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Dietzhölztaler Nachrichten
Ausgabe 46/2025
Aus dem Rathaus wird berichtet
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Das Ordnungsamt informiert - Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung zum Schutz vor der Hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI)

(Aufstallungspflicht, Einschränkungen des Reisegewerbes und Untersagung von Geflügelausstellung)

Aufgrund des Art. 70 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchst. d und Art. 71 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665, 2664) in der zurzeit gültigen Fassung ergeht für den Lahn-Dill-Kreis folgende

Allgemeinverfügung

1.

Wer im Lahn-Dill-Kreis Geflügel i. S. des Art. 4 Nr. 9 bzw. in Gefangenschaft gehaltene Vögel der für aviäre Influenza empfänglichen Arten i. S. des Art. 4 Nr. 10 der Verordnung (EU) 2016/429 mit Ausnahme von Tauben hält, hat diese Vögel

a.

in geschlossenen Ställen oder

b.

unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenabgrenzung bestehen muss (Schutzvorrichtung), zu halten.

2.

Geflügelausstellungen, Geflügelmärkte sowie Veranstaltungen ähnlicher Art, (z.B. Vogelbörsen), bei denen Geflügel und gehaltene Vögel anderer Arten gehandelt oder zur Schau gestellt werden sind im Lahn-Dill-Kreis untersagt.

3.

Wer im Gebiet des Lahn-Dill-Kreises mit Geflügel im Sinne des § 14 a Abs. 1 der Geflügelpestverordnung in Form eines Reisegewerbes (Außerhalb einer festen oder ohne eine feste Niederlassung) handelt, darf Geflügel gewerbsmäßig nur abgeben, soweit es längstens vier Tage vor Abgabe

a)

klinisch tierärztlich oder

b)

im Fall von Enten und Gänsen, virologisch

mit negativem Ergebnis auf das Virus der Aviären Influenza untersucht worden ist.

Derjenige, der das Geflügel abgibt, hat eine tierärztliche Bescheinigung über das Ergebnis der Untersuchung mitzuführen. Die Bescheinigung ist meiner Behörde auf Verlangen vorzulegen.

4.

Die sofortige Vollziehung der Anordnungen unter den Ziffern 1. bis 3. dieser Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im öffentlichen Interesse angeordnet.

5.

Diese Allgemeinverfügung gilt mit Ablauf des Tages, an dem die ortsübliche Bekanntmachung auf der Internetseite www.lahn-dill-kreis.de/bekanntmachungen erfolgt, als bekannt gegeben. Sie tritt am 01.11.2025 in Kraft. Diese Verfügung kann während der allgemeinen Dienststunden im Gebäude der Verwaltung des Lahn-Dill-Kreises in Wetzlar, Karl-Kellner-Ring 51, sowie im Gebäude der Verwaltungsstelle Dillenburg, Wilhelmstraße 16-20, eingesehen werden. Gegen Kostenerstattung werden Ausdrucke gefertigt. Diese Verfügung gilt bis auf Widerruf durch die hiesige Behörde.

Begründung

I. Sachverhalt

Nach einem Rückgang der Fallzahlen im Sommer 2025, wurde das Virus der hochpathogenen aviären Influenza (HPAIV) seit Ende September wieder vermehrt in Hausgeflügelhaltungen und in der Wildvogelpopulation in Deutschland nachgewiesen. Die derzeit auffallend betroffenen Kraniche sind nicht die einzige betroffene Wildvogelart. Allerdings zeigen andere wilde Wasservogelarten wie Enten oder Gänse unter Umständen geringere Krankheitssymptome einer HPAIV-Infektion, auch weil sie bereits eine Teilimmunität entwickelt haben könnten.

Aktuell muss von einer erhöhten Viruszirkulation im Wildvogelbereich und damit von einem erhöhten Infektionsdruck, auch für die Einschleppung der HPAI in Geflügelhaltungen, ausgegangen werden. Das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) stuft das Risiko des Eintrags, der Aus- und Weiterverbreitung von HPAI H5-Viren in wild lebenden Wasservogelpopulationen innerhalb Deutschlands sowie das Risiko von HPAIV H5- Einträgen in deutsche Geflügelhaltungen und Vogelbestände in zoologischen Einrichtungen durch direkte und indirekte Kontakte zu Wildvögeln in der aktuellen Risikoeinschätzung vom 20. Oktober 2025 als hoch ein.

