Während einer gemeinsamen Begehung machten sich die Beteiligten ein Bild von der Umsetzung: (v. l.) Bürgermeister Christian Breithecker; Marc Schöler, Baumdienste Lindenthal; Sabrina Keuser, Regierungspräsidium Gießen; Franziska Franz, Baumdienste Lindenthal; Sena Werigin, Planungsbüro Koch; Dr. Christiane Koch, Planungsbüro Koch; René Barth, Burkhard Barth Baggerbetrieb GmbH; Bernd Flick, Regierungspräsidium Gießen sowie Heinfried Obitz, zuständig für Stadtplanung und Naturschutz - Umwelt und Natur der Stadt Braunfels. (Foto: Stadt Braunfels)
Hier wurde ein naturnahes Raugerinne angelegt. (Foto: Planungsbüro Koch)
Der Lindelbach im Braunfelser Stadtteil Tiefenbach befand sich in einem schlechten ökologischen Zustand: Bisher war das Gewässer durch strukturelle Probleme gekennzeichnet, die nun durch eine entsprechende Renaturierung beseitigt wurden. Renaturierung bedeutet, dass Ökosysteme wieder in einen naturnahen Zustand gebracht werden, nachdem sie geschädigt oder zerstört wurden. Beeinträchtigungen bestanden durch Uferbefestigungen, die Eintiefung des Gewässers sowie das weitgehende Fehlen natürlicher und naturnaher Gewässerrandstreifen. Zudem bestanden Hindernisse für Fische und andere Kleinstlebewesen.
Grundlage für die Umsetzung der Renaturierung ist die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Eines der Ziele, das in der Richtlinie festgelegt wurde, ist die Erreichung eines guten ökologischen Zustands aller Oberflächengewässer. Denn Begradigungen, Verrohrungen und Entwässerungen von Landwirtschaftsflächen beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen erheblich.
Um die Defizite zu beheben, wurde vom Planungsbüro Koch aus Aßlar für den Lindelbach in den Jahren 2016 und 2017 ein Plan zur Fließgewässerrenaturierung erstellt und mit den Fachbehörden abgestimmt. Ziel war die Entwicklung von strukturreichen Lebensräumen für eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt sowie das Herstellen einer linearen Durchgängigkeit für Fließgewässerorganismen.
Damit ein guter ökologischer Zustand erreicht werden konnte, war im Rahmen der Renaturierung vorgesehen, die Uferbefestigungen aufzubrechen sowie die Hindernisse durch das Anlegen naturnaher Raugerinne zurückzubauen. Zudem wurden Grundschwellen eingebaut, damit das eingetiefte Gewässer schrittweise angehoben werden konnte. Dies kommt gleichzeitig dem Schutz vor Hochwasser des Lindelbachs zugute. Außerdem wurde Totholz und Steinmaterial eingebaut, das zum Strukturanreichern sowie zu einer naturnahen Gewässerdynamik dienen soll.
Durch die genannten Vorkehrungen wurde der Lindelbach in dem betroffenen Abschnitt naturnah gestaltet und die Fließgeschwindigkeit herabgesetzt. Auch die Durchgängigkeit für Kleinstlebewesen konnte dadurch hergestellt werden. Die Arbeiten tragen zusammenfassend zur Optimierung der Lebensräume sowie zur Wasserspeicherung des Lindelbachs bei.
Bürgermeister Christian Breithecker ist überzeugt: „Mit der Renaturierung des Lindelbachs haben wir nicht nur bessere Bedingungen für die Pflanzen- und Tierwelt geschaffen, sondern gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Hochwasser geleistet.“ Denn die vorgenommenen Arbeiten führen zu einem verlangsamten Abfluss der anfallenden Niederschläge. Somit werden starke Hochwasserereignisse abgemildert und die Intensität von Überschwemmungen verringert.
Unterhaltungspflichtig für das Gewässer ist die Stadt Braunfels. Demnach war die Stadt dazu verpflichtet, die Renaturierung umzusetzen. Durchgeführt wurden die Arbeiten - mit witterungsbedingter Unterbrechung - zwischen Oktober 2023 und November 2024. Mit der Umsetzung beauftragt war die Firma Burkhard Barth Baggerbetrieb GmbH aus Kirchvers. Die Bauleitung erfolgte durch das Planungsbüro Koch. Ebenfalls an der Umsetzung beteiligt waren die Firmen Baumdienste Lindenthal aus Solms für sämtliche Fällarbeiten sowie das Büro für Fischbiologie und Gewässerökologie aus Wetter für die Abfischungen. Diese erfolgten, um keine Fische zu gefährden. Dabei konnten zahlreiche Fische gefangen und umgelagert werden. Überwacht wurden die Arbeiten durch die Fachdezernate des Regierungspräsidiums Gießen.
Insgesamt haben die Planung und Umsetzung der Renaturierung des Lindelbachs rund 280.000 Euro gekostet. Davon wurden 90 Prozent vom Land Hessen gefördert.