Es waren sicher mehr als 200 Menschen, die am Samstagnachmittag bei bestem Wetter in den Braunfelser Kurpark gekommen waren, um 60 Jahre Partnerschaft von Braunfels mit dem französischen Bagnols-sur-Cèze und dem englischen Newbury zu feiern. Unter Ihnen konnte Moderator Gernot Buseck, neben etwa 60 ausländischen Gästen, Graf und Gräfin Oppersdorff, die Braunfelser Altbürgermeister Peter Schneider, Dieter Schmidt und Wolfgang Keller, zahlreiche Magistratsmitglieder, Stadtverordnete und Vertreter der Partnerschaftsvereine aus Waldsolms und Leun begrüßen. Besonders erfreut begrüßte er den Ehrenvorsitzenden des Partnerschaftsrings Braunfels, Günter Jakob, die Ehrenmitglieder Ferdinand Betzenberger und Gerhard Adam sowie den langjährigen Partnerschaftssekretär für Newbury, Horst Schindler. Für den musikalischen und tänzerischen Rahmen sorgten mit dem Blasorchester der freiwilligen Feuerwehr Bonbaden und dem Volkstanzkreis Braunfels zwei Vereine, die über viele Jahre immer wieder aktiv an partnerschaftlichen Begegnungen teilgenommen haben.
Der Braunfelser Bürgermeister Christian Breithecker wandte sich in seiner Festrede zunächst an seine Amtskollegen Nigel Foot aus Newbury und Jean-Yves Chapelet aus Bagnols-sur-Cèze und hieß sie mit den beiden großen Delegationen ebenso herzlich willkommen, wie die Abordnungen aus Carcaixent, Eeklo, Feltre, Kiskunfelegyhaza und dem befreundeten polnischen Zamosc. Er blickte zurück auf die Entstehungsgeschichte dieser beiden Partnerschaften und erinnerte an mutige und aufgeschlossene Kommunalpolitiker aus den drei Städten, die nur wenige Jahre nach Ende des 2.Weltkriegs diese Verbindungen geschmiedet hatten. Von Beginn an habe man auch die junge Generation mit involviert und bereits 1963 einen Schüleraustausch mit Newbury begonnen. Zudem sei darauf geachtet worden, dass die Partnerschaft die Menschen der jeweiligen Städte getragen und mit Leben gefüllt werden und nicht allein durch Rathäuser und Offizielle. So sei es 1968 in Braunfels auch zur Entstehung des Partnerschaftsrings gekommen, dessen Wirken besonders diesem Ziel diene und dem er dafür herzlich danke.
Newburys Bürgermeister Nigel Foot blickte in seiner Festansprache auf die großen Einschnitte der letzten Jahre und nannte die Corona-Pandemie und den Brexit („einen …. Akt selbstverschuldeten Wahnsinns“), der alle, denen die Idee der Städtepartnerschaften am Herzen liege, mit tiefer Trauer erfülle. Besonders junge Menschen spürten nun, dass Reisen, freie Arbeitsplatzwahl in Europa, Auslandsstudien und einiges mehr nicht mehr so einfach und selbstverständlich möglich seien. Aufgrund dieser Einschnitte sei es erforderlich gewesen, das ursprüngliche Konzept der Städtepartnerschaften neu mit Leben zu füllen. Dies wolle man aber intensiv und engagiert in Newbury tun und sei daher sehr glücklich über die Einladung, das Jubiläum inmitten der europäischen Freunde zu feiern.
Sein französischer Amtskollege Jean-Yves Chapelet sprach von der unzertrennlichen Freundschaft zwischen den Menschen in Bagnols-sur-Cèze und Braunfels. Mit den Worten von Jean Monnet stellte er fest:“ Wir vereinen nicht Staaten oder Städte, sondern Menschen. “Er berichtete von seiner Enkelin, die in Frankreich geboren sei, in Deutschland in einer deutsch-französischen Familie aufwachse und damit im besten Sinne die Vereinigung unserer Kulturen und Träume verkörpere. Er übergab den Braunfelsern einen Granatapfelbaum, ein Symbol von Fruchtbarkeit und Langlebigkeit, um weiterhin Freundschaft und Frieden zu pflegen.