Zwischen dem 01. September und 20. Oktober 2025 wurden in Deutschland 15 HPAIV H5N1Ausbrüche bei Geflügel in sieben Bundesländern festgestellt. Betroffen waren Hühner, Gänse, Enten und Puten mit den Produktionsrichtungen Mast, Zucht- und Legehennenbetriebe. Gegenwärtig ist eine Zunahme von HPAIV H5N1 Infektionen bei verschiedenen Wildvogelspezies zu beobachten, und auch die Anzahl von HPAIV-Ausbrüchen in Geflügelhaltungen ist in den letzten beiden Wochen sprunghaft gestiegen.

Das Geschehen entwickelt sich hoch-dynamisch, die Zahl HPAI H5- positiv getesteter Vögel steigt täglich weiter an. Die Funde beschränken sich dabei nicht nur auf die schon betroffenen Bereiche, sondern ständig werden weitere infizierte Wildvögel in bislang noch unauffälligen Gebieten, auch außerhalb von Wildvogelrastgebieten, festgestellt.

In diesem Kontext werden seit dem 23.10.2025 kreisweit verendende (Zug-)Vögel im Lahn-DillKreis gemeldet. Bei einem Kranich welcher in der Gemeinde Solms, Ortsteil Albshausen, gefunden wurde, ist die Infektion mit dem aviären Influenzavirus H5N1 am 28.10.2025 nachgewiesen worden. Bei einem weiteren Kranich, welcher am 28.10.2025 in der Gemeinde Ehringshausen, Ortsteil Kölschhausen, gefunden wurde, besteht nach einem ersten Befund des Landesbetrieb Hessisches Landeslabor in Gießen ebenfalls der Verdacht einer Infektion mit HPAI H5N1. Die endgültige Feststellung der Geflügelpest steht bei diesem Kranich noch aus. Weitere im Lahn-Dill-Kreis verendete Wildvögel werden zum aktuellen Zeitpunkt auf das Vorliegen der Geflügelpest untersucht. Der Ausbruch der Geflügelpest wurde zudem am 23.10.2025 im Landkreis Groß-Gerau, am 28.10.2025 im Landkreis Gießen und im Vogelsbergkreis, sowie am 29.10.2025 im Landkreis Limburg-Weilburg bei Wildvögeln festgestellt. Weitere Verdachtsfälle werden in anderen Hessisches Landkreisen abgeklärt. Dies bestätigt, dass das Virus aktuell in der umliegenden Wildvogelpopulation zirkuliert. Es ist mit weiteren Meldungen und Nachweisen der Geflügelpest zu rechnen, da der Vogelzug erst zu ca. einem Drittel abgeschlossen ist und noch bis mind. Mitte November anhalten wird.

Aufgrund der aktuell gehäuften Nachweise von HPAIV H5N1 bei Wildvögeln im Inland und dem Ausbruch der Geflügelpest bei mindestens zwei Kranichen im Lahn-Dill-Kreises ist die konsequente Umsetzung von Biosicherheitsmaßnahmen und der risikobasierten Aufstallung der in Nr. 1 genannten Vögel erforderlich, um das Risiko der Einschleppung der Geflügelpest in Geflügel- und anderen Vogelhaltungen zu minimieren. Daher wurde bereits eine erste Allgemeinverfügung zur Anordnung von Biosicherheitsmaßnahmen am 29.10.2025 erlassen.

II. Rechtliche Würdigung

Die Zuständigkeit des Landrates des Lahn-Dill-Kreises ergibt sich aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und der Ernährungssicherstellung und -vorsorge (VLEVollzG) vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 229, 232) in der zurzeit gültigen Fassung, da in der Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten im Veterinärwesen und bei der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung vom 8. November 2010 (GVBl I 354, 358) in der zurzeit gültigen Fassung keine abweichende Zuständigkeit begründet wurde.

