Pflegekosten interessieren: Großer Andrang bei Vortrag von Anne Herröder
„Was kostet ein Platz im Pflegeheim?“ - Die Antwort auf diese Frage hat über 60 Menschen jenseits der 60 brennend interessiert. Bevor Anne Herröder, Einrichtungsleiterin des Johanniterstifts in Großen-Buseck, die „nackten“ Zahlen präsentierte, ging sie auf die Pflegeversicherung, Pflegebedürftigkeit und die Zusammensetzung der Heimkosten ein. Im Auftrag der Pflegekassen wird die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit für die Zuordnung in einen Pflegegrad durch den Medizinischen Dienst vorgenommen. Seit 1. Januar 2017 hat der Gesetzgeber von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade umgestellt. Herröder ging detailliert auf die Punktevergabe ein, die letztlich für die Einstufung in den Pflegegrad und damit für die Höhe der Leistungen aus der Pflegeversicherung maßgeblich ist.
Während bei Pflegegrad 1 nur ein eingeschränkter Anspruch (125 Euro monatlich) besteht, steigen bei den Pflegegraden 2 bis 5 die Ansprüche aus der gesetzlichen Pflegeversicherung entsprechend bis auf 2005 Euro bei Grad 5, so dass für den Bedürftigen unter dem Strich der Zuzahlungsbetrag immer gleichbleibt. Dieser Betrag ist damit für alle Einwohner einer Einrichtung gleich hoch. Egal also, ob bei Pflegegrad 3 insgesamt 3383 Euro monatlich (täglich 111,21 Euro) oder bei Pflegegrad 5 Gesamtkosten von 4126 Euro berechnet werden, es verbleibt immer ein Zuzahlungsbetrag von 2075 Euro. „Der Eigenanteil steigt also nicht, wenn der Pflegebedürftige in einen höheren Pflegegrad eingestuft wird,“ unterstreicht Herröder das Gesagte.
Die monatlichen Kosten der Unterbringung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung variieren bundesweit und sind im Wesentlichen abhängig von der Ausstattung und Lage des Pflegeheims sowie dem Bundesland. Hessen liegt dabei im Mittelfeld. Die Kosten setzen sich zusammen aus Aufwendungen für Pflege und Betreuung, einem Beitrag zur Ausbildungsvergütung (Einrichtungen mit vielen Auszubildenden werden belohnt, indem der Umlagebeitrag in den Ausbildungsfonds sinkt), Unterkunft und Verpflegung und Investitionskosten (vom Neubau bis zur Nachrüstung einer Klimaanlage).
Persönlich muss der Heimbewohner etwa für Rezeptgebühren, Fußpflege, Friseur, Brille, Hörgeräte und eigene Pflegeprodukte aufkommen, falls er die Hausmarke nicht wünscht. Dem Pflegebedürftigen verbleibt ein Barbetrag von aktuell 130,52 Euro und eine Bekleidungspauschale von 25,13 Euro.
Herröder betont ausdrücklich, dass aufgrund des enormen Anstiegs der Energie- und Lebensmittelpreise und der moderaten Lohnerhöhungen die Kosten explodierten und fast alle Pflegeheime derzeit mit „Unterdeckung“ arbeiten. „Die Verhandlungen mit den Trägern der Pflegekassen, die unter dem Dach der Krankenkassen angesiedelt sind, laufen. Jedes Heim verhandelt mit den Krankenkassen eigene Erstattungssätze aus. Es wird auf jeden Fall zu Erhöhungen der Zuzahlungen kommen. Rechnen Sie nicht nur mit 100 Euro,“ rät die Expertin.
Wer zahlt, wenn der Eigenanteil nicht selbst aufgebracht werden kann? „Die Rente reicht nur in den seltensten Fällen“, so Herröder. Es bedarf einer Prüfung, ob die Differenz zum benötigten Betrag der Sozialhilfeträger übernimmt. Der Antrag beim zuständigen Sozialamt muss noch vor dem Einzug in das Pflegeheim gestellt werden beziehungsweise spätestens bevor das Vermögen aufgebraucht ist. Der Pflegebedürftige hat Anspruch auf ein Schonvermögen in Höhe von 5000 Euro. Bevor das Sozialamt Hilfe zur Pflege leistet, überprüft es, ob die Kinder unterhaltspflichtig sind. Dies greift erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro. Schwiegerkinder sind mit ihren Schwiegereltern nicht verwandt und werden damit auch nicht zu Unterhaltsleistungen herangezogen.
Im Nachgang stand Herröder für persönliche Gespräche zur Verfügung. Diese Gelegenheit wurde rege genutzt. In das Kulturzentrum eingeladen hatte der Förderverein „Kranken- und Pflegehilfe Buseck“ in Kooperation mit dem Behinderten- und Seniorenbeirat der Gemeinde.