Vor einer Ausfahrt im absoluten Halteverbot - jeder kennt die Problematik, hält sich aber trotzdem nicht an die Regeln.
Autos fahren und parken nach Lust und Laune und wegen der Ordnungshüter fuhr mancher einfach durch, so dass es noch friedlich war.
Schutzmann vor Ort Andreas Püchner (2.v.l.) und Kollegen von Ordnungsamt und Polizei im Gespräch mit Almut Ries, Verkehrsteilnehmern und auch den Kindern.
In Zeitnot und weil er auf der Straße keinen geeigneten Platz fand, parkte dieser Fahrer auf dem Gehsteig.
Sehr gefährlich: Entgegen der Fahrtrichtung steigt das Kind, das ohne Sitzschale und Gurt vorne saß, direkt auf die Straße aus.
Die Mitarbeiter des Aßlarer Ordnungsamtes um Fachdienstleiter Timo Dietermann haben in der vergangenen Woche zusammen mit dem "Schutzmann vor Ort", Polizeioberkommissar Andreas Püchner und dessen Kollegen von der Wetzlarer Polizeistation an den Grundschulen in Aßlar und Werdorf Verkehrskontrollen durchgeführt. "Wir haben von beiden Schulen nur wenige Wochen nach den Sommerferien wie jedes Jahr schon die ersten Beschwerden über das allmorgendliche Verkehrschaos", so Dietermann. Eltern die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule fahren, sorgen mit ihrem verkehrswidrigen Verhalten für haarsträubende und für die Kinder lebensgefährliche Situationen. Nicht nur, dass entgegen der Fahrtrichtung, im totalen Halteverbot, auf Gehsteigen, vor Einfahrten und zur Not auch diagonal in einer viel zu kleinen Lücke geparkt wird. Auch mit Kindersitz, Sitzschale und dem Anschnallen haben manche Zeitgenossen größte Probleme. Im ersten Schritt haben die Ordnungskräfte Präsenz gezeigt, einen kommunikativen Ansatz verfolgt und die Fahrzeuglenker auf ihr Fehlverhalten aufmerksam gemacht. "Wie kann es sein, dass der Kindersitz dem aussteigenden Kind hinterher fällt?" fragte Püchner in Werdorf einen Fahrer, der nicht einmal den Motor abstellte, geschweige denn, parallel und nahe genug zum Gehsteig anhielt. "Zeitdruck ist der meistgenannte Grund für das Fehlverhalten", erklärte Püchner. "Einfach rechtzeitig los fahren, wäre da eine Maßnahme, die jeder für sich angehen sollte."
Zwischen 5 und 7 Uhr gibt es auf den Straßen die meiste Raserei, weiß Püchner. Jeder will schnell zur Arbeit, vorher noch die Kinder in die Schule und Kita bringen und mit dem Kopf ist man ganz woanders. "Ich fahre mein Kind zur Schule, weil das zu Fuß viel zu gefährlich ist", gab einer der angesprochenen Fahrerinnen an. "Zwei Mal so viele Kinder kommen im Auto der Eltern zu Schaden, als auf dem Schulweg zu Fuß", erklärt Dietermann. Und dann gab es auch noch die angeschnallten Eltern, deren Kinder ohne Sitzschale und Anschnallgurt auf dem Rücksitz unterwegs waren. "Das sind doch ihre Kinder, deren Sicherheit ihnen am Herzen liegen sollte", insistierte Püchner. "Wir haben Zeitnot und die Kinder wissen doch, dass sie sich anschnallen müssen", kam die Antwort. "Sie selbst sind sicher und ihre Kinder überleben einen Unfall bestenfalls schwer verletzt." Ein vergessenes Buch, ein nächtlicher Besuch in der Kinderklinik - um Ausreden war keiner verlegen. "Sie können gerne jeden Tag hier stehen, es ist so herrlich friedlich heute", sprachen einige Lehrer in Aßlar die Ordnungshüter an. Das Verkehrschaos nimmt nicht ab, auch wenn dort im vergangenen Jahr eine Hol- und Bringzone geschaffen wurde, die von den Eltern genutzt, für Entspannung rund um die Schule sorgen würde. Auf der anderen Seite der Schule, hatten sich weitere Ordnungshüter postiert, die Ähnliches erlebten. Dort ist die Bushaltestelle, an der die Kinder aus den Stadtteilen morgens aussteigen und in die Schule streben. Drumherum wird kreuz und quer angehalten, Kinder im wahrsten Sinne des Wortes "heraus geschmissen" - nur um schnell weiter zu hetzen. Obwohl in den Klassen Punkte für den Schulweg ohne Auto der Eltern gesammelt werden, gibt es keine Entspannung im "Krieg der Autofahrer", die morgens den Schulweg der eigenen Kinder unsicher machen.
"Wir führen an unserer Schule das Verkehrszähmer-Programm durch", erzählt Almut Ries, Schulleiterin in Werdorf. Dieses motiviert die Kinder, zu Fuß zur Schule zu kommen. "Jeden Tag zählen wir im Klassenverband, wer zu Fuß zur Schule gekommen ist, markieren so genannte Laufsterne auf einem Blatt und bei einer vorher festgelegten Anzahl von Sternen (je nach Klassengröße zwischen 200 und 400 Sternen) erhalten die Kinder zusätzliche Spiel- und Bewegungszeit", führt Ries aus. Dieses Verfahren motiviere sehr. Flankiert wird das Programm durch begleitende Veranstaltungen, "Aufgepasst mit ADACUS" vom ADAC im ersten Schuljahr oder einem Schulwegtraining mit den Polizist*innen der Jugendverkehrsschule. "Der Förderverein unterstützt uns, indem er bei der Einschulung jedem Kind einen Sicherheitskragen schenkt. Wird dieser getragen 'erarbeitet' man jeweils einen zusätzlichen Laufstern für die Klasse." In den Schulen wird also versucht, Abhilfe zu schaffen - müssen nur noch die Eltern mitmachen. "Dieses Mal klären wir Sie nur über die Problematik auf - beim nächsten Mal gibt es ein Bußgeld", machte Püchner die Fahrer aufmerksam. "Erfahrungsgemäß fruchtet Aufklärung bei Unbelehrbaren nicht", weiß Dietermann.
Es gibt also weiterhin Kontrollen und jeder Einzelne sollte sich bewusst machen, dass die Sicherheit der Kinder im Blickpunkt steht und entsprechend handeln.