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Mitteilungsblatt für die Gemeinde Bischoffen
Ausgabe 48/2025
Aus dem Rathaus wird berichtet
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Rede zum Volkstrauertag 2025

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

ich möchte Euch ebenfalls ganz herzlich hier am Ehrenmal zur gemeinsamen Gedenkfeier anlässlich des heutigen Volkstrauertages 2025 begrüßen.

Bereits zum vierten Mal in meiner bisherigen Amtszeit kommen wir heute hier zusammen, um gemeinsam zu gedenken. Der heutige Volkstrauertag ist ein Moment der Stille, der Erinnerung, aber auch der Mahnung.

Er erinnert uns an die unzähligen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft - an Soldaten, Zivilisten, an Menschen, deren Leben durch Hass, Gewalt sowie Ideologie und Nationalismus ausgelöscht wurde.

Diese Erinnerung an die beiden Weltkriege als Ursache dieses Gedenkens muss vor dem Hintergrund des nun ebenfalls schon über dreieinhalb Jahre andauernden Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine, der uns seit Februar 2022 in für uns bis dahin unvorstellbarem Maße Angst macht und betrifft, besonders lebendig bleiben.

Friedrich Merz hat in der letzten Woche gesagt:

„Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden!“

Diese Aussage entspricht wohl der bitteren Realität, ruft uns das Unvorstellbare in Erinnerung und er hätte seinen Satz mit einem hinzugefügten „noch“ sicher noch drastischer formulieren können.

Leider hat sich der Krieg hier bei uns in Europa, wie nach und nach alle auf der Welt stattfindenden Konflikte, zu einer Randnotiz entwickelt, der nur noch eingeschränkt eine gewisse Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Irgendwie werden, wenn wir ehrlich mit uns sind, die Zeitungs- und Fernsehberichte nur noch beiläufig zur Kenntnis genommen und es scheint sich irgendwie eine neue Normalität eingeschlichen zu haben. Wir sollten uns auch nicht der Illusion hingeben, dass, nur weil die Unterkünfte abgebaut und damit die geflüchteten Menschen aus dem Blickfeld in unserer Gemeinde verschwunden sind, dies nicht heißt, dass nun alles wieder in Ordnung ist. Die Ursachen für Flucht und Vertreibung bleiben nach wie vor bestehen und ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder verstärkt damit konfrontiert sein werden. Es sind weltweit über 122 Mio. Menschen auf der Flucht.

Immer wieder müssen wir uns bewusst machen, Frieden, Freiheit und Demokratie sind kein Erbe, das man einfach besitzt. All dies lebt nur dann, wenn wir es verteidigen, wenn wir diese Werte im Alltag mit Leben füllen und mit unserem Handeln vertreten.

Hierzu passt auch die stattgefundene Diskussion um den Wehrdienst. Es ist dabei sicherlich für uns Alle schwer zu akzeptieren, dass wir in anderen Zeiten leben als noch vor dem Ukrainekrieg und natürlich beschleicht uns gerade am Volkstrauertag die Erkenntnis, wem wir u.a. heute hier gedenken.

Gerade am Volkstrauertag erkennen wir, wie wichtig es ist, Frieden nicht nur zu fordern, sondern aktiv zu sichern. Frieden entsteht, wo Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Demokratie ist dabei der stärkste Schutzschild gegen Unfreiheit, Willkür und Krieg. Doch sie braucht Mut zur Wahrheit, Bereitschaft zum Zuhören und den festen Glauben daran, dass jede Stimme zählt.

Im März 2026 finden in Hessen Kommunalwahlen statt und ich möchte an dieser Stelle dafür werben, gemeinsam über alle Parteien hinweg aktiv unsere demokratischen Werte zu vertreten. Wir werden in den Gemeindeparlamenten unserer Kommunen Leute brauchen, die in den kommenden, zweifellos schwierig werdenden Jahren, für unsere Gemeinschaft einstehen und die ehrlich und mutig die Dinge beim Namen nennen. Demokratie beginnt im Kleinen - hier bei uns, sie ist nicht umsonst von unten her aufgebaut. Sie wird nicht allein in Parlamenten gelebt, sondern muss auch auf unseren Straßen, in den Schulen, in Vereinen und in Gesprächen zwischen Nachbarn verteidigt werden.