Bei der Geflügelpest handelt es sich gemäß Artikel 5 Absatz 1 Bst. a Ziffer iv der Verordnung (EU) 2016/429 vom 9. März 2016 in der aktuell gültigen Fassung um eine gelistete Seuche, die gemäß Art. 9 Abs. 1 Bst. a der Verordnung (EU) 2016/429 vom 9. März 2016 i. V. m. der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 vom 3. Dezember 2018 in der aktuell gültigen Fassung der Kategorie A zugeordnet wird. Unter der Kategorie A sind Seuchen gelistet, die normalerweise nicht in der EU auftreten und für die unmittelbaren Tilgungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, sobald sie nachgewiesen werden.

Zu Ziffer 1:

Gemäß Artikel 70 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 55 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2016/429 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 der Geflügelpestverordnung ist eine Aufstallung des Geflügels und sonstiger gehaltener Vögel von der zuständigen Behörde anzuordnen, soweit dies auf Grundlage einer Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel erforderlich ist.

„Geflügel“ gemäß Art. 4 Nr. 9 der Verordnung (EU) 2016/429 sind Vögel, die zum Zwecke der Erzeugung von Fleisch, Konsumeiern oder sonstigen Erzeugnissen oder zur Wiederaufstockung von Wildbeständen in Gefangenschaft aufgezogen oder gehalten werden. Auch die Zucht von Vögeln für die vorgenannten Zwecke ist in diesem Begriff mit eingeschlossen.

„In Gefangenschaft gehaltene Vögel“ sind gemäß Art. 4 Nr. 10 der Verordnung (EU) 2016/429 Vögel, ausgenommen Geflügel, die aus anderen Gründen als den in Nummer 9 genannten in Gefangenschaft gehalten werden, einschließlich derjenigen Vögel, die für Tierschauen, Wettflüge, Ausstellungen, Turnierkämpfe, zur Zucht oder zum Verkauf gehalten werden.

Das Risiko eines Eintrags des Virus der hochpathogenen aviären Influenza ist in Freilandhaltungen deutlich höher als bei Betrieben mit Stallhaltung. Durch Isolierung und Kontaktverhinderung mit wildlebenden Tieren kann eine Ausbreitung des hochpathogenen aviären Influenzavirus auf andere Vögel effektiv vermindert werden. Dies kann durch Aufstallung der Tiere in geschlossenen Ställen oder durch eine Schutzvorrichtung, die gegen das Eindringen von Wildvögeln gesichert ist, umgesetzt werden. Eine solche Schutzvorrichtung nach Nr. 1 Buchst. b dieser Verfügung muss aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten möglichst dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen. Die Abdeckung und seitliche Begrenzung können auch durch geeignete engmaschige Netze oder Gitter erfolgen. Hierfür verwendete Netze und Gitter dürfen, insbesondere im Bereich der oberen Abdeckung bzw. Überspannung, eine Maschenweite von 25mm nicht überschreiten (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Geflügelpest-Verordnung). Auf eine ausreichende Stabilität der Konstruktion ist zu achten, damit diese auch gegenüber Wind- und Wettereinflüssen standhalten. Futter- und Wasserquellen für das Nutzgeflügel dürfen Wildvögeln nicht zugänglich sein.

Netze und Gitter dürfen zur Vermeidung des Kontaktes zu Wildvögeln in Ausnahmefällen genutzt werden, wenn sie als Abdeckung nach oben eine Maschenweite von nicht mehr als 25 mm aufweisen.

