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Asslar - Die Woche
Ausgabe 44/2022
Gestaltung Innenteil Seite 3
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Vereine und Verbände

Mit dem Vortrag "Der Bergbau und die Eisenverhüttung in den historischen Grenzen von Werdorf" hat Paul Djalek die Reihe der Nachholveranstaltungen zur 1250-Jahrfeier in Werdorf fortgesetzt. Der Saal des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses war gut gefüllt mit Zuhörern, die gespannt den Ausführungen folgten und Fragen stellten. Der gebürtige Werdorfer interessiert sich schon seit Kindesbeinen für das Thema und forscht seit mehr als 20 Jahren in zahlreichen Quellen. Mit den bemerkenswerten Details und Erkenntnissen in seinem reich bebilderten Vortrag, den er mit einem kurzen Ausflug durch die Erdzeitalter begann, überraschte er so manchen. "Die Lagerstätten unserer Heimat sind submarin vor ca. 370 Millionen Jahren südlich des Äquators entstanden", war denn auch die erste kaum vorstellbare Aussage. Wir leben heute auf dem Meeresboden, auf dem so genannte "Black Smoker" die verschiedensten metallischen Lösungen aus dem Erdinneren spieen, die über Jahrmillionen zu Lagerstätten für den späteren Bergbau wurden. Im "alten" Bergrevier Wetzlar, das den Kreis Wetzlar und einen Teil des südlichen Kreises Biedenkopf umfasste, gab es um 1878 ca. 1300 verliehene Grubenfelder. 131 dieser Gruben befinden sich im heutigen Aßlarer Stadtgebiet. 39 davon lagen oder liegen in den heutigen Gemarkungsgrenzen von Werdorf. Djalek erzählte von den Kohlemeilern in den Wäldern, die Brennstoff für die Rennöfen lieferten, mit denen das Erz vor Ort geschmolzen und in Waldschmieden verarbeitet wurde. Thematisiert wurden auch die Ausgrabungen bei Dalheim, die im Rahmen des Ausbaus der B 49 durchgeführt wurden. An dem bis dahin unbeachtet gebliebenen Eisenrevier konnte modellhaft die Entwicklung der Eisengewinnung in einer Altsiedellandschaft des Mittelgebirgsraumes studiert werden, wobei unerwartet erstmals Nachweise einer Produktionsstätte aus der Eisenzeit möglich waren. Für den Transport waren wohl zunächst die alten Handelswege wichtig. Nicht nur in Dalheim war eine Station - auch Aßlar gehörte dazu und der älteste schriftliche Hinweis auf den Bergbau in Deutschland weist auf unsere Gegend hin. "Hier wurde Wanendorf zwischen Solms und dem Wetzbach gelegen genannt", so Djalek, der die Namen aller Werdorfer Gruben von "Antonia", über "Heinrichssegen" und "Jacobshoffnung", bis hin zu "Vertrauen", "Louishoffnung" oder "Neuglück" und "Kleiner Jacob" nannte, die durchaus beachtliche Mengen hergaben.

Zur Fördermenge des Erzes nahm Djalek die Grube "Schöne Anfang" als Beispiel, die eigentlich in Breitenbach lag, aber auch von Werdorf aus abgebaut wurde. "Die Firma Krupp kaufte 1906 alle fürstlichen Gruben und investierte in eine effektivere Gewinnung des Erzes, so hat man von Werdorf aus einen 2147 Meter langen Durchstich nach Breitenbach voran getrieben und auf diesem Weg alle anliegenden Grubenfelder gleich mit abgebaut", so Djalek. Von Werdorf aus wurde eine Seilbahn zur Grube Heinrichssegen und weiter zum Bahnhof gebaut, wo es eine Verladestation gab. "Nur wenigen war bekannt, dass von Breitenbach bis Bechlingen alle Erzmittel von der Belegschaft der 'Schöne Anfang' abgebaut wurde", so Djalek. Alles floss in eine Fördermenge ein und mehr Geld machte schlagartig neue Förderwege möglich. Im Vortrag wurde auch die Konsum-Gesellschaft angesprochen, die der Geheime Bergrat Riemann mit gründete. In Werdorf gab es 1884 erstmals einen Laden, dem nacheinander noch drei verschiedene Verkaufsstellen folgten. "Hier konnten Bergleute günstiger einkaufen, weil die Ware gemeinsam eingekauft wurde", so Djalek. Die Idee stammte aus England. Weiterer Punkt war die Werdorfer Hütte, die von 1676 bis 1745 nahe der Amends Mühle betrieben wurde. Hier wurde das Erz aus dem Heinrichssegen von der Werdorfer Seite auf dem Herrenackerlager verhüttet. Die erste Erzförderung in Werdorf ist übrigens in 1604 für die Aßlarer Hütte belegt. "Viele größere Firmen aus dem Ruhrgebiet - neben Krupp auch Thyssen und Mannesmann - haben hier als Bergwerksgesellschaften gearbeitet", so Djalek, dem bei seiner Recherche ein Knüller gelang. Der Rheinschiffer Mathias Stinnes brachte über die bis nach Gießen schiffbare Lahn Kohle in die Region, als die Wälder abgeholzt waren. Auf dem Rückweg nahm er Eisenwaren mit. Zudem gründete er den Hohensolmser Bergwerksverein, kaufte zahlreiche Gruben auf und hatte die meisten Kuxscheine (Anteile) dieser Gesellschaft. Mit Förderzahlen der Werdorfer Hütte und Namenslisten der dortigen Arbeiter rundete er diesen Part ab. Mit der Auswanderungswelle ab 1850 wanderten viele Bergleute und Landwirte aus wirtschaftlichen Gründen nach Amerika aus, deren Namen genannt wurden. Einige Rückmeldungen warfen neue Rechercheaspekte für Djalek auf.