Wenn wir aufeinander zugehen, auch bei unterschiedlichen Meinungen, wenn wir respektvoll miteinander umgehen und gemeinsam Lösungen suchen, dann trägt unser Handeln zum Zusammenhalt bei. Wir alle sollten dabei nicht nur in „Schwarz oder Weiss“ denken, sondern auch in Erwägung ziehen, dass der oder die Andere ebenfalls ein wenig Recht haben könnte.

Ich bin mir sicher, dass dies manchmal nicht einfach ist, dass man im Angesicht der stattfindenden Debatten in unserem Land den Glauben an den Staat verlieren möchte und dass unsere Bürgerinnen und Bürger zukünftig sicherlich vor finanzielle und gesellschaftliche Herausforderungen gestellt werden müssen, die man so bisher nicht kannte.

Trotzdem sollten wir uns bewusst sein, dass vielleicht der dritte Urlaub im Jahr oder das nochmal größere Auto für viele Mitbürger schon jetzt nicht den Normalzustand darstellen. Unsere liebgewonnenen hohen Standards in allen Bereichen werden in der gewohnten Form vielfach wohl nicht aufrecht zu erhalten sein und da ist Realitätsverweigerung absolut fehl am Platz.

Unsere Demokratie muss es uns dennoch wert sein, nicht aufgrund eines ggf. etwas geringeren Wohlstands den undemokratischen Kräften im Land das Feld zu überlassen. Dieser Preis wäre zu hoch.

Uns muss klar sein: „Wenn die Klugen sich verweigern, werden die Dummen die Welt regieren!“ Dieses Verweigern sehe ich auch darin, dass man in der Regierung anscheinend teilweise lieber auf eventuelle Verbotsmöglichkeiten für bestimmte Parteien setzt, anstatt sich mit den Problemen, die offensichtlich in unserem Land bestehen und die die Menschen bewegen, zu beschäftigen Unsere Demokratie ist durch solches Handeln massiv in Gefahr. Wir können uns auf Dauer nur in Frieden entfalten, wenn wir uns der Schwierigkeiten annehmen und uns gegenseitig achten.

Hass, Lügen und Ausgrenzung dürfen keinen Platz finden, weder in der großen Politik noch in unserer Gemeinschaft. Freiheit entsteht dort, wo Menschen Vertrauen statt Misstrauen säen - und Mut statt Angst.

Heute erinnern wir an all jene, deren Leben durch Krieg und Diktatur zerstört wurde. Ihr Schicksal mahnt uns, wachsam zu bleiben - gegen jede Form der Verachtung, gegen jede Ideologie, die Menschen spaltet oder entmenschlicht.

Der Volkstrauertag ist nicht nur ein Blick zurück. Er ist auch ein Appell an uns, die Zukunft zu schützen. Wenn wir für Demokratie eintreten, wenn wir den Frieden mitgestalten und Verteidigung gemeinsamer Werte als Verpflichtung verstehen, dann ehren wir die Toten durch unser Handeln.

Ich danke Euch, dass Ihr heute hier seid - im stillen Gedenken, aber auch im Bewusstsein, dass Frieden und Freiheit keine Selbstverständlichkeit sind. Lasst uns gemeinsam dafür einstehen, dass diese Werte Bestand haben - für uns und für kommende Generationen.

Ich lege nun gleich im Namen der Gemeinde Bischoffen und der gemeindlichen Gremien einen Kranz hier am Ehrenmal nieder.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und wünsche einmal mehr, viel Zuversicht für die Zukunft, alles Gute und ein schönes Wochenende. Vielen Dank!