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Asslar - Die Woche
Ausgabe 47/2023
Gestaltung Innenteil Seite 3
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Mitten in schweren Zeiten Friedensbote sein

Zum Volkstrauertag fand am Samstagnachmittag im evangelischen Gemeindehaus in Aßlar eine zentrale Feierstunde statt. Gedacht wird in diesem Rahmen der Opfer von Gewalt und Krieg, Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Von Soldaten, die in den Weltkriegen starben, Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren und denen die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde, über die, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben oder den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten, bis zu denen, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind. Getrauert wurde aber auch um die Opfer der Kriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren und mit allen, die Leid tragen um die Toten. Pfarrer Markus Brenzinger erinnerte an den Propheten Jesaja, der Mitten in den Trümmern des Tempels von Jerusalem von Friedensboten sang, die über die Berge kommen und gute Nachricht bringen. "Doch wo bleiben der Frieden und die gute Nachricht vom Ende der Herrschaft der Unterdrücker?" fragte Brenzinger. "Warum haben die Menschen immer noch nichts gelernt und wir sind immer noch Teil einer Welt voll Krieg?" Gewalt und Terror nehmen kein Ende, dabei steht Weihnachten vor der Tür und mit Jesu Geburt kam der Frieden ohne Waffen, still, mit einem Kind im Stall, das Jude war, ein "people of colour", das kurz nach seiner Geburt zum Flüchtling wurde. "Zwischen den Trümmern unserer Pläne fängt Gott an, denn der Sinn des Gedenkens ist, sich der Vergangenheit zu stellen, bereit, den Frieden für alle Menschen zu schaffen." Bürgermeister Christian Schwarz unterstrich: "Frieden ist kostbar, sind wir doch immer noch Zeugen von Kriegen in einer Weltlage, die von Unsicherheit geprägt ist." Ihm liege als Bürgermeister daran, ein Leben in Frieden und Wohlstand möglich zu machen. "Wir tragen die Verantwortung für alle Menschen und müssen uns aktiv für Konfliktlösungen einsetzen", so Schwarz. Es gelte, die Welt gemeinsam sicher in eine Zukunft in Frieden und Freiheit zu führen. Stadtverordnetenvorsteherin Katharina Schäfer sprach in sehr persönlichen Worten von bleibenden Erinnerungen. "Mein Opa Willi Schäfer hat den Untergang des Kriegsschiffes Wilhelm Gustloff überlebt und jedes Jahr waren am 30. Januar die Schreie der Menschen wieder da", erzählte die junge Frau. Das ehemalige Kreuzfahrtschiff war für 1500 Passagiere ausgerichtet, mit fast 10000 Menschen, zumeist Flüchtlinge - überladen. Gegen Mittag legte die "Gustloff" von Gotenhafen in der Danziger Bucht Richtung Kiel ab. Um 21.16 Uhr treffen drei Torpedos eines sowjetischen U-Boots das Flüchtlingsschiff, das in der eisigen Ostsee versinkt. Mehr als 9000 Menschen sterben, rund 1.200 Passagiere können gerettet werden. Einer von ihnen war Willi Schäfer, der auf den Schornstein des Schiffes kletterte, schlussendlich in die Fluten sprang und gerettet wurde. "Meinem Opa war es wichtig, dass es sich nicht um ein Kriegsverbrechen handelte - die Gustloff war ein Kriegsschiff und wir hätten umgekehrt auch geschossen." Willi Schäfer war überzeugt: "Ich habe immer wieder Glück gehabt!" Er war auf dem A-Deck, als die Torpedos trafen. Die Ostsee war hier sehr flach war, so sprang er hinein und wurde gerettet. Das untergehende Schiff verursachte keinen Sog und die Kälte packte ihn erst auf der "Löwe“. Mit Glück konnte er körperlich heil seinen Heimatort Dornholzhausen erreichen. "Unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt", zitierte Schäfer abschließend Bundespräsident Joachim Gauck. Stadträtin Edith Muskat endete die Feierstunde mit Hubert Jansens Gedicht "Zum Volkstrauertag", der aufruft, mutig Friedenswege zu wagen und zu Friedensboten zu werden. Christian Schwarz dankte dem Musikverein Berghausen um Heike Schlicht und der Chorgemeinschaft Klein-Altenstädten, dirigiert von Holger Hedrich, für die würdige musikalische Umrahmung, bevor die Ortsvorsteher ihre Kränze aufnahmen, die an den Ehrenmalen der Stadtteile am Sonntag nieder gelegt wurden. Gleich im Anschluss legte Schwarz am Aßlarer Ehrenmal den Kranz nieder, wo auch VdK-Vorsitzender Heinz Valentin, stellvertretend einen Kranz für seinen Verband ablegte.