Braunfelser Stadtnachrichten
Ausgabe 10/2025
Aus unserer Stadt
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Gute Gründe für den Windpark Braunfels
Die Stadtverordnetenversammlung hat am 30. Januar 2025 – nach langer, intensiver Vorarbeit und Vertragsverhandlungen durch den Magistrat – mit großer Mehrheit einen Nutzungsvertrag mit der wpd-onshore aus Bremen beschlossen. Dagegen strengt eine Initiative ein Bürgerbegehren an – die Unterschriftensammlung dazu läuft gegenwärtig.
Das sind die Entscheidungsgrundlagen
Energiewende
- Am 8. Juli 2011 hat nach dem Bundestag auch der Bundesrat einem Gesetzespaket zugestimmt, das den Ausstieg aus der Kernenergie und den Einstieg in die Energiewende bedeutete. Der beschleunigte Auf- und Ausbau von Wind- und Solarenergie als sogenannte regenerative Energien steht also seit fast 14 Jahren im Focus in Deutschland.
- Seit 2023 steht fest, dass jedes Bundesland möglichst zwei Prozent seiner Fläche als Windvorrangfläche ausweisen soll. Hessen hat bis 2027 1,8 % der Landesfläche angekündigt.
- In diesem Zusammenhang hat das Regierungspräsidium Mittelhessen im Zeitraum von 2012-2015 mehr als 120 Windvorranggebiete ausgewiesen. Zwei dieser Vorranggebiete liegen im Bereich der Stadt Braunfels und dort in der Gemarkung Tiefenbach. Zur Entscheidung steht aber nur das Vorranggebiet 2145 an.
Auswahl der Windvorranggebiete
- Im Zuge der Erarbeitung und Verabschiedung des Teilregionalplanes Energie des Regierungspräsidiums Mittelhessen wurden die Flächen identifiziert, für die Windenergieanlagen möglich sind und diese einer Voruntersuchung unterzogen. Dabei spielten Natur- und Umweltschutz sowie Ökologie eine wesentliche Rolle. Am Ende dieses Prozesses wurden die Windvorranggebiete festgelegt und dann von der Regionalversammlung beim RP Mittelhessen beschlossen.
- Die Festlegung der Windvorranggebiete enthält die Vorgabe, weitere Prüfungen und Untersuchung vor Ort im Rahmen von Genehmigungsverfahren durchzuführen. Dazu gehören besondere Aspekte des Natur- und Artenschutzes.
- Der Teilregionalplan wurde offengelegt – Einsprüche waren möglich!
Genehmigungsverfahren
- Wenn der Vertrag mit der Firma wpd onshore unterzeichnet ist, beginnt diese mit der Vergabe der für die Genehmigung notwendigen Gutachten. Diese Gutachten werden durch externe Fachbüros durchgeführt.
- Im nächsten Schritt wird – auf der Basis der Gutachten – entschieden, an welcher Stelle konkret Windenergieanlagen gebaut werden sollen und wie deren technische Beschaffenheit aussehen soll.
- Danach erfolgt die Einreichung der Genehmigungsunterlagen durch wpd.
- Der Regierungspräsident prüft auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben die eingereichten Unterlagen. Hier erfolgt dann die abschließende Abwägung und letztlich die Genehmigung. Die Genehmigung kann – auf Grund rechtlicher Abwägungen – von den eingereichten Unterlagen abweichen. Es sind auch zusätzliche Auflagen und Einschränkungen beim Betrieb der Windräder möglich.
- Die Genehmigung ist ein Verwaltungsakt, gegen den Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht möglich ist.
Finanzielle Lage der Stadt Braunfels
- Der städtische Haushalt weist im Entwurf für das Jahr 2025 ein Defizit von 2,891 Millionen Euro aus.
- Die Stadt hat nur im Bereich der Gewerbesteuer und der Grundsteuer die Möglichkeit, ihre Einnahmen durch die Festlegung von Hebesätzen zu beeinflussen. Die Gewerbesteuer wird von den in Braunfels ansässigen Unternehmen und Betrieben gezahlt. Die Grundsteuer bezahlen die Grundstückseigentümer, die sie auf die Mieterinnen und Mieter zu 100 Prozent umlegen können. Einen Ertragsausfall aus der Windkraft – ca. € 750.000 jährlich – zu kompensieren bedeutet beispielsweise eine Erhöhung der Grundsteuer um 200 Punkte. Eine Steigerung der aktuellen Grundsteuer um über 50 Prozent – für Hausbesitzer und Mieter.
- Es gibt für die Stadt sogenannte Pflichtaufgaben (z.B. Feuerwehr, Kinderbetreuung) und freiwillige Aufgaben. Zu den freiwilligen Aufgaben gehören zum Beispiel die Bereithaltung eines Schwimmbades und auch der Umfang der Kinderbetreuung über den gesetzlich festgelegten Rahmen hinaus (dazu gehört beispielsweise die Betreuung, die 6 Stunden übersteigt).
- Seit vielen Jahren sind die Gremien der Stadt damit befasst, Einsparmöglichkeiten zu identifizieren. Trotz intensiver Beratungen und Diskussionen sind die Ergebnisse überschaubar.
- Seit längerem hat sich die Stadt der ökologisch nachhaltigen Waldwirtschaft verschrieben – mit dem Ergebnis, dass Erträge aus der klassischen Waldwirtschaft begrenzt sind.
Was spricht aus Sicht der Stadt für den geplanten Windpark?
- Im Interesse einer Absicherung der Energiewende braucht es regenerative Energien. Windkraft ist eine effektive Art, regenerative Energie zu produzieren. Die Stadt Braunfels kann dazu einen Beitrag leisten – auch mit Blick auf den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 18. August 2011, wonach es die Stadt Braunfels anstrebt, bis spätestens zum Jahre 2030 die in der Stadt von Privathaushalten, Wirtschaft, Verwaltung und sonstigen Verbrauchern/innen benötigte und verbrauchte Energie zu 100 % lokal vor Ort zu gewinnen.
- Das Windvorranggebiet 2145 ist auf der Basis eines rechtlich abgesicherten Verfahrens des Regierungspräsidiums Mittelhessen in den Teilregionalplan Energie aufgenommen worden.
- Alle ökologischen, naturschutzrechtlichen Belange werden im Zuge des Genehmigungsverfahrens abgewogen. Das betrifft auch alle im Zuge der Diskussion in Braunfels vorgebrachten Hinweise auf Beeinträchtigungen.
- Um eine übermäßige Belastung aller Bürgerinnen und Bürger durch Steuern und Abgaben zu vermeiden und zur Sicherstellung des Erhalts der Infrastruktur, ist die Stadt auf zusätzliche und dauerhafte Einnahmen angewiesen. Dazu ist die Stadt auch gesetzlich verpflichtet.
- Im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit wpd und den anderen Bewerbern wurde seitens des Magistrats viel Wert auf Einflussnahme des Windparkbaus und -betriebs im Sinne der Stadt gelegt. Dazu gehören insbesondere die Regelung des Rückbaus und der dauerhafte Betrieb der Anlagen durch wpd.
In Abwägung der Rahmenbedingungen – Erreichen der Ziele der Energiewende, Nutzung des vorgeprüften Windvorranggebietes, finanzielle Situation der Stadt Braunfels – ist die Realisierung des Windparks Braunfels notwendig und sinnvoll.