Nach Durchführung der Risikobewertung gem. § 13 Abs. 2 Geflügelpestverordnung ist aufgrund der Risikoeinschätzung des FLI, des nachgewiesenen Vorkommens von hochpathogenem aviären Influenzavirus vom Subtyp H5 in der Wildvogelpopulation im Lahn-Dill-Kreis und anderen

Regionen Hessens, der aktuell hohen Wildvogeldichte im Rahmen des Vogelzugs sowie der hohen Geflügeldichte im Kreisgebiet eine Aufstallung des Geflügels im gesamten Kreisgebiet anzuordnen, um die Einschleppung des Virus der hochpathogenen aviären Influenza durch Wildvögel in Nutztierbestände und Vogelhaltungen zu vermeiden. Entgegenstehende Interessen von Tierhaltern müssen gegenüber den Interessen an der Bekämpfung der Tierseuche zurückstehen. Die getroffene Anordnung ist geeignet und erforderlich, um den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen. Durch die Aufstallung des Hausgeflügels und der sonstigen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln wird das Risiko eines direkten und indirekten Kontakts mit infizierten Wildvögeln minimiert.

Zu Ziffer 2:

Gemäß Artikel 70 Abs. 1 Buchst. b trifft die zuständige Behörde alle erforderlichen Maßnahmen entsprechend Artikel 70 Abs. 2 der Verordnung (EU) 429/2016. Gemäß Artikel 71 Abs. 1 der Verordnung (EU) 429/2016 kann die zuständige Behörde zusätzliche notwendige Maßnahmen ergreifen, um die weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Nach § 4 Abs. 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung von Tierseuchen im Viehverkehr (Viehverkehrsverordnung - ViehVerkV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 2020 (BGBl. I S. 1170) bzw. in der zurzeit gültigen Fassung kann die zuständige Behörde Veranstaltungen beschränken oder verbieten, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist. Das gemäß Ziffer 2 dieser Verfügung angeordnete Verbot von überregionalen Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art im Lahn-Dill-Kreis, bei denen die in Nr. 1 genannten Tiere empfänglicher Art verkauft oder zur Schau gestellt werden, ist erforderlich, da durch den bei solchen Veranstaltungen gegebenen engen Kontakt von Vögeln ein bislang nicht abschätzbares Infektionsrisiko besteht und durch einen Verkauf bzw. die Rückkehr der Vögel in ihre Herkunftsbestände eine Verschleppung des Virus in weitere Regionen über potentiell infizierte Vögel möglich ist. Das Risiko, dass das Virus durch Aussteller und Besucher auch in geschlossene Ausstellungshallen eingetragen wird, ist innerhalb der Risikogebiete als besonders hoch anzusehen. Da Geflügel bereits mit dem Virus infiziert sein kann bzw. gemeinsam mit Geflügel gehaltene Vögel anderer Arten das Virus passiv weitertragen können, gilt es zu verhindern, dass das Virus über diese Tiere nach einer Teilnahme an Börsen, Märkten oder Veranstaltungen ähnlicher Art weiter verschleppt wird. Da Tauben für das Virus der Geflügelpest H5N1 grundsätzlich empfänglich sind, gilt das Ausstellungsverbot auch für diese Tierarten. Dies entspricht der Einschätzung des FLI (Empfehlungskatalog „Maßnahmen gegen HPAI-Eintrag und -Ausbreitung bei Geflügel und Wildvögeln in Deutschland“, Stand 09.12.2022), wonach Rassetaubenausstellungen bei in Zeiten eines hohen Risikos oder bei Kenntnis von HPAIV-Fällen oder -Ausbrüchen in einer Region ausgesetzt werden sollten.

Insbesondere bei überregionalen Veranstaltungen besteht die Gefahr einer massiven Verbreitung der hochpathogenen aviären Influenza durch das Zusammentreffen von Geflügel und gemeinsam mit Geflügel gehaltenen Vögeln anderer Arten aus verschiedenen Tierbeständen sowie durch den Personenverkehr. Entgegenstehende Interessen von Veranstaltern, Teilnehmern oder Besuchern solcher Veranstaltungen müssen gegenüber den Interessen an der Bekämpfung der Tierseuche zurückstehen. Die getroffene Anordnung ist geeignet und erforderlich, um den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen.

