V.l. Kai Discher, Regina Meisner, Sybille Hahn, Birger Hahn, Christian Schwarz, Rosa Califano-Schlier und Niklas Kniese bei der Übernahme der Kränze.
V.l. VdK-Vorsitzender Heinz Valentin, Christian Schwarz und Katharina Schäfer nach der Kranzniederlegung am Ehrenmal.
Mit der traditionellen zentralen Gedenkfeier zum Volkstrauertag im evangelischen Gemeindehaus, gab die Stadt Aßlar am Samstagnachmittag den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zu gemeinsamer Trauer, Erinnerung und Mahnung in würdevollem Rahmen. "Was ist nur mit dieser Welt los?" stellte Pastoralreferent Michael Dörsam als Vertreter der Kirchengemeinden eine Frage, die derzeit wohl viele Menschen dieser Erde beschäftigt. "Zutiefst betroffen sind wir von der Vernichtungsrhetorik, die vor dem Hintergrund des menschenverachtenden Krieges in der Ukraine wieder auftaucht und auch von einem riesigen Sportereignis, das in einem Land tief im Schatten von Menschenrechtsverletzungen stattfindet", so Dörsam und fragte weiter: "Wo ist Gott in diesem bedrückenden Jahr, das sprachlos macht, wenn man auf das aktuelle Zeitgeschehen blickt?" Man solle die Sorge ernst nehmen, nichts verdrängen oder beschönigen und vor allem den Mut nicht verlieren, angesichts der Grausamkeit der Geschichte, die sich wiederholt. "Wir bauen auf die Gerechtigkeit Gottes, vor dem jeder schlussendlich seine Taten verantworten muss und wollen uns so gut es geht in der Gemeinschaft für Verständigung und Frieden einsetzen, denn die Welt braucht unseren Einsatz und unseren Mut."
Dies konnte Bürgermeister Christian Schwarz nur unterstreichen: "Seit 100 Jahren begehen wir diesen Gedenktag und nach Jahrzehnten des Friedens lebt Deutschland in einer Zeit des Krieges in der Nachbarschaft, im Kampf gegen Corona und in einem Wirtschaftskrieg, der allen Sorgen bereitet." Allein die Tatsache des Treffens, um der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft zu gedenken, zeige, wie nahe das Geschehen gehe. "Hass und Entmenschlichung des Nationalsozialismus finden in diesem Krieg Parallelen und wir sind in der historischen Verantwortung, dem nie wieder gleichgültig gegenüber zu stehen", so der Bürgermeister und rief dazu auf, den Schutzsuchenden mit Verständnis und offenen Armen entgegen zu gehen und Menschlichkeit zu zeigen. "Denn unsere Toten sind zwar unsichtbar aber nicht verschwunden."
Stadtverordnetenvorsteherin Katharina Schäfer zitierte aus dem Buch "Soldat wider Willen - Briefe meines Vaters Felix Elger" und machte damit sehr ergreifend den Unsinn kriegerischer Handlungen deutlich. Der 28-jährige Jurist schrieb fast täglich seiner Frau und brachte damit wohl die Gedanken aller seiner Kameraden auf den Punkt. Ein Beispiel: "Abend am Strand, 25.8.1941, Frankreich, Bucht von Arcachon: Unweit von uns saß franz. Jugend, Jungen und Mädels und sangen. Es war so eine friedliche Stimmung überall. Hier saßen deutsche Soldaten, zwei Meter entfernt junge Franzosen, und es war nichts von Völkerhass und Völkerneid zu spüren. Jedweder Lärm wäre in dieser feierlichen Stille grässlich störend gewesen. Unvorstellbar waren mir die Gedanken, dass zur gleichen Zeit im Osten ein blutiges Ringen mit Jammer und Elend vor sich geht. Warum, oh Gott, lässt du dies zu?!" Die Unglaublichkeit und Sinnlosigkeit des Kriegsgeschehens, dem junge Männer ungewollt zum Opfer fielen, endlose Flüchtlingsströme in eine ungewisse Zukunft, die unmenschlichen Veränderungen des Lebens als Frontsoldat, die Unwissenheit über das Geschehen zu Hause - die Briefe des jungen Mannes, der auf einem Schlachtfeld im Osten starb und seine Tochter niemals kennen lernte, machen klar, warum es wichtig ist, sich jedes Jahr zu erinnern, was für ein Schatz ein Leben in Frieden ist. "Was haben wir hier zu suchen?" fragte Felix Elger nach einem Marsch durch einen nächtlichen Wald in Russland, der ihm mit Recht feindlich und bedrohlich schien. "Wir gedenken der Opfer von Krieg, Hass und Gewalt, fühlen mit allen, die Leid tragen - unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung und wir trachten nach Frieden in der ganzen Welt!" endete Schäfer. Die Vorträge von Frank und Virginia Busch sowie der Blasmusik des TV Werdorf sorgten für einen würdigen musikalischen Rahmen und im Anschluss wurden die Kränze von den Ortsbeiräten übernommen, die an den jeweiligen Gedenkstätten der Stadtteile nieder gelegt wurden.