Michael Reitz, Vorsitzender des Partnerschaftsrings, zeigte sich in seinem Grußwort angesichts des großen Zuspruchs zu der Feierstunde hoch erfreut. Er dankte allen Gastgebern, mit deren großer Unterstützung es gelungen sei, alle europäischen Gäste privat unterzubringen. Sie öffneten ihre Türen und Herzen für Menschen mit verschiedenen Sprachen und Kulturen und helfen so, das von Michail Gorbatschow in dessen berühmten Rede vor dem Europarat 1989 beschriebene gemeinsame europäische Haus zu erbauen. Man feiere deshalb das 60-jährige, auch wenn es kein klassisches Jubiläum sei, weil es vielen langjährigen Aktiven der Partnerschaft ermögliche, persönlich teilzunehmen. Stellvertretend nannte er Philippe Eyserric aus Bagnols, Vorstandsmitglied des dortigen „Commité des jumelages“, der an diesem Tag seinen 60. Geburtstag feierte und es sich nicht hatte nehmen lassen, nach Braunfels zu kommen. Reitz dankte den Pionieren und visionären Vordenkern der Braunfelser Partnerschaftsarbeit, allen voran Günter Jakob, die nicht nur die Vertiefung der einzelnen Partnerschaften betrieben hätten, sondern mit viel Engagement und Ideen die Verbindungen der Partnerstädte untereinander gefestigt und damit ein Netzwerk, ja eine lebendige und vielfältige Partnerschaftsfamilie geschaffen haben. Aus diesem Netzwerk heraus habe man mehrfach europarelevante Projekte bearbeitet und führe jährlich ein Treffen der jungen Erwachsenen zwischen 16 und 26 Jahren durch, was den Gedanken der Partnerschaften in die nächsten Generationen trage. An diesem Festwochenende wolle man sich aber vor allem Zeit nehmen, miteinander zu feiern, alte Freundschaften zu festigen und neue zu begründen. Damit dies gelinge, sei die Mithilfe von vielen ehrenamtlich Tätigen genauso erforderlich, wie die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Stadt und der Kur-GmbH. Ferner danke er für die großzügige Förderung durch den Deutsch-Französischen Bürgerfonds, das Land Hessen und die Sparkasse Wetzlar.
Der stellvertretende Stadtverordnetenvorsteher Burkhard Hinz überbrachte die Grüße und Glückwünsche sowie den Dank der städtischen Gremien. Er beschrieb das geeinte Europa als ein Schiff, welches sich aktuell einigen Stürmen und Unwettern (z.B. Brexit, Pandemie, Ukrainekrieg) ausgesetzt sehe. Die hier Versammelten, die Freundschaft, Miteinander und Zusammenhalt zu ihrer Maxime gemacht hätten, arbeiteten jeden Tag gleichsam im Maschinenraum des Schiffes Europa daran, dieses durch die raue See zu steuern.
Im Anschluss an den Festakt tauschten sich die Anwesenden bei einem Sektempfang, zu dem die Stadt Braunfels geladen hatte, angeregt aus. Abends trafen sich Gäste und Gastgeber zum gemeinsamen Festessen im Gasthaus Obermühle.
Hatte am Vortag der gemeinsame Ausflug nach Koblenz mit Seilbahnfahrt und Schifffahrt in das Weinörtchen Winningen an der Mosel noch unter dem regnerischen Wetter zu leiden, entschädigte besonders der sonnige Sonntag. Viele Gäste und Gastgeber nutzen dies für einen Ausflug in die Umgebung, nach Wetzlar, Weilburg oder Marburg, für eine kleine Radtour rund um Braunfels oder einen gemütlichen Tag im heimischen Garten. Abends trafen sich alle erneut im Biergarten im Braunfelser Kurpark zum Abschiednehmen und versprachen sich ein baldiges Wiedersehen.