Zu Ziffer 3:

Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hochansteckende Viruserkrankung von Geflügel und anderen Vögeln, die zu schweren klinischen Erkrankungen bis hin zum Tod der infizierten Tiere führt. Enten und Gänse erkranken oftmals weniger schwer, die Krankheit führt bei diesen Tieren nicht immer zum Tod und kann bei milden Verläufen gänzlich übersehen werden. Das führt zu hohen Leiden und Schäden bei diesen Tieren. Kranke Tiere scheiden den Erreger massenhaft mit dem Kot sowie mit Schleim oder Flüssigkeit aus Schnabel und Augen aus. Bei direktem Kontakt stecken sich andere Tiere durch Einatmen oder Aufpicken von virushaltigem Material an. Auch Eier, die von infizierten Tieren gelegt werden, können virushaltig sein. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Auftreten der Geflügelpest in Hausgeflügelbeständen zu erheblichen Handelsbeschränkungen und damit zu weiteren erheblichen wirtschaftlichen Schäden führt. Die Raumluft bei einem Transport in geschlossenen Fahrzeugen und die Nähe zu dem Geflügel aus anderen Betrieben können für einen raschen Erregeraustausch innerhalb des Transportfahrzeuges führen. Es wäre somit denkbar, dass ein unbemerkt infiziertes Tier als Infektionsquelle zur Verbreitung des Virus dient. Daher ist der epidemiologische Zusammenhang mit dem Ausbruchsbetrieb auch in solchen Betrieben festzustellen, die zwar kein Geflügel aus dem Ausbruchsbetrieb selbst erhalten haben, aber mit Geflügel von demselben Transport beliefert wurden. In den belieferten Betrieben ist aufgrund des epidemiologischen Zusammenhangs mit einem bestätigten Fall der Verdacht des Ausbruchs der Geflügelpest im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 festzustellen.

Dadurch entstehen enorme wirtschaftliche Verluste für die betroffenen Tierhalter/innen. Von der Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe geht in Anbetracht der Seuchenlage demnach ein besonderes Infektionsrisiko mit erheblichen Folgen für die betroffenen Betriebe aus. Der Tierhandel birgt naturgemäß durch den Bezug der Tiere aus unterschiedlichen Quellen, deren Durchmischung anlässlich des Transports und deren Weiterverteilung auf eine Vielzahl von Beständen ein erhöhtes seuchenhygienisches Risiko.

Gemessen an den gravierenden Folgen einer Verbreitung der Seuche und Infektion mit HPAIV für die betroffenen Bestände und auch die betroffenen Regionen in ganz Deutschland ist es zur Bekämpfung und Eindämmung des Seuchengeschehens aktuell erforderlich, die Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe nur unter den in der Geflügelpest-Verordnung genannten Bedingungen zuzulassen.

Die klinische Untersuchung von anderem Geflügel als Enten und Gänsen bzw. die virologische Untersuchung der letztgenannten Tierarten bietet auf Grundlage der veterinärmedizinischen Erkenntnisse, die sich in der Gesetzgebung des § 14a Geflügelpest-Verordnung niederschlagen, eine höhere Sicherheit, dass kein Virus verschleppt wird, als ohne Untersuchung besteht. Die Anordnung ist erforderlich, da kein anderes, milderes Mittel zur Verfügung steht, welches zur Zweckerreichung gleichermaßen geeignet ist. Die Anordnung ist auch für das gesamte Gebiet des Lahn-Dill-Kreises erforderlich, da die Gefahr besteht, dass sich das Geschehen aufgrund seiner

Dynamik weiter ausweitet. Darüber hinaus besteht bundesweit ein hohes GeflügelpestEinschleppungsrisiko über HPAlV-infizierte Wildvögel in Hausgeflügelbestände und Geflügelhandelsbetriebe.

