplatz muss mit der eklatanten und nicht wieder gut zu machenden Veränderung des überkommenen Bildes beginnen. Aber davon später im Bericht zum Marktplatz Nr. 2.
Beginnen wir mit dem alten Haus Marktplatz Nr. 1, dem in Ahrweiler früher sehr bekannten „Stupps-Haus“. Bis zum Abriss 1969 präsentierte sich im linken Teil der heutigen Bebauung (bis vor Kurzem „Gabrieles Lädchen“) ein giebelständiges, dreistöckiges Haus, dessen Fachwerkfassade unter einer Putzschicht verborgen lag. Erbaut wurde das Haus wohl im 17. Jahrhundert, obwohl an der Fassade auf 1503 hingewiesen wurde. Diese Zahl bezog sich wahrscheinlich auf den Hinterbau, der sich in einem älteren Fachwerkstil darbot.
Jahrzehntelang wurde im Haus ein Schreibwarenhandel von Maria Stupp betrieben, die durch ihr feines Äußeres mit zuletzt schlohweißen, zum Knoten frisierten Haaren in Erinnerung geblieben ist.
Das Erdgeschoss, aus heimischem Bruchstein hatte links ein kleines Schaufenster, an der rechten Seite noch die alte Fensteröffnung im barocken Stil. Die Haustür, grün gestrichen, in Formen des Rokoko gehalten, wies die Initialen C.H und M.E. sowie die Jahreszahl 1779 auf.
Die beiden Obergeschosse des dreiachsigen Hauses waren bis auf die Fensterzahl gleich. Unter dem Giebel mit Krüppelwalm befand sich ein alter Kranbalken zum Heraufziehen von Lasten, die durch das breite rundbogige Fenster ins lange Dachgeschoss befördert wurden.
An der Seitenfassade war das schlichte Fachwerk offen und man konnte deutlich sehen, wie lang doch das Gebäude war. Die Fenster verteilten sich harmonisch auf der Fassade. Das letzte Fenster im Parterre hatte sein barockes Gewände bewahrt. Am Ende des Grundstückes lag ein Querbau, auf den sich wahrscheinlich die Jahreszahl 1503 bezog.
Links vom Haus befand sich eine Einfahrt, durch die man in den mit Sträuchern bewachsenen Hof kam. Eine weitere Einfahrt links führte zum Grundstück des heutigen Eissalons in der Ahrhutstraße.
Eine einheimische Künstlerin, Anne Horst, hat einen Versuch gestartet, das frühere Aussehen des Hauses in Fachwerk nachzuempfinden. Das Bild basiert auf Beispielen rheinischer Bauweise und auf Vorbilder anderer Häuser aus ähnlicher Zeit in Ahrweiler.
Warum wurden im 19. Jahrhundert viele Fachwerkhäuser verputzt?
1. Die Brandversicherung
Wenn ein Fachwerkhaus verputzt war, musste man nicht so viel Brandversicherung zahlen. Das war im 19. Jahrhundert für viele Menschen wichtig, weil eine starke Verarmung zu verzeichnen war.
2. Die Pseudomodernisierung
Die Menschen glaubten, fortschrittlich zu sein, wenn sie ein Fachwerkhaus verputzen ließen und dachten, ein Steinhaus vortäuschen zu können. In den 20ern und nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich der Gedanken durch, dass es den Häusern besser steht, wenn sie ihr originales Fachwerk zeigen. Zudem kann es unter dem Putz faulen, was eine ernste Gefahr für die Standfestigkeit bedeutet.
Was ist ein Krüppelwalm?
Wenn der Giebel nicht vollständig abgewalmt ist, ist er je nach Sichtweise nicht vollständig ausgebildet, „verkrüppelt“. Ein Halbwalm wird Krüppelwalm genannt. Die Krüppel können unterschiedlich groß und verschieden geneigt sein. Die Zimmerer nahmen in alter Zeit beim Errichten des Dachstuhls auf das vorhandene oder gerade noch erschwingliche Balkenmaterial Rücksicht.