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Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler
Ausgabe 44/2023
Aktuelles
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Muss die Piusbrücke abgerissen werden?

Die Ahrallee wird zunächst nur provisorisch hergestellt und für die Piusbrücke im Hintergrund könnte ein Neubau anstehen.

Durchlauf fasst keine HQ100-Massen – Stadtrat plant Grundsatzbeschluss

AHRWEILER. TW. Sie war sozusagen der „Turm in der Schlacht“: als einzige Innenstadt-Brücke der Kreisstadt hielt die Piusbrücke zwischen den Stadtteilen Ahrweiler und Bachem den Flut- und Abraummengen bei der Katastrophe vor knapp zweieinhalb Jahren stand, wenn auch mit schweren Blessuren. Nur die Brücke der B266 bei Lohrsdorf ganz im Osten der Stadt blieb außerdem noch stehen. Die Piusbrücke aber war Nadelöhr und zunächst gut bewachte Verbindung für Rettungskräfte auf ihrem Weg in die Bereiche südlich der Ahr. Nun könnte dem Bauwerk aber der Abriss drohen. Über das Schicksal der Piusbrücke entscheidet der Stadtrat zumindest indirekt am 7. Dezember.

In seiner Sitzung am vergangenen Montag erklärte Bürgermeister Guido Orthen die komplizierte Gemengelage. Ausgangspunkt waren die finalen Beratungen über ein weiteres Provisorium in Form eines Asphaltbelags für die Ahrallee zwischen der ehemaligen Bachemer Brücke und der Piusbrücke auf der Nordseite. Dort wurde die Straße gerade neu hergestellt, als die Flut kam und dass bis dato Gebaute mit sich riss. Die Allee stand seinerzeit kurz vor der Fertigstellung, ist seither nur noch eine staubige Schotterpiste, bei der immerhin die Schäden an der Kanalisation beseitigt sind. Dass die nun kommende, vier Meter breite und vom Stadtrat einstimmig beschlossene Asphaltfahrbahn in Teilen zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal erneuert werden könnte, erklärte ein städtischer Angestellter unter anderem mit offenen Fragen hinsichtlich der Böschung zur Ahr.

Was das genau bedeutet, machte der Bürgermeister deutlich: Auslöser der Überlegungen ist der immer wieder fallende Begriff „HQ100“, der die Wassermenge für ein sogenanntes hundertjährliches Flutereignis definiert, dass laut Einschätzung vieler Experten künftig in weitaus geringeren zeitlichen Abständen zu erwarten ist. Die definierte Menge ist variabel, errechnet sich aus den Wassermengen zurückliegender Hochwasserereignisse. Und weil sich im Juli 2021 rund 1.200 Kubikmeter Wasser pro Sekunde den Weg durch die Ahr suchten, was als „HQ extrem“ ausgelegt wird, stieg der Wert für ein HQ100 von 240 auf nun 505 Kubikmeter.

Nun will der Stadtrat von Bad Neuenahr-Ahrweiler in einer Sondersitzung am 7. Dezember einen Grundsatzbeschluss fassen, indem zu klären sein wird, ob die Kreisstadt ein Hochwasser der Kategorie HQ100 schadlos überstehen soll. Würde der Rat dem zustimmen, wären bedeutende Arbeiten und Veränderungen rund um die Ahr die Folge. Unter anderem müssten Brücken so gebaut sein, dass sie besagte 505 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durchlassen könnten. Das aber ist bei der Piusbrücke nicht gegeben. Kommt also eine solche Menge an Wasser, wären Verklausungen aufgrund von Treibgut, dass die Brücke nicht passieren kann, möglich. Mit entsprechenden Folgen für die Bereiche links und rechts der Ahr hinter der Brücke. Die neuen Brücken sind allesamt so konzipiert, dass sie ein HQ100-Ereignis durchlassen. Eine Flut wie im Juli 2021 kann die Stadt aber auf keinen Fall schadlos überstehen.

Folge einer solchen Entscheidung zugunsten eines schadlosen Durchflusses der HQ100-Menge, die Aufwendungen von vielen Millionen Euro Kosten und sicherlich auch jahrelange Bautätigkeiten mit sich bringt, wären aber auch umfangreiche Arbeiten an den Böschungen beidseitig der Ahr. In dem Fall würde dies auch eine Änderung der Fahrbahnoberfläche in der Ahrallee mit sich bringen. Daher nun erst einmal das Provisorium.