Aufgrund der typischerweise beim Wassergeflügel weniger bis gar nicht ausgeprägten klinischen Symptomatik ist für diese Tierarten eine Abklärung mittels virologischer Untersuchungen vorgesehen. Eine wirksame Überwachung des Lebendgeflügelverkaufs im Reisegewerbe zur Vermeidung einer Verbreitung von HPAIV-Infektionen auf diesem Weg ist demnach für eine effektive Tierseuchenbekämpfung erforderlich. Zudem konkretisieren die angeordneten Maßnahmen ebenfalls die gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) 2016/429 bestehende Verpflichtung der Unternehmer das Risiko hinsichtlich der Ausbreitung von Seuchen zu minimieren. Dazu gehört, dass sie geeignete Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren treffen, um das Risiko hinsichtlich der Ausbreitung von Seuchen zu reduzieren. Diese umfassen gemäß Artikel 10 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2016/429 unter anderem Bedingungen für die Verbringung von Tieren unter Berücksichtigung der damit verbundenen Risiken. Die getroffene Anordnung ist zudem erforderlich, damit die aufnehmenden Tierhalter/innen die Vorgaben gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) 2016/429 erfüllen können. Demnach sind die Unternehmer verantwortlich für die Gesundheit ihrer Tiere und treffen geeignete Maßnahmen für die Überführung von Tieren in ihren Betrieb.

Die Beschränkung der Tätigkeit auf vorher untersuchtes Geflügel stellt das mildere Mittel gegenüber einem generellen Verbot der Tätigkeit dar. Es ist geeignet, krankes Geflügel schon vor dem Transport zu erkennen und Maßnahmen zur weiteren Ausbreitung des Virus einzuleiten. Der Eingriff in das Grundrecht ist ferner angemessen, um den Geflügelhandel im Reisegewerbe in der derzeitigen Situation ohne ein erhöhtes Übertragungsrisiko zu ermöglichen. Das Interesse an einer uneingeschränkten Verkaufstätigkeit muss hinter das vorrangige öffentliche Interesse an der Verhinderung der Ausbreitung der Geflügelpest zurücktreten.

Zu Ziffer 4:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dieser Verfügung beruht auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) in der zurzeit gültigen Fassung und ist im öffentlichen Interesse notwendig. Die Allgemeinverfügung ist mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu versehen, um den Eintrag der Geflügelpest in Geflügelbestände und Vogelhaltungen durch Wildvögel zu verhindern. Es besteht ein übergeordnetes Interesse daran, die Einschleppung der Tierseuche in Hausgeflügelbestände und Vogelhaltungen zu verhindern und eine Weiterverschleppung aus einem möglicherweise betroffenen, jedoch noch nicht als infiziert erkannten Bestand wirksam zu verhindern. Das überwiegende Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Tierseuchenbekämpfung erfordert, dass die Pflicht zur Aufstallung des Geflügels und der gehaltenen Vögel sofort und umfassend greift und dessen Wirksamkeit nicht durch die Einlegung von Rechtsbehelfen für geraume Zeit gehemmt wird.

Hinsichtlich der Anordnung des Verbots von Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ist die sofortige Vollziehung erforderlich, da ein übergeordnetes Interesse daran besteht, die Ein- und Weiterverschleppung der Tierseuche von Vögeln, die in den betroffenen Gebieten bereits infiziert worden sein könnten, auf die auf den Börsen, Märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art ausgestellten Vögel zu verhindern. Durch das Verbot wird die Gefahr der Verschleppung durch Kontakte zwischen den Tieren unterschiedlicher Herkünfte und mit Personen, die möglicherweise in Kontakt mit Infektionsquellen gekommen sind, vermieden. Dies wäre nicht möglich, wenn die sofortige Wirksamkeit des Verbots durch die Einlegung von Rechtsbehelfen verhindert würde.

Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine sich schnell ausbreitende Erkrankung, die zu erheblichen Gefahren für das Tierwohl führt und auch zu beträchtlichen wirtschaftlichen Einbußen. Zudem ist zu befürchten, dass der Ausbruch der Geflügelpest zu rigorosen Handelsbeschränkungen führen wird. Die effektive Verhinderung erheblicher tiergesundheitlicher und wirtschaftlicher Schäden ist höher zu bewerten als das entgegenstehende Interesse einzelner, von den Folgen der getroffenen Anordnung verschont zu werden. Im überwiegenden öffentlichen Interesse muss daher sichergestellt werden, dass die getroffenen Anordnungen sofort vollzogen werden können. Nur wenn die angeordneten Maßnahmen sofort und umfassend greifen, kann das Risiko der Übertragung der Tierseuche auf Geflügel und gehaltene Vögel begrenzt werden. Persönliche und wirtschaftliche Interessen Einzelner, die der Anordnung der sofortigen Vollziehung entgegenstehen, müssen demgegenüber zurücktreten.

