Am Mittwoch fand aus Anlass des 80. Todestages des lutherischen Theologen Dietrich Bonhoeffer in der evangelischen Kirche in Werdorf unter der Überschrift "Widerstand und Ergebung" eine musikalische Lesung statt. Michael Dörsam, Pastoralreferent der katholischen Kirche, und Michael Clemens, Kirchmeister der evangelischen Kirche Werdorf-Berghausen, der den kurzfristig erkrankten Pfarrer Marcus Brenzinger vertrat, lasen Gefängnistexte des profilierten Vertreters der Bekennenden Kirche, der am deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt war. Zum Auftakt gab es eine Einführung in das Leben und Wirken Dietrich Bonhoeffers, der am 4. Februar 1906 in Breslau geboren wurde. Mit 24 Jahren habilitierte er und wurde nach Auslandsaufenthalten Privatdozent für Evangelische Theologie in Berlin sowie Jugendreferent in der Vorgängerorganisation des Ökumenischen Rates der Kirchen. Ab April 1933 nahm er öffentlich Stellung gegen die nationalsozialistische Judenverfolgung und engagierte sich im Kirchenkampf gegen die Deutschen Christen und den Arierparagraphen im Berufsbeamtengesetz. Ab 1935 leitete er das Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde, das bis 1940 bestand. Etwa 1938 schloss er sich dem Widerstand um Wilhelm Franz Canaris an, erhielt 1940 Rede- und 1941 Schreibverbot. Am 5. April 1943 wurde er verhaftet und zwei Jahre später auf ausdrücklichen Befehl Adolf Hitlers als einer der letzten NS-Gegner, die mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 in Verbindung gebracht wurden, im KZ Flossenbürg hingerichtet. In seinen Gefängnisbriefen entwickelte er einflussreiche, wenn auch fragmentarische Gedanken für eine künftige Ausrichtung der Kirche nach außen in Solidarität mit den Bedürftigen und zu einer nichtreligiösen Interpretation von Bibel, kirchlicher Tradition und Gottesdienst. Gelesen wurden die Texte "Menschenverachtung", "Einige Glaubenssätze über das Walten Gottes in der Geschichte", "Stationen auf dem Wege zur Freiheit", "Vergangenheit", "Wer bin ich?", "Christen und Heiden" sowie der "Brief "Brief an Maria vom 19.12.44" (Brautbriefe).
Der Chor "Kreuz und quer" unter der Leitung von Ute Rossmeisl sorgte mit seinen Vorträgen der Lieder "In deinen Händen steht die Zeit", "How long, o Lord, how long" (Psalm 13) und "Da wohnt ein Sehnen tief in uns" für eine eindrucksvolle musikalische Umrahmung der gelungenen Veranstaltung. Und natürlich durfte zum Abschluss nicht das zusammen mit den Besuchern gesungene weltbekannte Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen" fehlen, für das der heimische Komponist und Sänger Siegfried Fietz die wohl populärste Melodie schrieb. Der Entstehungskontext des Gedichts ist dramatisch, stammt es doch aus dem "Brief an Maria", den Bonhoeffer in der Vorweihnachtszeit aus dem Gefängnis an seine Verlobte und Familie schrieb. Bis heute geben die Zeilen vielen Menschen Halt, auch auf Trauerkarten ist das Gedicht oft abgedruckt. Es ist wohl der letzte erhaltene Text vor seinem Tod. Mit dem Vaterunser und dem Abendgebet "Segen" von Bonhoeffer endete ein wunderbarer Abend in ganz eigener Atmosphäre.