Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Die aktuelle Debatte um den Windpark Braunfels konzentriert sich auf die Frage, warum nicht jetzt entschieden wird, einen Bürgerentscheid durchzuführen.
Eine solche Zulassung orientiert sich ausschließlich an den gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Die Organisatoren des Bürgerbegehrens und der Magistrat der Stadt Braunfels haben dazu unterschiedliche Auffassungen.
Nachstehend finden Sie Informationen zur Anrufung des Verwaltungsgerichtes sowie zum Bürgerbegehren und den Zulassungsvoraussetzungen aus der Sicht des Magistrates.
Geplant war, dass die Stadtverordnetenversammlung am 24. April über die Vorlage des Magistrates zur Zulässigkeit des Bürgerentscheides abstimmen sollte. Eine Vertrauensperson des Bürgerbegehrens hat im Vorfeld dieser Stadtverordnetenversammlung das Verwaltungsgericht in Gießen angerufen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes Gießen lautet: „Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des am 27. März 2025 eingereichten Bürgerbegehrens „Erhaltet den Braunfelser Wald“ keine Pacht-/Nutzungsverträge für Windkraftanlagen im Braunfelser Wald zu unterzeichnen“.
Die Stadt wird vor Gericht vom Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) vertreten. HSGB und die Stadt teilen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes Gießen nicht und haben daher Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel – der höchsten Instanz der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit – eingereicht. Damit hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in Gießen zunächst keine Rechtskraft.
Warum hat die Stadt Beschwerde eingelegt? Nach Gesetzes- und Rechtslage der Hessischen Gemeindeordnung ist die Entscheidung über die Zulassung eines Bürgerentscheides keine freie, politische Entscheidung. Die Entscheidung hat sich ausschließlich daran zu orientieren, ob alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Hierüber gibt es zwischen den Initiatoren des Bürgerbegehrens und der Stadt unterschiedliche Auffassungen. Auch darüber, ob die Änderung der Hessischen Gemeindeordnung vom 27. März 2025 anzuwenden ist oder nicht. Daher ist für die Stadt zwingend, zunächst diese Frage gerichtlich klären zu lassen. Sobald der Verwaltungsgerichtshof entschieden hat, wird auch die Stadtverordnetenversammlung entscheiden.
Die Stadtverordnetenversammlung hat am 14. Dezember 2023 den Magistrat beauftragt, mit möglichen Investoren Verhandlungen aufzunehmen. Die Fläche, um die es geht, ist im Teilregionalplan „Energie Mittelhessen“ als Windvorranggebiet 2145 ausgewiesen.
Dieser Teilregionalplan wurde unter Beteiligung aller interessierten und gesetzlich vorgesehenen Institutionen – z.B. Umweltverbänden – sowie der Bevölkerung erstellt. Vor der Ausweisung des Vorranggebietes in Tiefenbach erfolgten u.a. auch Prüfungen auf Eignung für die Errichtung von Windkraftanlagen.
Das Vorranggebiet gehört zu ca. 50 Prozent der Stadt Braunfels. Diesen städtischen Anteil will die Stadt zur Errichtung eines Windparks verpachten. Die Betreiberfirma (wpd) wird nach Abschluss des Nutzungsvertrages umfangreiche Gutachten – insbesondere auf dem Gebiet des Natur- und Umweltschutzes – in Auftrag geben. Diese Gutachten sind Teil des Antrages auf Genehmigung der Errichtung der Windenergieanlagen. Über die Genehmigung entscheidet das Regierungspräsidium in Gießen. Gegen diese Entscheidung ist natürlich eine Klage beim Verwaltungsgericht möglich.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens wenden sich zum einen gegen den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung am 30. Januar 2025 (Abschluss eines Nutzungsvertrages mit wpd) und grundsätzlich gegen die Errichtung von Windenergieanlagen im kommunalen Wald. Über 2000 Bürgerinnen und Bürger unterstützen das Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift.
Jetzt steht die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung über die Zulässigkeit eines Bürgerentscheides an. Diese Entscheidung ist ausdrücklich keine politische Entscheidung. Hier muss bewertet werden, ob das Bürgerbegehren die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Dazu gehört unter anderem
| - | eine vorgeschriebene Anzahl von Unterstützungsunterschriften |
| - | eine eindeutige Fragestellung |
| - | die Kompensation des Ertragsausfalls (€ 750.000 jährlich auf die Dauer von 30 Jahren) |
Außerdem hat der Gesetzgeber am 27. März 2025 die Hessische Gemeindeordnung geändert. Danach sind für eine Reihe von Vorhaben zukünftig keine Bürgerentscheide mehr möglich. Dazu gehören auch Entscheidungen zur Errichtung von Windenergieanlagen.
Vor einer Abstimmung über die Zulässigkeit eines Bürgerentscheides in der Stadtverordnetenversammlung müssen die rechtlichen Voraussetzungen zwingend geklärt sein. Dazu gehört auch die Frage, ob die vom Hessischen Landtag am 27. März 2025 beschlossenen Änderungen der Hessischen Gemeindeordnung Anwendung finden. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesänderung die Möglichkeiten, zu denen Bürgerentscheide stattfinden können, eingeschränkt. Diese Klärung erfolgt jetzt durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof, der höchsten Instanz der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, in Kassel. Sobald diese vorliegt, wird der Magistrat eine Vorlage zur Zulässigkeit des Bürgerentscheids der Stadtverordnetenversammlung zur Entscheidung vorlegen.