Zu Ziffer 5:

Ziffer 5 bestimmt das Inkrafttreten der Allgemeinverfügung, § 41 Abs. 4 Satz 4 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.01.2010, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.02.2023. Die Verfügung wurde gem. § 15a Hessisches Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (HAGTierGesG) vom 14.12.2010 am 27.01.2023, § 27a Abs. 3 HVwVfG, § 5a Verordnung über öffentliche Bekanntmachungen der Gemeinden und Landkreise vom 12. Oktober 1977, zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.12.2011, durch Bereitstellung auf der Internetseite des Lahn-Dill-Kreises (https://www.lahn-dillkreis.de/aktuelles/bekanntmachungen/) am 31.10.2025 bekannt gemacht. Denn die unverzügliche Bekanntmachung dieser Allgemeinverfügung ist zur Verhütung erheblicher Gefahren für Leben, Gesundheit, Tiere und Sachen erforderlich.

Eine Anhörung konnte hier unterbleiben, da aufgrund der hoch-dynamischen Seuchenlage und der damit verbundenen hohen Infektionsgefahr eine besondere Eilbedürftigkeit bestand und der Adressatenkreis der Verfügung nur nach abstrakten Kriterien festgelegt ist und damit nicht ermittelt werden kann. § 28 Abs. 2 Nr. 4 HVwVfG.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Sie können gegen diese Verfügung Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem Ihnen die Verfügung bekannt gegeben wurde, schriftlich oder zur Niederschrift beim

Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises

Abteilung 25, Veterinärwesen und Verbraucherschutz

Schlossstr. 20, 35745 Herborn

einzulegen.

Die Schriftform wird auch durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments nach § 3 a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) gewahrt. Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein. Die Signierung mit einem Pseudonym, das die Identifizierung der Person des Signaturschlüsselinhabers nicht unmittelbar durch die Behörde ermöglicht, ist nicht zulässig.

Das elektronische Dokument kann auf folgenden elektronischen Zugangswegen übermittelt werden:

E-Mail an veterinaeramt@lahn-dill-kreis.de

Besonderes elektronisches Behördenpostfach des Lahn-Dill-Kreises.

Sofern Sie Ihren elektronischen Dokumenten Anlangen beifügen, bitten wir um Nutzung der Formate PDF, JPG oder TIF.

Beachten Sie bitte, dass eine einfache E-Mail nicht den Anforderungen des § 3 a Abs. 2 VwVfG entspricht.

Anordnung des Sofortvollzuges:

Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bei dem Verwaltungsgericht Gießen, Marburger Str. 4, 3539, Gießen oder bei der o.g. Verwaltungsbehörde gestellt werden.

Hinweise:

A. Ordnungswidrig i. S. des § 64 Nr. 14b der Geflügelpest-Verordnung i. V. m. § 32 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a des Tiergesundheitsgesetzes und i. S. des § 32 Abs. 2 Nr. 3 des Tiergesundheitsgesetzes vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938) handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig dieser Allgemeinverfügung zuwiderhandelt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden.

B. Wer im Lahn-Dill-Kreis Hühner, Enten, Gänse, Fasane, Perlhühner, Rebhühner, Tauben, Truthühner, Wachteln oder Laufvögel hält, muss dies - sofern noch nicht erfolgt - beim Hessischen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e.V. (HVL) und der Hessischen Tierseuchenkasse (HTSK) anzeigen. In diesen Fällen ist der Abteilung für Veterinärwesen und Verbraucherschutz darüber Meldung zu erstatten.

Herborn, den 31.10.2025

gez. Frank Inderthal
Erster Kreisbeigeordnete