Erhard Peusch, Ehrenstadtverordnetenvorsteher und Ehrenvorsitzender des Vereins für Heimatgeschichte Werdorf, hatte mit seinem Vortrag über alte Aßlarer Gaststätten am Donnerstag wohl genau den Geschmack der Aßlarer getroffen. Der Seniorentreff im Werner Best-Haus war gut gefüllt und das Publikum begeistert dabei. "Ich bin sehr überrascht über die große Resonanz", freute sich Peusch, der den Fokus auf drei Gaststätten legte: Den "Solmser Hof", den "Solmser Löwen" und das "Gasthaus zur Linde". Da Aßlar damals zum Fürstentum Solms-Braunfels gehörte und der Solmser Löwe ja auch im Stadtwappen enthalten ist, lagen die Namen nahe. "Der Löwe ist auch unter dem Namen Beckersch Wetschaft bekannt", so Peusch. Es könnte bereits in der Zeit des 30-jährigen Krieges existiert haben. Der „Solmser Löwe“ war die älteste und bedeutendste Gastwirtschaft mit dem einzigen Saal in Aßlar, wo alle Veranstaltungen des Dorfes, wie Versteigerungen, die Kirmes und andere Feierlichkeiten stattfanden. Obwohl Aßlar 1835 nur 790 Einwohner hatte, wurden so jährlich 20 bis 25 Ohm Bier und fünf bis sechs Ohm Branntwein konsumiert. Rechnet man den Verbrauch in Liter um - das preußische Maß von 1 Ohm entsprach 137,4 Liter - ergeben sich für Bier ca. 3435 Liter, also 34 Hektoliter und beim Schnaps sind es 824 Liter, die 1096 Flaschen mit 0,75 l Inhalt füllen. Peusch erinnerte auch an alte Brauereien und die Rechtssprechung. Wer nämlich dem Alkohol zu oft zusprach, kam auf die Liste der "Trunkenbolde" und bekam Lokalverbot. 1960 wurde Beckersch Wirtschaft geschlossen und ein Teil fiel der Erweiterungen der Ortsdurchfahrt zum Opfer.
"Der Solmser Hof war ein landwirtschaftliches Anwesen und sicher eines der ältesten Gebäude in Aßlar", so Peusch. Möglicherweise gehe er auf die Zeit von Karl dem Großen (768 - 814) oder auch auf die römische Zeit oder auf die Gründung von Aßlar zurück. 1489 war der Hof im Besitz der Familie Schenk zu Schweinsberg aus Hermannstein und wurde später von Graf Wilhelm II. zu Solms-Greifenstein gegen Güter in Hermannstein getauscht. Der Hof war 1694 ein Freigut, will heißen von allen Abgaben und gemeinen Lasten befreit. Dazu gehörten eine Mühle und das ausschließliche Braurecht im Dorf. Unschätzbare Vergünstigungen, die den Hofbesitzer eigentlich hätten wohlhabend machen müssen. Doch der Niedergang des Hofes begann schleichend. Einquartierungen von Soldaten im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) beschleunigten den Niedergang. "Der nächste Einschnitt erfolgte durch die französischen Revolutionskriege", erläuterte Peusch und wies auf die "Schlacht bei Wetzlar“ (1796) hin, bei der es Kämpfe bei Dalheim, Kloster Altenberg, in Berghausen und Werdorf gab. Aßlar wurde am 15. Juni 1796 von den Franzosen geplündert und damit auch der „Solmser Hof“. Für den „Hof“ ging die Befreiung vom Zehnten (Abgaben) und die Brau- und Schankprivilegien verloren. 1810 musste die Mühle mit Ländereien verkauft werden. Damit entfiel eine wichtige Einnahmequelle. 1815 kam Solms-Braunfels zum Königreich Preußen und die Amtsbürgermeisterei Aßlar mit Werdorf, Ehringshausen, Breitenbach, Bechlingen, Dillheim, Katzenfurt, Dreisbach, Kölschhausen, Berghausen, Niederlemp und Niedergirmes wurde eingerichtet. Der erste Bürgermeister der Amtsbürgermeisterei Aßlar war Ludwig Emmelius von1815-1843, nach dem heute der Emmeliusmarkt benannt ist. Als dem Tod seines Nachfolgers Münch in 1865 wurde der Amtssitz nach Ehringshausen verlegt. Im gleichen Jahr übernimmt Philipp Helm den Hof und richtet 1870 die Gastwirtschaft "Solmser Hof" ein, die 1910 um einen Saal erweitert wurde. In den 1930-er Jahren wurde der Saal zu einem Kino umgewandelt. 1934 wurde diese aufgelöst und jedes Dorf erhielt einen Bürgermeister. Erst 1945 wurde Aßlar hessisch. In den 1960-er Jahren musste das Gebäude wegen der Verbreiterung der Hauptstraße abgebrochen werden. Hier wurde dann eine moderne Gaststätte mit Metzgerei errichtet, die dann dem Gebäude der Aßlarer Bank weichen musste.
Das Gasthaus "Zur Linde" wurde 1897 von Heinrich Zipp erbaut und lag vor dem Dorf. 1906 kam ein Saal mit 96 qm hinzu. Vier Jahre lang war die "Linde" ab 1908 durch Verpachtung sogar "Hotel Transvaal", wurde dann aber wieder "Linde" und wurde 1919 an die Brauerei Waldschmidt verkauft. Unter den Pächtern Karl Bink und Wilhelm Muskat blühte das Gasthaus und war bis zum Bau der Stadthalle in 1983 der gesellschaftliche Mittelpunkt der Stadt. Der Vortrag weckte viele Erinnerungen, Anekdoten wurden erzählt und bei Peter Alexanders "Kleinen Kneipe" wurde abschließend gerne mitgesungen.