Die erste Oktoberwoche stand beim Westerwaldverein Aßlar ganz im Zeichen der Deutschen Einheit. Die bereits für 2020 geplante Fahrt nach Jüterbog, der Aßlarer Partnerstadt im Fläming, die wegen der Corona-Pandemie verschoben werden musste, konnte nun endlich stattfinden. Auf dem Reiseprogramm stand zum einen der Besuch der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober, die rotierend in den drei deutschen Partnerstädten Jüterbog, Waldbröl und Aßlar stattfindet. Zum anderen wurde auf den Spuren von Luther und Tetzel gewandert. Schon sonntags bei der Anfahrt der fünfzehn Wanderer in zwei Kleinbussen gab es den ersten Stopp: In Pömmelte im Salzlandkreis, tauchte die Gruppe tief in die Vergangenheit ein, zeigt doch das dortige Ringheiligtum, eine Holz-Erde-Architektur, dass vor über 4000 Jahren dieses Gebiet schon besiedelt war. Vom neun Meter hohen Aussichtsturm hat man einen prima Überblick über die sieben Ringe von hölzernen Palisaden, Gruben und Wällen mit einem Gesamtdurchmesser von 115 Metern. Im Anschluss ging es quer durch den Fläming weiter nach Jüterbog. Der Tag endete mit einem Besuch des Oktoberfestes, wo die Wäller auf viele bekannte Gesichter stießen. Der Montag war dann der Hauptstadt Berlin gewidmet, wo an der Oberbaum-Brücke eine Wanderung auf dem Mauerweg begann. Nach der East Side Gallery führte der Weg durch weitgehend unbekanntes Gelände, an der Michaelkirche am Engelbecken und am imposanten neuen Springergebäude vorbei zum Checkpoint Charly. Über den Potsdamer Platz ging es am Holocaust-Mahnmal vorbei zum Brandenburger Tor weiter und eine Führung im Reichstag durfte nicht fehlen. Über die Flaniermeile „Unter den Linden“ spazierte die Gruppe danach am neu errichteten Humboldt-Forum und dem Berliner Dom vorbei und an der Spree entlang ins Nikolai-Viertel.
Am 3. Oktober waren die Wanderer zunächst beim Festakt im Mönchenkloster dabei, wo in den Festansprachen auf die Bedeutung des gemeinsamen deutschen Gedenkens hingewiesen wurde. Nachmittags führten Jörg Podzuweit und Stefanie Böhme in historischer Gewandung die Gruppe durch die Stadt. Der Vorsitzende des Heimatvereins würzte sein umfangreiches Wissen gekonnt mit Anekdoten. Die über tausend Jahre alte Ansiedlung erhielt bereits vor 850 Jahren Stadtrechte und glänzt mit einem spätgotischen Stadtbild. Die wechselvolle Geschichte brachte Reichtum, aber auch Not, 1832 wurde Jüterbog zum Garnisonsstandort und nach dem zweiten Weltkrieg besetzte die Rote Armee das alte Militärgelände, welches sie erst 1994 wieder verließ. Heute präsentiert sich die mittelalterliche Stadt mit restaurierten Gebäuden in neuem Glanz. Teile der Stadtmauer sind noch erhalten, einige Türme prägen das Stadtbild. Die Liebfrauen- oder Marienkirche wurde bereits 1160 errichtet und war viele Jahre Heimat der Zisterzienserrinnen. Abschluss war die Besichtigung der Nikolaikirche, deren Bau bereits 1307 begann. Zwei unterschiedliche Türme machen das Gebäudes zu etwas Besonderem, ähnlich wie beim Dom zu Wetzlar. Im Inneren der gotischen Hallenkirche findet man unter anderem die Truhe des Ablasshändlers Tetzel. Am Mittwoch wurde auf dem Spitzbubenweg die Stadt umrundet und von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Abschließend gab es eine Führung durch das Rathaus, das 1285 als Markthalle erbaut und 1369 zum Rathaus wurde. Am Donnerstag war die Lutherstadt Wittenberg das Ziel, wo das Lutherhaus und weitere Sehenswürdigkeiten in die Zeit der Reformation entführten. Freitags ging es mit dem Wildnisbotschafter Traugott Heinemann-Grüder in die Jüterboger Wildnis, wo aus dem ehemaligen Truppenübungsplatz, ein Naturschutzgebiet mit großem Wildbestand entstanden ist - sogar ein Wolfsrudel ist hier sesshaft. Den Nachmittag prägte eine Führung durch das ehemalige Zisterzienserkloster Zinna mit Verkostung des legendären Kräuterschnapses "Klosterbruder". Bei der Heimfahrt gab es den letzten Stopp beim Point Alpha, der das Thema deutsche Einheit mit einer Gänsehaut abrundete. Die alten Grenzzäume und die Ausführungen der Gästeführerin vermittelten ein tiefes Gefühl für die Menschen, die ihr Leben "gut abgesichert" gegen den Westen verbrachten. Für alle stand fest: Es ist wirklich ein Wunder, dass es 1989 zu einer friedlichen Wiedervereinigung kam. Die erlebnisreiche Woche war schnell zu Ende, Muskeln waren gefordert und auch der Kopf hatte viel zu tun. Bei schönem Wetter und guter Verpflegung wurde die fröhliche Gemeinschaft gepflegt und neue Bekanntschaften geschlossen. Zum Schluss war die Gruppe sich einig, es war eine tolle Zeit, und gerne würde man es so oder ähnlich wiederholen.