Im Rahmen seiner Themenreihe "Der Natur auf der Spur" war der Verein für Heimatgeschichte Werdorf am Samstag einmal außerhalb des Schlosses unterwegs. Die Luthermühle am Ortsrand war das Ziel der mehr als zahlreichen Besucher der Veranstaltung mit dem Thema "Das nächtliche Leben der Werdorfer Mausohren". Eine einzigartige "Batnight", also eine Fledermausnacht, sollte es werden und das Angebot wurde zu einem großen Erfolg. Die wenigsten wussten, dass Oliver Amend, Besitzer des altehrwürdigen Gemäuers, in seiner Doppelgarage im Sommer die größte Mausohrkolonie in Hessen beherbergt. Rund 1500 Weibchen kommen jedes Jahr hierher um ihre Jungen aufzuziehen. Der Heimatverein hatte sich natürlich Fachleute an die Seite geholt. Die Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz in Hessen (AGFH) im NABU Hessen und Fledermausforscher Karl Kugelschafter hatten eine Menge Informationen über die "Kobolde der Nacht" mitgebracht und machten es möglich, mittels moderner Videotechnik und Großleinwand die Fledermauskolonie visuell kennen zu lernen. Ansonsten begegnet man diesen geheimnisvollen Säugetieren eher selten, weil diese Art ausschließlich bei Dunkelheit fliegt. Vor allem für die Kinder wurde es am Nachmittag schon spannend, durften sie doch zuschauen, wie Kaija Spruck von der Fledermausauffangstation "Alte Zwergenschänke" in Marburg sechzehn ihrer winzigen Zöglinge mit der Pipette fütterte. Mit Petra Gatz, Referentin für Fledermausschutz beim NABU Hessen, konnten die Kinder Fledermäuse basteln und malen, bei einem Fledermausquiz die Prüfung zum Fledermausdetektiv ablegen, schätzen wie schwer so eine Fledermaus ist und Vieles mehr. Am Abend gab es dann einen Diavortrag über das geheime Leben der Fledermäuse mit Blick in das Schlafzimmer der Werdorfer Mausohren. Karl Kugelschafter hatte eine Menge zu berichten und zum guten Schluss schauten die Gäste den Mausohren beim Ausschwärmen zu.
Fledermäuse, die es schon 50 Millionen Jahren gibt, sind die einzigen Säugetiere, die das Fliegen im Laufe der Evolution erlernt haben. Kaum eine Tiergruppe hat die Menschheit so fasziniert und zu Spekulationen angeregt wie die Kobolde der Nacht. Die geheimnisvollen Säugetiere wohnen in dunklen Spalten und Höhlen, orientieren sich mit Ultraschall und ernähren sich ausschließlich von Insekten und Spinnen. Von den fünfundzwanzig in Deutschland lebenden Fledermausarten kommen einundzwanzig Arten auch in Hessen vor. Sie sind alle streng geschützt. Menschliche Aktivitäten haben die Bestände der Fledermäuse seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts leider stark dezimiert. Durch die Ausräumung der Landschaft wurden die Lebensräume immer knapper, die Lichtverschmutzung macht Probleme und die unbegleitete Sanierung von Gebäuden mit Fledermausquartieren tat ein Übriges, um den Fledermäusen das (Über-)leben schwer zu machen. Stark negative Auswirkungen hat der Einsatz von Umweltgiften, so dass alle Arten auf der Roten Liste stehen und teilweise vom Aussterben bedroht sind. Die Naturschützer engagieren sich natürlich vehement, um den Fledermäusen zu helfen. Die Ziele der AGFH sind unter anderem die landesweite Erfassung aller Fledermausvorkommen sowie die Dokumentation von Bestandsveränderungen und Gefährdungen. Die Gruppe setzt sich aus ehrenamtlichen Fledermausschützern und Biologen, die sich beruflich mit Fledermäusen befassen zusammen. Veranstaltungen wie am Samstag, die das Leben dieser Tiere der Bevölkerung nahe bringen, sind natürlich ein Segen, denn Fledermäuse brauchen Freunde. Sie sind nicht in der Lage sich selbst Behausungen und Versteckmöglichkeiten zu bauen. Quartiere sind zum Beispiel Hohlräume hinter Fassadenverkleidungen, Lücken im Mauerwerk, Rollladenkästen und eben Dachböden wie er von der Familie Amend. Die Bausubstanz wird dabei übrigens nicht beschädigt und die Fledermäuse schaden dem Menschen in keinster Wiese und sind auch nicht gefährlich. Mensch und Fledermaus können problemlos unter einem Dach leben. Wofür man auch die Plakette "Fledermausfreundliches Haus" bekommen kann. Die faszinierenden Winzlinge fliegen mit den Händen, sehen mit den Ohren und erwachen, wenn die meisten Menschen schlafen gehen. Die Besucher der Werdorfer Batnight haben sie trotzdem kennen gelernt und werden sicher künftig darauf achten, den Mausohren und anderen Arten zu helfen.