Eine der Glocken der evangelischen Kirche in Aßlar.
Glockenguss bei Rincker.
Im Rahmen der "Aßlarer Gespräche" hielt Erhard Peusch, Ehrenvorsitzender des Werdorfer Heimatvereins, am Donnerstag im Werner-Best-Haus einen Vortrag zum Thema "Kirchenglocken in Aßlar", zu dem rund 30 Aßlarer*innen kamen. Edith Muskat hieß die Gäste im Namen des "Aßlarer Gespräche"-Teams willkommen, das in Zusammenarbeit mit dem Familienzentrum der städtischen Kontakt- und Beratungsstelle den monatlichen Austausch gestaltet. Mit der Verwendung von Glocken in unterschiedlichen Größen und Verwendungszwecken von der Altar-, über Tisch- und Hand-, bis hin zu Kirchenglocken, stieg Erhard Peusch in den Vortrag ein. Von den ältesten Glocken in China, die aus der Shang-Dynastie (etwa 1600-1027 v. Chr.) stammen, über die erste Glocke in Europa für einen Sakralbau, die 600 v. Chr. im römischen Jupitertempel hing, kam Peusch auf Allgemeines über Glocken, die seit dem 9. Jahrhundert in Bronze gegossen werden und seit dem 10. Jahrhundert in Kirchtürmen aufgehangen werden, damit sie weithin schallen. "In unserer Heimat ist das Baujahr mancher ersten Kirchen nicht mehr genau feststellbar und oft ist nur von einer Kapelle die Rede", fuhr Peusch weiter. In Aßlar und den Stadtteilen gibt es sechs evangelische und zwei katholische Kirchen und alle zusammen haben 22 Glocken. Der Fokus des Vortrags lag auf den Glocken der Kernstadt. Als heimische Glockengießer waren Philipp Schweitzer aus Werdorf (1708-1741) und sein Schwiegervater Dilman Schmidt aus Aßlar (1684-1715) bekannt. Belegt ist auch noch der Glockengießer Fei Adoni aus Aßlar, auch als Antonius Feil/Faer (Ende des 17. Jhd.), der Glocken mit Dilmann Schmidt und Johann Jacob Rincker, dem Urahnen der Glockengießererei Rincker in Sinn, goss. Rincker ist eine der ältesten noch bestehenden privaten Glockengießereien in Deutschland, die unter den mehr als 20000 Glocken insgesamt, auch die Aßlarer Glocken hergestellt hat. Hier durfte natürlich auch Friedrich Schillers Gedicht "Die Glocke" nicht fehlen.
Die Herstellung von Glocken, die auch bei Feuer und Sturm oder zum Jahreswechsel läuten, dauert oft mehrere Wochen und traditionell werden sie freitags um 15 Uhr, zu Christi Sterbestunde, im Beisein des Auftraggebers gegossen. Ihr Klang hängt von Durchmesser, Höhe und Wandstärke ab und der Ton kann durch drehen oder Schleifen verändert werden. Oft gibt es auch noch Verzierungen mit Ritzzeichnungen oder Bibelzitaten. Die mit 985 Jahren wohl älteste Glocke Deutschlands ist die Lullusglocke der Stiftruine in Bad Hersfeld. Die schwerste Glocke der Welt hängt in China und wiegt 116 Tonnen, die Bekannteste ist der Londoner "Big Ben" und die Schwerste in Europa hängt mit 24 Tonnen im Kölner Dom.
Die Glockenwelt auf Greifenstein ist mit 100 Glocken bundesweit einmalig.
Die evangelische Kirche in Aßlar steht auf 183 m Höhe als romanische Saalkirche im Stil des Rokoko, ist denkmalgeschützt und ein hessisches Kulturdenkmal. Ihr genaues Alter ist unbekannt - sie dürfte aber um 800 n.Chr. bereits gestanden haben. Mehrmals umgebaut, hat sie 300 Sitzplätze und hatte bis zum I. Weltkrieg drei Glocken, von denen zwei dem Krieg geopfert wurde. Nur die mittlere Glocke (Ton „b“), um 1510 gegossen und der Heiligen Maria geweiht war, blieb hängen und trägt die Inschrift "Meister Hans goß mich zu Frankfurt". Die neuen Glocken aus Eisen, die von Pfarrer Schröder am Heiligen Abend 1921 gegossen wurden, ereilte im 2. Weltkrieg das gleiche Schicksal und die heutigen Glocken aus Bronze wurden 1949 geweiht und trugen wieder die Texte, die Pfarrer Schröders Frau verfasste. Auf der großen Glocke steht "Denen, die gegangen, denen, die noch bangen. Nah und fernen Zeiten, singen wir und läuten. Wechsel ist die Zeit, Gott ist Ewigkeit", auf der Kleinen "Aus Siegesläuten zu Kriegsgeschossen. In schweren Zeiten neu gegossen. Zum steten Gedächtnis an die, die gefallen. Ein ernstes Vermächtnis den Lebenden allen: Gott allein die Ehre". Die katholische Kirche "Christ König" wurde 1953/54 gebaut und hat drei Glocken, die bei Rincker gegossen wurden. Die große Glocke wiegt 1436 kg und trägt die "O rex Gloriae Christie Veni Cum Pax" (König der Herrlichkeit, Christus, komm in Frieden) auf der zweiten Glocke steht. Die zweite Glocke steht "Maria breit den Mantel aus". Zum Abschluss des Vortrags sangen alle gemeinsam das Kinderlied "Bruder Jakob". Es folgte eine gemütliche Kaffeetafel mit viel Zeit für Gespräche.